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Hunderte Schweizer Luxusuhren in Japan verschwunden 

Drei Rolex-Uhren
KEYSTONE

In Japan werden über 800 Schweizer Luxusuhren von Marken wie Rolex oder Tudor vermisst, die in einem Uhren-Sharing-Service hinterlegt waren. Das Unternehmen, das den Service betrieb, wurde plötzlich aufgelöst und der ehemalige Geschäftsführer wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Ein Teil der Uhren wurde vermutlich weiterverkauft, die Eigentümer:innen sind besorgt. 

Das Geschäftsmodell des Luxusuhren-Sharing-Service “Toke Match” des Unternehmens Neo Reverse mit Hauptsitz in Osaka in Japan war folgendes: Besitzerinnen und Besitzer von Luxusuhren konnten diese hinterlegen und erhielten dafür monatlich eine Entschädigung basierend auf dem Wert der Uhr, während andere Personen die Uhren mieten konnten. 

Der Service wurde im Januar 2021 lanciert und erlebte ein rasantes Wachstum. Im August 2023 verwaltete er 1500 Uhren. 

Jedoch verkündete Neo ReverseExterner Link am 31. Januar auf seiner Website die “Auflösung” des Unternehmens und das Ende des Services. 

Seitdem sind Berichte über Kundinnen und Kunden veröffentlicht worden, die ihre hinterlegten Uhren nicht zurückbekommen und diese im Internet auf Auktions- und Verkaufsplattformen entdeckt haben. 

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Uhren im Wert von 11 Millionen Franken

Laut einer von 190 Opfern gegründeten GruppeExterner Link sind über 860 Uhren verschwunden. Davon sind 820 Schweizer Uhren, etwa 620 der Marke Rolex und über 60 von Tudor, sowie Uhren von weiteren bekannten Marken wie Omega, IWC und Hublot. 

Der Gesamtwert der verschwundenen Uhren beläuft sich auf etwa 1,85 Milliarden Yen (11 Millionen Franken). Es wird vermutet, dass es noch weitere Betroffene gibt. 

Gemäss japanischen Medien hat die Polizei in Tokio einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Geschäftsführer von Neo Reverse wegen Unterschlagung im Geschäftsbetrieb ausgestellt. 

Er habe sich nach der Auflösung des Unternehmens sofort nach Dubai abgesetzt. Interpol werde eingeschaltet, um eine internationale Fahndung zu veranlassen.

Die Verzögerung bei der Ausstellung des Haftbefehls führte jedoch dazu, dass die Uhren möglicherweise bereits weiterverkauft worden sind und deren Rückgabe erschwert ist. 

Laut der japanischen Tageszeitung Asahi ShimbunExterner Link wurden auch auf Chrono24, der weltweit grössten Plattform für den Handel mit Luxusuhren, betroffene Uhren zum Verkauf angeboten. Die Plattform habe die Anzeigen sofort gestoppt, nachdem sie davon erfahren hatte. 

Betroffene äusserten gegenüber SWI swissinfo.ch ihre Besorgnis, dass rechtliche Differenzen zwischen den Ländern die Lösung des Problems erschweren.  

Zu grosse Uhrenliebe?

Auf den sozialen Medien fragen sich einige Beobachter:innen, warum die Besitzerinnen und Besitzer ihre geliebten Uhren überhaupt hinterlegt hätten. Manche sehen die Betroffenen nicht als “Uhrenliebhaberinnen und -liebhaber”, sondern als von Gier getriebene “Investorinnen und Investoren”. 

SWI swissinfo.ch hat die Gruppe der Betroffenen kontaktiert und nachgefragt. Hiroki. M.*, der im Dezember 2023 eine Rolex GMT Master hinterlegt hatte, recherchierte ein Jahr lang, bevor er sich für Toke Match entschieden hatte. 

Er überprüfte die Unternehmensinformationen und klärte Fragen zur Insolvenz und zum Umgang mit gestohlenen oder beschädigten Uhren während der Vermietung. Die Zertifizierung von Toke Match durch die Branchenorganisation “Sharing Economy Association” gab ihm zusätzliches Vertrauen. 

“Es war die erste Luxusuhr, die ich je gekauft habe. Es ist eine wirklich schöne Uhr, also dachte ich, es wäre toll, wenn jemand sie sich ausleihen und an einem besonderen Tag tragen könnte.“ 

7000 Yen (rund 40 Franken) wurden ihm für einen Teil des Monats Dezember überwiesen, seitdem wurde jedoch keine Zahlung geleistet, und die Uhr wurde nicht zurückgegeben. 

Die Sharing Economy AssociationExterner Link, zu deren Mitglieder auch Airbnb Japan gehört, gab Anfang Februar bekannt, dass sie ihre Zertifizierung für Toke Match gelöscht und deren Mitgliedschaft suspendiert hat. 

“Ich wollte, dass möglichst viele Menschen wissen, dass es ausser Rolex noch viele gute Uhren gibt“, sagte Miwa*, deren Mann auch Uhrenfan ist. “Ich beschloss, die Uhr dem Verleiher anzuvertrauen, in der Hoffnung, dass sich mehr Menschen aus anderen Gründen als zu Investitionszwecken für Uhren interessieren würden“, sagt sie. 

Hiroki S*, der seit 25 Jahren ein Uhrenfan ist, hatte Toke Match acht seiner 14 Uhren anvertraut. Alle Uhren hat er anlässlich von Meilensteinen in seinem Leben ​​wie Jobwechsel, Beförderungen und Hochzeitstage gekauft. 

Er hatte nie daran gedacht, sie zu verkaufen. “Ich hatte den starken Wunsch, eine ruhende Uhr, die ich normalerweise nicht trage, zu nutzen. Dann kam der Teufel“, sagt er. 

*Namen der Redaktion bekannt 

Editiert von Reto Gysi von Wartburg 

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