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Die Woche in der Schweiz

Liebe Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer,

Herzlich willkommen zu unserer Auswahl der wichtigsten Geschichten aus der Schweiz in dieser Woche.

Ein Skandal um Abstimmungen, die Zufriedenheit der Auslandschweizer und die Unfähigkeit der Schweizer:innen, Fake News zu erkennen: Das sind die Themen. Zudem untersuchen wir den Schaden, den das für die Biodiversität wohl tödlichste Tier der Schweiz anrichtet: die Hauskatze.

Dazu gibt es unsere meistgelesene Geschichte der Woche und einen Ausblick auf die Herbstsession des Parlaments.

Die grosse Geschichte der Woche

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Keystone-SDA

Kommerzielle Unterschriftensammler haben Tausende Unterschriften gefälscht. Mehrere Volksinitiativen und Referenden – Eckpfeiler der direkten Demokratie – sind betroffen.

Die Bundeskanzlei, die in der Schweiz über Wahlen und Abstimmungen wacht, erklärte, sie habe bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht. 

In der Schweiz sind innerhalb von 18 Monaten 100’000 Unterschriften erforderlich, um eine Initiative zu lancieren, die eine Verfassungsänderung verlangt, und 50’000 Unterschriften innerhalb von 100 Tagen für ein Referendum über vom Parlament verabschiedete Gesetze.

Wenn genügend gültige Unterschriften gesammelt werden, kommt es zu einer nationalen Abstimmung.

Nun geht die Bundeskanzlei Hinweisen auf falsche Unterschriften nach, die etwa 12 Volksinitiativen betreffen. 

Der Tages-Anzeiger, der den Missstand enthüllte, schreibt, dass die Firmen Unterschriften zu 4,50 CHF pro Stück anbieten.

Doch bei der Überprüfung wurde festgestellt, dass 35&, teils gar bis zu 90% der Unterschriften ungültig waren, was weit über der normalen Ungültigkeitsrate von 8% bis 12% liegt. Es gab Adressen von Unterzeichnenden, die nicht existierten, oder Unterschriften von Personen, die seit mehreren Jahren nicht mehr in der Gegend wohnten, so der Tages-Anzeiger.

Die Unterschriftenkontrollen wurden nun verschärft, einzelne Politiker forderten zudem ein Verbot bezahlter Unterschriftensammlung.

“Ein Fiasko für unsere Demokratie”, schreibt der Tages-Anzeiger in einem LeitartikelExterner Link. “Beim Bund sind derzeit 16 Initiativen hängig, die in den nächsten zwei bis drei Jahren vors Volk kommen werden. Können wir am Tag der Abstimmung sicher sein, dass sie alle legal zustande gekommen sind? Bei gewissen Initiativen nicht, sagen Experten und Verantwortliche in den Kantonen”, schreibt er.

“Umso ärgerlicher ist es, dass es einer journalistischen Recherche bedurfte, um dieses Problem ans Licht zu bringen. Dem Bericht zufolge haben die Behörden bereits vor fünf Jahren von Unregelmässigkeiten erfahren. Seit etwa zwei Jahren wissen sie, dass die Zahl der gefälschten Unterschriften rapide zunimmt.

Die Tribune de Genève stimmt dem zu. “Die Behörden haben sich geweigert, das Problem von Anfang an anzugehen, und haben so die Situation verschlimmert. Jetzt stellen sie die Legitimität mehrerer Abstimmungen in Frage”, heißt es in einem LeitartikelExterner Link. “Das ist ein schwerer Schlag für unsere direkte Demokratie”

Unsere Analyse dazu.

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Copyright 2024 The Associated Press. All Rights Reserved

Das starke Abschneiden der rechten AfD am Sonntag hat sowohl in Berlin als auch in der benachbarten Schweiz Besorgnis ausgelöst.

Mit 32,8 % in Thüringen hat die AfD als erste rechtsextreme Partei in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg eine Landtagswahl gewonnen. Im benachbarten Sachsen wurde sie knapp Zweite. Analysten warnen, dass der wachsende Einfluss der Rechtsextremen der grössten europäischen Volkswirtschaft schaden könnte, weil das Investoren und qualifizierte Arbeitskräfte abschrecken könnte. 

