Die Schweiz der Weltrekorde: Von der steilsten Standseilbahn bis zum grössten Iglu
Die Schweiz ist die Heimat vieler technischer Rekorde: Von der steilsten Standseilbahn der Welt über den längsten Eisenbahntunnel bis zur grössten Weinflasche. Schweizer Forschende und Unternehmen haben zudem etliche Weltrekorde aufgestellt.
Viele Schweizer Weltrekorde verdanken sich der Schweizer Landschaft, speziell den Bergen. Egal, ob es darum geht, die Berghöhen zu erreichen oder die Gebirgsmassive zu durchqueren: Die Schweizer Ingenieure und Ingenieurinnen haben etliche Herausforderungen gemeistert und Massstäbe gesetzt.
Im Jahr 2017 wurde im Kanton Schwyz die steilste Standseilbahn der Welt eröffnet – die Stoosbahn. Am steilsten Streckenabschnitt überwindet sie 110 Prozent maximale Steigung, was 47 Grad entspricht.
Dank einem automatischen Niveauausgleich der tonnenförmigen Kabinen stehen die Fahrgäste stets auf einer waagrechten Fläche.
In einer Entfernung von nur 25 Kilometern, auf der anderen Seite des malerischen Vierwaldstättersees, befindet sich die Stanserhorn-Bahn, die ebenfalls Geschichte geschrieben hat.
Sie ist als Cabrio-Seilbahn die erste Doppelstock-Seilbahn der Welt mit offenem Oberdeck. Hier gilt es, die Hüte festzuhalten…
Ein weiterer Rekord: Die höchste Dreiseilumlaufbahn der Welt in Zermatt (Kanton Wallis), die seit 2018 zum Matterhorn Glacier Paradise führt.
Diese Bahn ist wohl nur für Schwindelfreie geeignet, schwebt sie doch auf bis zu 198 Metern über Boden. Sie verbindet den Trockenen Steg (2939 Meter) und das Klein Matterhorn (3883 Meter).
Während der neunminütigen Fahrt offenbaren die vier besonderen Kabinen einen spektakulären Blick: Nach drei Minuten klärt sich ihr bis dahin trüber Glasboden und gibt in Sekundenschnelle einen grandiosen Blick auf die Gletscherlandschaft frei.
In Zermatt wurde auch das grösste Schnee-Iglu der Welt gebaut, zumindest gemäss dem Buch der Guinness WeltrekordeExterner Link. Dieses Kuppel-Iglu weist einen Innendurchmesser von 12,9 Metern und eine Höhe von 10,6 Metern auf.
18 Personen haben drei Wochen gebraucht, um das Iglu im Jahr 2016 anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Hotels Iglu DorfExterner Link zu bauen.
Ebenfalls im Kanton Wallis befindet sich die beeindruckende Staumauer von Grande-DixenceExterner Link, mit 285 Metern die höchste Gewichtstaumauer der Welt und zugleich die höchste Staumauer in Europa.
Eine weitere Schweizer Talsperre, die Verzasca-Staumauer im Kanton Tessin (offizieller Name: Diga di ContraExterner Link), findet sich ebenfalls im Guinness-Buch der RekordeExterner Link.
Denn die Bogenstaumauer war Schauplatz für den «höchsten Bungee-Sprung von einem Bauwerk in einem Film». Zu Beginn von «GoldenEye» (1995) hält das Publikum den Atem an, als James Bond, oder besser gesagt Stuntman Wayne Michaels, von der 220 Meter hohen Staumauer springt.
Beim Tunnelbau durchs Gebirge ist die Schweiz eine Klasse für sich. Der Gotthard-BasistunnelExterner Link ist der längste Eisenbahntunnel der Welt.
Er wurde 2016 nach 17 Jahren Bauzeit eröffnet und besteht aus zwei 57 Kilometer langen Einspurröhren für Güter- und Personenzüge. Er verbindet Erstfeld im Kanton Uri mit Bodio im Kanton Tessin.
Er ist auch der tiefste Eisenbahntunnel der Welt, vergleichbar mit den tiefsten Bergwerken der Erde. Die maximale Felsüberlagerung erreicht 2450 Meter. Ohne Belüftung kann die Temperatur im Inneren des Gotthard-Basistunnels 46 Grad Celsius erreichen.
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Der Tunnel der Rekorde geht in Betrieb
Ein weiterer Rekordtunnel, allerdings mit wesentlich schnellerem Verkehr als im Bahntunnel am Gotthard, ist der Large Hadron Collider (LHC) am Cern in der Nähe von Genf. Der LHC ist ein 27 Kilometer langer unterirdischer Ring.
Etliche physikalische Rekorde konnten hier aufgestellt werden. Unter anderem ist er der leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt und kam auf die höchste jemals von Menschen erzeugte TemperaturExterner Link.
Im Jahr 2012 gaben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bekannt, dass sie Temperaturen von mehr als fünf Billionen K (Kelvin), vielleicht sogar 5,5 Billionen K gemessen haben.
