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Swisscom übernimmt italienische Fastweb

Swisscom-CEO Carsten Schloter hat nach seinem Fastweb-Coup gut lachen. Keystone

Dem Schweizer Telecom-Unternehmen sind laut der italienischen Börse bis zum Ende der Angebotsfrist 82,4% der Aktien des italienischen Breitbandanbieters angedient worden.

Mit ihrem bis zu 6 Mrd. Franken schweren Übernahmeangebot steht die Swisscom damit vor dem lange ersehnten Sprung ins Ausland.

Die Swisscom verfügt demnach über 64,141 Mio. Aktien. Davon wechselten allein am Dienstag, am letzten Angebotstag, 28,945 Millionen ihren Besitzer. Das Aktienpaket des Fastweb-Gründers und Verwaltungsratspräsidenten Silvio Scaglia hatte sich die Swisscom bereits über eine Sondervereinbarung gesichert.

Durch Scaglia kam Swisscom Mitte April in den Besitz von 19% der Aktien. Der Schweizer Telekomkonzern hatte zudem ausserhalb der Offerte rund 1,7% der Fastweb-Aktien gekauft. Swisscom bot 47 Euro je Fastweb-Aktie.

Fast 7 Mrd. Franken

Bei Berücksichtigung der übernommenen Nettoverschuldung von Fastweb in Höhe von 1,1 Mrd. Euro beläuft sich der Gesamtbetrag der Transaktion auf 4,2 Mrd. Euro oder 6,9 Mrd. Franken.

Vor wenigen Tagen hatte die Europäische Kommission grünes Licht für die geplante Übernahme gegeben. Die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) ihrerseits hatte der Übernahme bereits am 12. April zugestimmt.

«Wir sind sehr erfreut, dass so viele Aktionäre unser Angebot angenommen haben», erklärt Carsten Schloter, CEO von Swisscom. «Nun werden wir unsere Vision einer erfolgreichen schweizerisch-italienischen Partnerschaft umsetzen.»

Standbein im Ausland

Swisscom erhält durch die 1,15 Mio. Kunden zählende Fastweb nach mehreren Fehlschlägen wieder ein Standbein im Ausland. Sie verspricht sich von der Übernahme einen Ausbruch aus dem schrumpfenden Heimmarkt.

Italien ist nach Angaben des Schweizer Telekom-Konzerns einer der attraktivsten Breitbandmärkte in Westeuropa.

Fastweb ist nach Telecom Italia mit einem Marktanteil von 13% der zweitgrösste Festnetz-Anbieter des Landes. Es wurde 1999 von Silvio Scaglia in Mailand gegründet und hat Italien in den vergangenen Jahren für über 3 Mrd. Euro mit einem Glasfasernetz von 22’000 Kilometern überzogen.

Fastweb erzielte 2006 rund 1,26 Mrd. Euro Umsatz und 124 Mio. Euro Verlust, will dieses Jahr aber schwarze Zahlen schreiben.

Swisscom selbst war im vergangenen Jahr auf 1,6 Mrd. Franken Reingewinn und 9,65 Mrd. Franken Umsatz gekommen.

swissinfo und Agenturen

Die Ausland-Engagements der Swisscom standen bislang unter keinem guten Stern. Dort, wo sie zustande kamen, wurde das Risiko zum Teil mit massiven Verlusten bezahlt.

So verlor die Swisscom mit ihrem Engagement bei der deutschen Debitel rund 3 Mrd. Franken. Aus anderen verlustreichen Beteiligungen in Ungarn, Malaysia und Indien stieg Swisscom ebenfalls aus.

Wieder andere Beteiligungen kamen gar nicht erst zustande. Der Einstieg bei der Telekom Austria scheiterte am Widerstand der österreichischen Politik, bei der tschechischen Cesky Telekom wurden die Schweizer von der spanischen Telefonica ausgestochen.

Im November 2005 zog der Bund als Hauptaktionär die Notbremse und untersagte der Swisscom die Übernahme der irischen Eircom. Das Machtwort des Bundesrates löste eine heftige politische Diskussion aus.

Um finanzielle Missgeschicke zu verhindern, hat der Bundesrat nach dem Scheitern des Eircom-Deals die Verschuldungslimite beim 1,5-fachen Wert des EBITDA (Betriebsgewinn) festgelegt. Das ergibt zurzeit 6 Mrd. Franken.

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