“In der deutschen Psyche wird das Trauma wahrscheinlich schmerzhaft sein”, meinte Le Temps Externer Linkin Genf. “Für die Millionen von Menschen, die in diesem Frühjahr in den Städten des Landes demonstriert haben, um die Rechtsextremen anzuprangern, ist es ein Erdbeben. Die Regierung von Bundeskanzler Scholz wird in sich gehen müssen. Und erkennen, dass die wirtschaftliche Wiedervereinigung zwar gelungen ist, aber die kulturelle Kluft zwischen den beiden Teilen des Landes gross bleibt.”

Die Neue Zürcher ZeitungExterner Link (NZZ) erklärte, wie es anders hätte kommen können. ” Es wäre natürlich anders gegangen. Die AfD hätte, wie so viele rechte Parteien in Europa, durch Einbindung gebändigt oder entzaubert werden können. Der Umgang der Schweiz mit der SVP ist ein schönes Beispiel. Die rechte Partei regiert das Land selbstverständlich mit. Das sorgt einerseits dafür, dass sich Menschen vom Bundesrat repräsentiert fühlen, die sich andernfalls von der Politik abwenden würden. Andererseits mässigt und diszipliniert die Verantwortung die SVP, die sich in Ton und Inhalten deutlich von den völkischen Krawallmachern der AfD unterscheidet.” 

Die NZZ kommt jedoch zu dem Schluss, dass der politische Diskurs in Deutschland für diese Art von Pragmatismus “einfach zu festgefahren” sei. “”Der ‘Kampf gegen rechts’ ist zu einer Art Staatsdoktrin geworden, selbst im bürgerlichen Lager”, so die NZZ.

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Swissinfo

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind mit ihrem Leben weitgehend zufrieden, wobei die Rentnerinnen und Rentner unter ihnen glücklicher sind als die noch Berufstätigen.

Wie lässt sich diese Unzufriedenheit der Auslandschweizer erklären? “Sie scheinen bei der Arbeit mehr Druck zu verspüren und weniger sichere Arbeitsverhältnisse und Löhne zu haben”, sagt Urs Bieri vom Forschungsinstitut gfs.bern, das im Auftrag der SRG, der Muttergesellschaft von SWI swissinfo.ch, die zweite Ausgabe der Umfrage durchgeführt hat.

Ein Drittel der befragten Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben, sehen sich als burnout-gefährdet. “Es ist nicht nur die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder der finanziellen Situation, sondern ein individuell empfundener Druck, der zu einem Burnout führen kann”, so Bieri.

Eine weitere Erkenntnis iost, dass es den Menschen in der Schweiz gut geht, sie aber pessimistischer in die Zukunft blicken als noch vor einem Jahr. In dieser Hinsicht scheinen die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ein Gegengewicht zu bilden. Obwohl sie über internationale Probleme wie Kriege, Sicherheit und Terrorismus oder den Klimawandel genauso besorgt sind wie die Schweizer Bevölkerung, ist ihre Wahrnehmung der Schweiz im Allgemeinen sehr positiv.

“Wie geht es dir, Schweiz?” Diese Frage haben mehr als 50’000 Personen – darunter 1000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer – zu verschiedenen Aspekten des Lebens beantwortet.

Eine Tochter und ihr Vater vor einem Computer
Eine Tochter und ihr Vater testen Escape Addict 2.0, ein Spiel zur Aufklärung über Fake News und Cybermobbing, 2021 in Sion. KEYSTONE/Jean-Christophe Bott

Wie gut sind Sie im Erkennen von Fake News in den Nachrichten und im Internet?

Es zeigt sich, dass die Schweizerinnen und Schweizer, obwohl sie viermal im Jahr über wichtige Themen abstimmen, nicht sehr gut darin sind, Fakten von Fiktion zu unterscheiden.

An der Truth Quest-Umfrage der OECD nahmen 40 765 Personen aus 21 Ländern teil. Die 1.531 Teilnehmer aus der Schweiz belegten den drittletzten Platz (am besten schnitten die Teilnehmer aus Finnland, dem Vereinigten Königreich und Norwegen ab).