Der LHC wird jedoch vom künftigen Future Circular Collider (FCC), einem 90 km langen kreisförmigen Tunnel, noch überflügelt werden.
Der FCC befindet sich in der Planungsphase. Ein endgültiger Entscheid der Cern-Mitgliedstaaten, ob sie grünes Licht für das Projekt geben, wird nicht vor 2028 erwartet.
Ein weiterer Weltrekord fand zwar nicht in der Schweiz statt, verdankt sich aber einem Schweizer Unternehmen. Ein mit Wasserstoff betriebener Triebzug des Schweizer Bahnherstellers Stadler hat sich einen Platz im Guinness-Buch der Rekorde gesichert.
Der Personenzug vom Typ Flirt hat eine Strecke von 2803 Kilometern ohne Nachtanken oder Aufladen zurückgelegt. Der Zug absolvierte die Strecke in 46 Stunden am Abend des 20. März 2024 in einem Testzentrum im US-Bundesstaat Colorado.
Für Stadler ist es der zweite Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde: 2021 schaffte der batteriebetriebener TriebzugExterner Link “Flirt Akku” des Thurgauer Unternehmens mit einer Strecke von 224 Kilometern den Rekord für die längste Zugfahrt im reinen Batteriebetrieb.
Nicht vergessen werden sollten die Schweizer Studierenden, die letztes Jahr einen Beschleunigungsweltrekord aufgestellt haben. Ihr Elektro-Rennwagen schaffte es in 0,956 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Wasserstoff scheint im Moment das bevorzugte Element für Pioniere zu sein. Vor kurzem kündigte der Schweizer Abenteurer Bertrand Piccard an, dass er 2028 die Welt mit einem wasserstoffbetriebenen Flugzeug in nur neun Tagen umrunden will.
Piccard gelang 2016 gemeinsam mit seinem Co-Piloten André Borschberg die erste Weltumrundung mit einem Solarflugzeug. Zudem stellte Piccard 2019 gemeinsam mit Brian Jones den Rekord für die längste mit einem Ballon zurückgelegte StreckeExterner Link auf (40’814 Kilometer). Es war zugleich die erste Ballonfahrt rund um die ErdeExterner Link.
Bertrand Piccard (Jahrgang 1958) hat die Rekordjagd im Blut, denn er stammt aus einer Familie, die unglaubliche Höhen und Tiefen erreicht hatExterner Link.
Sein Grossvater Auguste Piccard (1884-1962), der dem belgischen Comic-Zeichner Hergé in den «Tim & Struppi»-Geschichten die Inspiration für Professor Bienlein gab, erreichte am 27. Mai 1931 gemeinsam mit seinem Assistenten Paul Kipfer über den Alpen mit einem Freiballon die Stratosphäre.
Als erste Menschen in einer Höhe von 15’700 Metern konnten sie die Krümmung der Erde beobachten.
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Sein Zwillingsbruder Jean (1884-1963), Chemieprofessor in Minneapolis, wollte seinem Bruder den Höhenrekord streitig machen.
Tatsächlich gelang ihm, zusammen mit seiner Frau als Ballonpilotin, am 23. Oktober 1934 in Detroit ein neuer Höhenrekord von 17’341 Metern. Jeanette war die erste Frau, welche die Stratosphäre erreichte.
Jacques Piccard (1922-2008), Sohn von Auguste und Vater von Bertrand, war Meeresforscher und Ingenieur. Er erreichte mit der «Trieste» am 23. Januar 1960 zusammen mit dem amerikanischen Marineleutnant Don Walsh den Grund des Challengertiefs im Marianengraben (Pazifischer Ozean).
Sie erreichten eine Tiefe von rund 11’000 Metern unter dem Meeresspiegel und tauchen damit so tief wie niemand vor ihnen. Dieser Weltrekord bestand bis 2019.
Falls Bertrand Piccard der Flug mit dem wasserstoffbetriebenen Flugzeug gelingen sollte, könnten er und sein Team zur Feier des Tages die grösste Weinflasche der WeltExterner Link öffnen.
Es handelt sich um eine 4,17 Meter hohe Flasche, die 2014 von einem Schweizer Autoimporteur in Auftrag gegeben wurde, um die Eröffnung einer neuen Filiale seines Unternehmens zu feiern.
Obwohl die Flasche theoretisch 3094 Liter Wein (entsprechend 4125 Flaschen à 0,75 Liter) fassen könnte, ist nicht geklärt, ob sie jemals tatsächlich etwas Flüssiges enthielt.
Well, it's 5pm somewhere…
— Guinness World Records (@GWR) October 20, 2022Externer Link
The largest bottle of wine is 4.17 metres (13 ft 8.17 in) tall and can hold an eye-watering 3,094 litres of wine! 🍷
It was unveiled by André Vogel #OTDExterner Link in 2014. pic.twitter.com/LIqszqsqWkExterner Link
Editiert von Balz Rigendinger, Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob
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