Warum ein Schweizer als Söldner für die Ukraine sein Leben riskiert
Als Russland die Ukraine angriff, reiste der angehende Lehrer Jona Neidhart in den Krieg, um für die Menschen der Ukraine zu kämpfen. Falls er den Krieg überlebt, muss er in der Schweiz ins Gefängnis.
Jona Neidhart besuchte in der Schweiz die Pädagogische Hochschule, als Russland die Ukraine angriff. Ab diesem Moment konnte er sich nicht mehr konzentrieren und beschloss, zu handeln. Er schrieb sein Testament, kündigte seinen Job und reiste in die Ukraine, um dem Land im Krieg beizustehen.
Die Zeitung Blick hat den 36-jährigen Neidhart im ukrainischen Donbass getroffen. Neidhart hatte vor dem Krieg keine Verbindung zur Ukraine. Er ist in Zürich aufgewachsen und hat das Literaturgymnasium Rämibühl besucht.
Urgrossvater von den Russen umgebracht
Sein tiefe Abneigung gegen die kriegstreibenden Russen ist auch mit seiner eigenen Vorgeschichte verbunden, denn die Russen hatten im Zweiten Weltkrieg seinen polnischen Grossvater umgebracht. «Ich konnte nicht sitzen bleiben. Ich musste handeln», sagt er.
Neidhart ist nicht der einzige Schweizer in ukrainischen Diensten, doch der Einzige, der mit seinem Namen für einen Artikel hinsteht.
Sein Kriegsdienst ist laut Schweizer Gesetz illegal, ihm drohen mehrere Jahre Gefängnis. Doch das ist es ihm wert. «Ich werde mit diesem Volk leiden und nötigenfalls mit ihm untergehen, wenn es sein muss», sagt er.
Falls er überlebe, werde er sich in der Schweiz der Justiz stellen. «Moralisch aber gibt es für mich keine Alternative zu meinem Handeln. Keine!»
Als er am im März in der Ukraine ankam, wurde er in das 1. Infanterie-Bataillon der Armee aufgenommen. Neidhart bringt zwar keine Kampferfahrung mit, ist aber mit seinen Erfahrungen aus der Pfadi und der Grenadier-RS und dem Kampfsport-Training einer, der sich zu helfen weiss und mit schwerem Kriegsmaterial umgehen kann.
Ein gläubiger Christ
Vier Tage nach seiner Rekrutierung überlebt er einen Raketenanschlag nur knapp. Was andere Söldner zur Abreise bewegte, hat Neidhart nur noch bestärkt. Er will den Menschen in der Ukraine helfen.
Als gläubiger Mensch betrachtet er das als seine Pflicht. Neidhart ist Mormone und schon viel gereist, um seine Überzeugung im Ausland zu verteidigen. Nun macht er dies halt mit Waffen und unter dem Einsatz seines Lebens. Jeden Sonntag führt er einen kleinen Gottesdienst durch, auf einem Abzeichen auf seiner Uniform steht «Deus vult» (Gott will es).
Neben seinem Glauben treibt ihn der Gedanke an die alten Eidgenossen an, er sieht sich in der Tradition der helvetischen Söldner. Und übt Kritik an seinem Heimatland: «Es bräuchte schwere Waffen, Fahrzeuge. Die Schweiz könnte das Material liefern, das die Ukraine für den Sieg so dringend braucht – wenn sie nur wollte.»
Doch für Diplomatie sei jetzt keine Zeit. «Die einzige Sprache, die die Russen verstehen, ist eine Stahlfaust ins Gesicht. Man muss ihnen die Birne verhauen und ihnen zeigen, dass das so nicht geht.»
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch