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Rückenwind für Schweizer Wein gegen ausländische Konkurrenz

eine Chasselas-Traube in der Region Lavaux im Südwesten der Schweiz
Reif für die Lese: eine Chasselas-Traube in der Region Lavaux im Südwesten der Schweiz.
Keystone / Valentin Flauraud

In den letzten Jahren hat die Konkurrenz die Vormachtstellung des Schweizer Weins auf dem inländischen Markt untergraben. Die Branche hat nun die Politik um Hilfe gebeten.

In Zeiten von Sparmassnahmen und Budgetkürzungen ist es nicht einfach, im Schweizer Parlament eine Ausgabenerhöhung durchzubringen.

Der berauschenden Wirkung der vergorenen Trauben konnten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier des Ständerats in der vergangenen Frühjahrssession jedoch kaum widerstehen: Sie stimmten dafür, die jährlichen Mittel für die Absatzförderung von Schweizer Wein von 2,8 Millionen auf 9 Millionen Franken zu erhöhen.

Der Betrag mag bescheiden klingen für eine Branche, die letztes Jahr über 100 Millionen Liter Wein produziert hat. Die Abgeordneten argumentierten jedoch, dass das Problem für den Schweizer Weinbau nicht nur in der Produktion oder der Qualität liege.

Diese wird für 2023 nach einem heissen und trockenen Sommer zwar als «ausgezeichnet» prognostiziert, aber die Kundschaft muss auch davon überzeugt werden, beispielsweise einen Genfer Gamaret einem importierten italienischen Chianti vorzuziehen.

Mit einem Anteil von 37% am Verbrauch im Jahr 2022 bleibt der Schweizer Wein Marktführer auf dem Binnenmarkt. Der grösste Teil wird jedoch importiert, vor allem aus Italien (24%), Frankreich (14%) und Spanien (11%).

Diese finanzstarken Konkurrenten werden als Bedrohung empfunden: Allein Italien gebe jährlich 18 Millionen Franken aus, um seinen Wein in der Schweiz zu vermarkten, sagte Fabio Regazzi aus dem Kanton Tessin, einer wichtigen Schweizer Weinregion, im Ständerat.

Andere Abgeordnete argumentierten, dass der Schweizer Weinbau im Vergleich zu anderen Sektoren wie der Milchwirtschaft nicht übermässig von den neuen Geldern profitiere, wie die Regierung behaupte, da es keinen Schutz und keine Subventionen gebe.

Das Geld sei eine «helfende Hand» für einen Sektor, der im Fall der Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Ländern noch stärker unter Druck geraten werde, sagte Carlo Sommaruga aus Genf, ebenfalls eine wichtige Weinbauregion.

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Ernüchternde Statistiken

Die «wachsende Konkurrenz» durch importierte Weine – so Regazzi – sei aber auch relativ. Tatsächlich ist der Marktanteil des Schweizer Weins in den letzten 30 Jahren von 44 auf 37% gesunken, wie Zahlen des Bundesamts für StatistikExterner Link (BFS) zeigen.

Dies ist aber nicht auf eine Flut von ausländischen Weinen zurückzuführen: Im gleichen Zeitraum ist der Konsum von importiertem Wein nämlich ziemlich stabil geblieben.

Hinter den Debatten um einheimischen oder ausländischen Wein verbirgt sich vielmehr der generelle Trend zu einem geringeren Alkoholkonsum.

Im Jahr 1993 tranken die damals sieben Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz 300 Millionen Liter Wein aus aller Welt. 2022 waren es bei einer Bevölkerung von fast neun Millionen Menschen nur noch 236 Millionen Liter.

Die Schweizerinnen und Schweizer gehören zwar nach wie vor zu den grössten Weinkonsumierenden der Welt, aber sie schränken ihren Konsum ein – und das betrifft überproportional die einheimischen Produkte.

Warum verlieren die hiesigen Weine so viel Marktanteil? Die Website «Vitisphere»Externer Link verweist auf die topografischen Schwierigkeiten der Weinbetriebe in der kleinen, gebirgigen Schweiz.

