Unsere Leseempfehlung für den Stephanstag
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Not macht erfinderisch. Kati und Peter Diethelm sind lebender Beweis: Nach Schicksalsschlägen konnten sie sich das Leben in der Schweiz nicht mehr leisten. In Costa Rica haben sie sich neu erfunden – und wie!
Liebe Grüsse aus Bern
Sie konnten es sich in der Schweiz finanziell nicht mehr leisten. Deshalb machten Kati und Peter Diethelm aus der Not eine Tugend und wanderten nach Costa Rica aus. «Es ist wie ein zweites, geschenktes Leben», sagt Kati Diethelm rückblickend.
Melanie Eichenberger
Das zweite Leben der Diethelms ist dasjenige von Ausgewanderten. Vor über zwei Jahren fassten Kati Diethelm und ihr Ehemann Peter den Entschluss, der Schweiz den Rücken zu kehren, ihr Haus zu verkaufen und nach Costa Rica auszuwandern.
Der Grund: die Finanzen. Die Diethelms konnten sich das Leben in der Schweiz nicht mehr leisten. Sie lebte nach zwei Burnouts von einer halben IV-Rente, er wurde nach einer missglückten Hüftoperation arbeitsunfähig. Zuvor war Peter Diethelm selbständig. Die Pensionskasse ist für seine Gesundheitspraxis, die er aufgeben musste, draufgegangen. «Bevor wir ein Fall für das Sozialamt werden, haben wir rechtzeitig nach einer Lösung gesucht», sagte Kati Diethelm kurz vor der Abreise ins Ausland gegenüber der Aargauer Zeitung.
Die Wahl der neuen Heimat erfolgte mehr oder weniger zufällig. Die Azoren, Sizilien oder Ungarn standen ebenfalls zur Debatte. Der hohe Lebensstandard, die Sicherheitslage und dass man etwa das Leitungswasser trinken kann, waren nur einige Argumente, die schliesslich für Costa Rica sprachen. «Dieses Land ist einfach gewaltig», sagt die 55-jährige Kati Diethelm über die Schweiz Mittelamerikas, wie Costa Rica oft bezeichnet wird.
Verliebt in das Zentraltal Costa Ricas
Bei ihrer ersten gemeinsamen Reise nach Costa Rica hat sich das Ehepaar, das schon seit über 30 Jahren verheiratet ist, in das Zentraltal von Costa Rica verliebt. Das war im Sommer 2017. In Orosí – eineinhalb Autostunden von der Hauptstadt San José entfernt – ist es das ganze Jahr wie im Schweizer Frühling. Tagsüber 25 Grad und in der Nacht angenehme 17 Grad. «Dieses Klima tut uns gut», sagt der 65-jährige Peter Diethelm.
Kurzerhand fragten die beiden damals in ihrer Unterkunft nach, ob es in Orosí Häuser zu kaufen gebe. Zehn Minuten später stand José neben ihrem Tisch, zwei Tage später unterschrieben sie bereits einen Vorvertrag für ein Grundstück, das fast so gross ist wie ein Fussballfeld. Sie reisten zurück in die Schweiz und verkauften ihr Haus im aargauischen Biberstein, packten einen Drittel ihres Haushalts in einen Container und brachen zusammen mit Katze Soli auf nach Costa Rica.
Endlich Zeit zum Geniessen
«Wir wurden von den Einheimischen mit offenen Armen empfangen», sagt Kati Diethelm. Mittlerweile hätten sie ein weit verzweigtes Netzwerk von Freunden und hilfsbereiten Bekannten. Und: Sie würden nun die Zeit wie ein gewöhnliches, pensioniertes Paar verbringen. Mit dem Unterschied, dass sie in Costa Rica sorgenfrei leben können.
Mehr noch: Sie sind stolze Besitzer eines Hauses mit Pool, Gästehaus, gedeckter Terrasse und Orchideenhaus. «In den vergangenen zwei Jahren hatten wir auf unserem Anwesen immer irgendwo eine Baustelle», erzählt Kati Diethelm. Nach dem Umbau ihres Pools – es gibt nun ein Kaltwasserbecken und ein mit Solarenergie geheiztes Warmwasserbecken – soll dann endlich Ruhe einkehren.
Als Auswanderer haben die Diethelms wieder Zeit zum Haushalten, Lesen, Schreiben, Gärtnern und Entdecken. Ohne Sorge ums Geld. «Das Ende des finanziellen Existenzkampfes in der Schweiz war sehr befreiend», sagen sie. Aber auch nach zwei Jahren in Costa Rica sind sie mit vielen administrativen Dingen beschäftigt. «Die Mühlen mahlen hier sehr langsam», sagt Kati Diethelm. Ihr Mann hat nach 15 Monaten Wartezeit eine Daueraufenthaltsbewilligung erhalten. Diejenige für Kati Diethelm steht noch aus. Dazu kommt die Organisation von Fahrausweis, Krankenkasse, Steuerdeklaration und vieles mehr.
«Mittlerweile ist mein Spanisch so gut, dass ich mir Behördengänge ohne Unterstützung zutraue», sagt die 55-Jährige. Bei Peter Diethelm sieht das anders aus. Wegen den Bauarbeiten auf dem Grundstück blieb keine Zeit mehr für den Spanischunterricht, er kann sich aber verständigen. «Um heimisch zu werden, ist es wichtig, die Sprache zu lernen und sich auf die Kultur einzulassen», ist Kati Diethelm überzeugt.
Bald wieder genug Geld zum Sparen
Zur halben IV-Rente von Kati Diethelm kommt Ende Jahr nun die AHV-Rente von Peter dazu. Diese helfe nicht nur für die laufenden Ausgaben, sondern auch «um wieder ein bisschen etwas auf die Seite legen zu können.» Man wisse nie, was im Alter noch für Kosten auf einen zukommen würden.
Wie hoch der Betrag ist, der ihnen monatlich zur Verfügung steht, möchten die beiden nicht verraten. Im Moment können sich die Diethelms jedenfalls einen eigenen Gärtner leisten, der für 180 Franken pro Woche zum Rechten schaut. «Es ist schön, wenn wir den Leuten etwas zurückgeben können, indem wir ihnen zu einem Einkommen verhelfen», sagt Kati Diethelm.
Rückblickend würden sie es wieder genau so machen wie vor zwei Jahren. Übers Auswandern sagt Kati Diethelm, dass es äusserst anstrengend sei. «Das beginnt mit dem Abbau des alten Lebens in der Schweiz und geht nahtlos weiter mit dem Aufbau des neuen in der Wahlheimat.» Man müsse einiges an Durchhaltewille mitbringen.
Anderen Auswanderern rät sie: «Man sollte nicht zu viel darüber nachdenken, was man aus der Schweiz vermissen könnte, sondern sich mit viel Neugier mit den neuen Dingen und Bräuchen beschäftigen.»
- Zahlen: Ende 2018 lebten in Costa Rica 1636 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, 319 Personen waren über 65 Jahre alt. Dies zeigt die im März 2019 publizierte Erhebung vom Bund. Hier Externer Linkfinden Sie den Bestand der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer nach Wohnsitzstaat bzw. -gebiet.
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