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Teure Vitaminspritzen – eine Praxis, die Sorgen bereitet

Pflegefachfrau macht Infusion
Vitamine aus der Spritze: eine umstrittene Praxis. © Keystone / Jean-christophe Bott

Die Verwendung von Vitaminspritzen zur Linderung von Müdigkeit und "Kater" nimmt in der Westschweiz stark zu. Dieser Trend wirft zahlreiche Fragen über den tatsächlichen Nutzen und die möglichen Gesundheitsrisiken auf.

Immer mehr spezialisierte «Kliniken» bieten Infusionen mit Vitaminlösungen an, manchmal mit 24-Stunden-Pflegediensten, welche die Spritzen zu Hause verabreichen.

Diese Praxis wird oft aggressiv in den sozialen Netzwerken beworben und richtet sich vor allem an ein junges und wohlhabendes Publikum.

Die Sendung «A Bon Entendeur» des Westschweizer Fernsehens RTS hat in Lausanne, Genf und Gstaad Strukturen ausfindig gemacht, die in dieser Nische tätig sind.

Diese Praxis ist jedoch nicht auf die Schweiz beschränkt. Es handelt sich um ein internationales Phänomen, das durch Prominente, Influencerinnen und andere Jetsetter populär gemacht wird.

Risiko Nierensteine

Ist der Nutzen dieser Spritzen wirklich erwiesen? Laut dem Mediziner Pedro Marques-Vidal, Professor am Universitätsspital Lausanne (CHUV), gibt es keine Studien, die dies belegen.

Schlimmer noch: Die sehr hohe Dosis Vitamin C, die in einigen Lösungen enthalten ist, birgt nachweislich das Risiko, dass sich schmerzhafte Nierensteine bilden.

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Ebenso bedenklich findet Marques-Vidal, dass einige Cocktails Medikamente enthalten, die gegen Kater helfen sollen, wie Schmerzmittel und Mittel gegen Übelkeit.

Er hält diese Katerinfusionen für unethisch und sieht darin quasi eine Einladung zum exzessiven Alkoholgenuss.

Angebote für 1500 Franken

Zudem werfen die hohen Kosten der Behandlungen Fragen auf: Einige Kliniken bieten Pakete an, die bis zu 1500 Franken kosten.

Eine einfache Infusion mit Kochsalzlösung kann gar bis zu 280 Franken kosten, während ein ähnlicher Serumbeutel im Handel für nur 2,30 Franken erhältlich ist.

Alexandra Miles, Ärztin bei der Firma Yuboost in Lausanne, verteidigt die Preise und verweist auf die Kosten für medizinisches Material, Beratung und den Aufwand des Pflegepersonals.

Für die Sicherheit der Patient:innen sorge ein ausführlicher medizinischer Fragebogen vor jeder Behandlung. Ausserdem seien alle verwendeten Vitamine, Mineralstoffe und Medikamente von Swissmedic zugelassen.

Dennoch bleiben Zweifel, namentlich seitens des CHUV, das vor den Risiken warnt, die mit der Verwendung von Spritzen aus nichtmedizinischen Gründen verbunden sind. Eine medizinische Publikation zu diesem Thema ist geplant.

Übertragung aus dem Italienischen: Camille Kündig

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