Solothurn und die Magie der Zahl 11
Es gibt bestimmte Zahlen, die mit bestimmten Städten in Verbindung gebracht werden. Und diese Zahlen werden für die Einheimischen fast magisch. So ist es auch mit der Stadt Solothurn, die eng mit der Zahl 11 verbunden ist.
Solothurn, die Hauptstadt des gleichnamigen Kantons, ist die schönste Barockstadt der Schweiz. Ihr historisches Zentrum stammt aus dem 16. Jahrhundert.
Die von der Aare durchflossene Stadt, die einst als Sitz der französischen Botschaft in der Schweiz (von 1530 bis 1792) bekannt war, ist heute in der Schweiz vor allem für zwei Festivals bekannt: das FilmfestivalExterner Link (im Januar) und die Literaturtage Externer Link(im Mai). Die beiden Festivals ‒ das ist die Besonderheit ‒ sind ganz der Schweizer Film- und Literaturszene gewidmet.
Die Geschichte der Stadt Solothurn, die bereits in der Römerzeit bekannt war, ist auf seltsame Weise eng mit der Zahl «11» verbunden. Die Solothurnerinnen und Solothurner ‒ die Stadt zählt knapp 20’000 Einwohnerinnen und Einwohner ‒ bezeichnen die Zahl 11 gerne als magische oder gar heilige Zahl.
Diese besondere Beziehung zur «11» hat tiefe Wurzeln in der Geschichte, die Ursprünge reichen weit in die Vergangenheit zurück. Niemand in Solothurn kann aber sagen, warum die Zahl 11 so wichtig ist, niemand kann ihre Herkunft erklären.
Und doch wird diese Zahl auch heute noch verwendet und gefeiert. So sehr, dass diese Verbundenheit mit der Zahl 11 in die Liste der lebendigen TraditionenExterner Link in der Schweiz aufgenommen wurde.
Die Zahl 11 in der Legende
Natürlich sind die ersten Hinweise auf die Zahl 11, wie bei jeder guten Geschichte, Teil einer Legende. Sie besagt, dass die beiden Schutzheiligen der Stadt, Urs und Viktor, im dritten Jahrhundert n. Chr. in der 11. thebanischen Legion dienten.
Diese Legion wurde unter Diokletian in Saint-Maurice im Wallis ausgerottet, weil sie sich weigerte, einige Christen hinzurichten.
Die beiden entkamen dem Massaker, wurden aber später in Salodurum (Solothurn) gefunden und enthauptet.
Die barocke Kathedrale der Stadt, die 1762 auf den Überresten einer alten Kirche aus dem 9. Jahrhundert nach Christus erbaut wurde, ist den beiden Heiligen gewidmet.
Es wird erzählt, dass der Baumeister Gaetano Matteo Pisoni aus Ascona von der fast magischen Atmosphäre in der Stadt rund um die Zahl 11 so fasziniert war, dass er beschloss, den Bau der Kathedrale dieser Zahl anzupassen.
So hat die monumentale Treppe, die zum Eingangstor der Kathedrale führt, 3 mal 11 Stufen. Der Glockenturm misst 66 Meter, also 6 mal 11 Meter. In der Anzahl elf sind auch die Glocken vorhanden, die im Turm hängen.
Und nicht nur das. Beim Betreten der Kathedrale findet man 11 Altäre, die alle gleichzeitig zu sehen sind, wenn man von einem bestimmten Punkt im Hauptschiff aus schaut, nämlich vom 11. schwarzen Stein.
Die Gebetsbänke sind in 11er-Reihen angeordnet. Die Anzahl der Pfeifen der grossen Orgel ist durch 11 teilbar. Der Bau der Kathedrale dauerte genau 11 Jahre, von 1762 bis 1773.
Die Zahl 11 in der Geschichte
Solothurn, das immer ein Verbündeter der «Urschweiz» gewesen war, trat 1481 als 11. Kanton der Eidgenossenschaft bei.
Zwischen 1344 und 1532 war der Kanton Solothurn in 11 Landvogteien aufgeteilt. Von Bedeutung im Mittelalter, aber auch später, waren die 11 in Solothurn tätigen Handwerkzünfte. Noch heute ist das Stadtbild geprägt von 11 Kirchen, 11 Türmen und 11 Brunnen.
Apropos Brunnen. Während in allen Dörfern Brunnen die Orte waren, an denen die Frauen ihre schmutzige Wäsche wuschen, also Waschplätze, sind die Brunnen in Solothurn so prachtvoll gestaltet wie nirgends sonst in der Schweiz.
Der Reichtum, der durch die französische Gesandtschaft in die Stadt floss, ist hier besonders sichtbar. Die meisten wurden im 16. Jahrhundert erbaut.
Um ähnlich schöne Brunnen zu finden, muss man nach Bern fahren. Auch in der Bundeshauptstadt gibt es 11 monumentale Brunnen in der Altstadt.
Am erstaunlichsten ist jedoch die Uhr, die mit ihrem elfteiligen Zifferblatt die «Solothurner Zeit» anzeigt und die mit ihren 11 Glocken die inoffizielle Hymne der Stadt wiedergibt.
Wer nach Solothurn kommt, findet die «Solothurner Uhr» an der Westfassade der Filiale einer Schweizer Grossbank am Amthausplatz 1 (Seite Schanzenstrasse).
Die Verbundenheit mit der Zahl 11 findet sich nicht nur in den Geschichtsbüchern. Auch heute noch ist die Zahl 11 in Solothurn allgegenwärtig: 11 Museen gibt es in der Stadt, «Öufi» heisst das in Solothurn gebraute Bier.
Die «11-i Schokolade» darf natürlich auch nicht fehlen. Und auf der Website des Verkehrsvereins finden Sie die 11 wichtigsten Veranstaltungen in Solothurn und die 11 Sehenswürdigkeiten, die man unbedingt gesehen haben muss.
Im privaten Leben ist der wichtigste Geburtstag natürlich der 11. ‒ und alle darauffolgenden Vielfachen.
Übertragung aus dem Italienischen: Marc Leutenegger
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