Wie Yanick Iseli dem Tod entkam
Die Regenzeit in Nicaragua ist nicht zu unterschätzen – ein Fluss riss Yanick Iseli in seinem Auto mit. Nur knapp konnte er sich retten. Das nächste Abenteuer der Auswanderer-Serie.
«Das war definitiv mein Highlight der letzten Monate», sagt Yanick Iseli augenzwinkernd. Heute kann er darüber lachen – doch sein Autounfall vor ein paar Wochen hätte auch anders enden können.
Als der Schweizer Auswanderer mit seinem Jeep von einer Einkaufsfahrt in der Stadt Matagalpa zurück zu seinem Anwesen in der Nähe von San Ramon im Norden des Landes zurückkehrte, müde und hungrig, wollte er – wie schon so oft – das Bächlein vor seinem Anwesen überqueren.
Doch eine unerwartete Welle nahm Iseli samt Auto mit – wegen der heftigen Regenzeit hatte sich das Bächlein in einen reissenden Fluss verwandelt. Sein Jeep wurde wie ein Blatt mitgeschwemmt.
Dieser Beitrag ist Teil einer Serie über das Auswandern. SWI swissinfo.ch begleitet den Schweizer Yanick Iseli auf seinem Abenteuer nach Nicaragua und liefert gleichzeitig Informationen und Tipps rund ums Thema Auswanderung.
«Zum Glück stand weiter unten ein Baum, der unsere wilde Fahrt stoppte», erzählt Iseli. «Doch dann begann das Wasser im Auto rasant zu steigen. Mir wurde klar, jetzt musst du raus!» Mit Müh und Not schaffte es Iseli, aus dem Fahrersitz hinauf aufs Dach zu klettern. Mit einem grossen Sprung erreichte er das Ufer. Ein erstes Aufatmen.
Unterstützung vom halben Dorf
Ein Mann, der das Schauspiel mitangesehen hatte, eilte zu ihm. «In der Nähe wohnt ein Typ mit einem grossen Auto, der kann helfen, Deinen Jeep aus dem Wasser zu ziehen», sagte er zu Iseli.
Gemeinsam suchten sie den Mann, der sofort mitkam. Zurück beim Auto, fiel Iseli der Kinnladen hinunter: «Da stand auf der anderen Flussseite wohl das halbe Dorf von Guadalupe versammelt. Um die 70 Personen waren es sicher!»
Hier ein Video, das einer der Helfer gemacht hat:
Sein Unfall hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Zu seinem Glück: Etliche Männerarme packten mit an. «Wir haben Seile ans Auto gebunden und gezogen und gestossen und geflucht», erzählt Iseli.
In der Zwischenzeit war die Nacht eingebrochen, es hatte zu regnen begonnen. Das Wasser stand schon bis zur Mitte der Windschutzscheibe. «Irgendwann begann sich das Auto zu bewegen, und dann schafften wir es endlich, es herauszuziehen.»
Reparieren statt studieren
Das Auto hatte Yanick Iseli zwar wieder. Doch in welchem Zustand? «In der Schweiz hätte man es wohl direkt verschrottet, Totalschaden», sagt er. Nicht so in Nicaragua. «Hier wird alles repariert. Wir haben alle Teile auseinandergenommen, getrocknet, wieder zusammengeschraubt.»
Einen Monat lang dauerten die Reparaturen. Auch musste das Öl gewechselt und die ganze Elektronik ersetzt werden – alle Kabel, alle Sicherungen, alle Sensoren. Und siehe da: Der Motor startete wieder. «Jetzt fährt mein Toyota so gut wie nie zuvor», sagt Iseli erfreut.
Doch dies waren unvorhergesehene Kosten, alles in allem rund 3000 Franken. «Es gab ein paar kleine Dinge, die wollte ich dann schon mal reparieren, wenn ich einen vorigen Batzen habe – nur hatte ich den nie.»
Doch vor allem ist Iseli froh, dass der Baum Schlimmeres verhindert hatte. «Angst hatte ich in diesem Moment zwar nicht, ich war hochkonzentriert und wusste, dass ich mich retten musste», sagt Iseli. «Am nächsten Tag hatte ich aber schon etwas weiche Knie – und mir eine Erkältung eingefangen.»
Dass er im Dschungel in Nicaragua auf sein Auto angewiesen ist, ist klar. Umso mehr in den kommenden Monaten, denn Yanick Iseli erwartet hohen Besuch… Mehr dazu in der nächsten Folge.
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