Jährliche wetterbedingte Schwankungen in der Produktion (wie der Flop von 2021) machen es ebenfalls schwer, mit den grossen Produzenten konkurrenzfähig zu bleiben.

Auch der Preis für Schweizer Wein ist aufgrund der vergleichsweise geringen Grösse des Sektors oft höher.

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Ob eine Aufstockung der Mittel daran etwas ändern kann, ist fraglich. Die Swiss Wine Promotion (SWP), die letztlich von den 9 Millionen Franken profitiert, hat sich zum Ziel gesetzt, im Inland einen Marktanteil von mindestens 40% für Schweizer Wein zu erreichen.

Deshalb führt sie verschiedene Kampagnen durch: Organisation von Veranstaltungen in den Weinbauregionen, besonders während der Weinlese, Direktmarketing bei Detailhandel und Gastronomie sowie Markenbildung rund um den lokalen, handwerklichen Charakter des Schweizer Weins. «Weinbau nach menschlichem Mass», wie es die SWP beschreibt.

Dabei gehe es nicht so sehr darum, die Leute dazu zu bringen, mehr zu trinken, sagte Ständerätin Marianne Maret aus dem Wallis, einer weiteren wichtigen Weinbauregion. Das wäre aus gesundheitspolitischer Sicht schwer zu verkaufen.

Vielmehr gehe es darum, einen Teil der bestehenden Nachfrage auf lokale Weine umzulenken. Das käme sowohl der lokalen Wirtschaft als auch der Umwelt zugute. Weniger Loire, mehr Unterwallis.

Im Inland bleiben

Für die Leserinnen und Leser ausserhalb der Schweiz, die wahrscheinlich noch nie eine Flasche Walliser Fendant in ihrem Supermarkt gesehen haben, ist es allerdings fraglich, ob die Aufstockung der Mittel viel ändern wird.

Schweizer Wein wird in der Regel nur in der Schweiz getrunken, der Export macht lediglich 1% der Produktion aus. «Wir Schweizer trinken den Wein am liebsten selbst», schreibt die Tourismuszentrale des LandesExterner Link trocken.

Auf die Frage, ob sich daran etwas ändern werde, antwortet die SWP, dass sie bereits 10% ihres Budgets für internationale Werbung ausgebe.

Allerdings würden nur «Produkte mit hoher Wertschöpfung» oder «starke Marken» im Ausland beworben, wo der Schweizer Wein nach wie vor als «verborgener Schatz» der Alpennation gelte.

Ist das schade? Chandra Kurt, Weinexpertin und Autorin aus Zürich – und «Botschafterin» des Schweizer Weins in den Schweizer Botschaften weltweit –, sagt, sie würde eine Steigerung der Exporte begrüssen, um die «Vielfalt und Qualität» der Schweizer Weine zu verbreiten, die «auf die Weinkarten der Restaurants in aller Welt gehören».

Aber da «der Konsum im Inland immer noch sehr hoch ist und wir etwa die Hälfte von dem produzieren, was wir konsumieren», seien den Ausfuhren Grenzen gesetzt.

Letztlich, so Kurt, werde der Schweizer Wein «immer eine Nische und eine Art Boutique-Wein mit begrenzter Verfügbarkeit bleiben – aber mit dem Charme, aus einer alpinen und ‹gesunden› Umgebung zu kommen».

Das Parlament hat kürzlich auch eine «Klimareserve» für den Schweizer Weinbau beschlossen, die diesem mehr Flexibilität bei den jährlichen Produktionsquoten einräumt.

Die Idee dahinter ist, dass die Weinbetriebe gelegentlich mehr produzieren können, um für Jahre gewappnet zu sein, in denen schlechtes Wetter die Ernte beeinträchtigt und die Bestände dezimiert.

Der Präsident des Walliser Weinbauverbands, Yvan Aymon, erklärte gegenüber der Zeitung Le Temps, dass die Klimareserve der Branche auch helfen könnte, ihren Marktanteil zu erhöhen: «In Jahren mit schlechter Ernte trinken die Konsumentinnen und Konsumenten nicht weniger Wein», so Aymon. Vielmehr «greifen sie auf ausländische Alternativen zurück».

Editiert von Reto Gysi von Wartburg/ts, Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub

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