Die Schweizer fanden es besonders schwierig, mit Desinformation umzugehen, definiert als “Inhalte, die mit dem Ziel der Täuschung erstellt und verbreitet werden”. Die Schweizer erkannten Desinformation nur in 55% der Fälle als solche – und teilen sich damit den letzten Platz mit Frankreich. Sie taten sich auch schwer, Inhalte zu erkennen, die auf irreführende Weise aus dem Zusammenhang gerissen wurden (“kontextuelle Täuschung”).

Einige Wissenschaftler kritisierten jedoch, dass nicht genau bekannt ist, welche Beispielaussagen den Teilnehmern vorgelegt wurden, und wiesen darauf hin, dass die Unterschiede zwischen den Ländern recht gering waren.

Unser detaillierte Bericht dazu.

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Keystone-SDA

Unser meistgelesene Artikel auf Englisch in dieser Woche drehte sich um eine Studie.

Sie sagt aus,  dass Schweizerinnen und Schweizer grundsätzlich in sozioökonomischen Blasen leben und nur wenige Möglichkeiten haben, Menschen aus anderen Alters-, Wohlstands- oder Bildungshintergründen zu treffen.

Zwei Drittel der reichen und armen Menschen kennen nur sehr wenige Menschen aus der jeweils anderen Gruppe, so die Studie. Die Befragten erklärten das Phänomen mit einem Mangel an Möglichkeiten, Menschen kennenzulernen, und nicht mit einem Mangel an Interesse. Die meisten Befragten waren der Meinung, dass eine gemischtere Gesellschaft sie bereichern würde.

Schweiz skurril

Katzen töten in der Schweiz jedes Jahr Millionen von Vögeln, Fröschen und anderen Tieren. Aber die meisten Politiker zögern, etwas dagegen zu unternehmen. Sie wissen wohl, dass fast die Hälfte der Schweizer Haushalte ein Haustier hält. Wäre ein “Katzenmoratorium”, das die Einfuhr und Zucht von Katzen für zehn Jahre verbietet, eine realistische Lösung? Wird es etwas bewirken?

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Bild der Woche

Kletterer erklimmen bei der Einweihung die ueber 1800 Klettergriffe, die in einer Hoehe von 40 Metern an zwei Pfeilern des Felsenau-Viadukts unter der Autobahn A1 angebracht wurden, am Samstag, 31. August 2024 in Bern. Das Projekt wurde groesstenteils von der Berner Sektion des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) finanziert. Die Stadt Bern unterstuetzte das Projekt in der Planungs- und Genehmigungsphase und uebernahm auch einige der anfaenglichen Kosten. Die Schwierigkeit der Routen variiert von 5a fuer die einfachste bis 7a fuer die schwerste. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Keystone / Anthony Anex

Autobahn einmal anders: An zwei 40 Meter hohen Pfeilern des Felsenau-Viadukts unter der Autobahn A1 in Bern sind mehr als 1.800 Klettergriffe angebracht. Der Schwierigkeitsgrad der Routen variiert von 5a für die leichtesten bis 7a für die schwierigsten. 

Ausblick auf die kommende Woche

Die Armee steht im Fokus des Parlaments.
Die Armee steht im Fokus des Parlaments. Keystone / Anthony Anex

Das Schweizer Parlament tagt viermal im Jahr für drei Wochen, und die Herbstsession beginnt am Montag.

Die Parlamentarier werden sich vor allem mit außen- und verteidigungspolitischen Fragen befassen. Immer häufiger will das Parlament wissen, wie das Ausland seinen Einfluss in der Schweiz nutzt. Hier eine Vorschau auf die Themen der Tagesordnung.

Ebenfalls am Montag werden die vier prestigeträchtigen Balzan-PreiseExterner Link, mit denen wissenschaftliche Leistungen gewürdigt werden, von der schweizerisch-italienischen Internationalen Balzan-Preis-Stiftung verliehen. Die Preise sind jeweils mit 750.000 CHF dotiert, von denen die Hälfte für die Forschung verwendet werden muss.

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