TAGESÜBERBLICK WIRTSCHAFT
Bern (awp/sda) – Montag, 25. Januar
CHEFWECHSEL BEI BANKIERVEREINIGUNG: Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) verliert ihren Chef Urs Roth. Der 63-Jährige trete altersbedingt am Bankiertag vom 16. September 2010 zurück, wie der Verband ankündigte. Der Verwaltungsrat habe die Suche nach einem Nachfolger begonnen. Der SBVg werde zu gegebener Zeit über den neuen CEO informieren, heisst es im Communiqué. Roth leitet die Bankiervereinigung seit Januar 2001. Laut SBVg-Präsident Patrick Odier, ist der Schweizer Finanzplatz Urs Roth «zu grossem Dank verpflichtet». Denn Roth habe die Bankiervereinigung «in herausfordernden Jahren umsichtig, kompetent und lösungsorientiert geführt und entschieden dazu beigetragen, dass der Finanzplatz Schweiz aus der Finanzkrise gestärkt und mit einer klaren Strategie» hervorgehe.
LANGSAME ERHOLUNG: Nicht alle Branchen werden die Erholung der Schweizer Wirtschaft im Jahr 2010 spüren. Die Wiederbelebung dürfte nach Ansicht der Ökonomen der Credit Suisse von den Exportmärkten ausgehen. Im Dienstleistungssektor würden sich als erste die Informatik- und Unternehmensdienstleistungsbranche erholen. Der Privatkonsum werde voraussichtlich zwar nach wie vor wachsen, wegen der steigenden Arbeitslosigkeit allerdings in spürbar geringerem Tempo als 2009. Dies dürfte 2010 zu leicht sinkenden Detailhandelsumsätzen führen. Insgesamt erwartet die CS weiterhin ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes um 0,6 Prozent. Weiter zunehmen werde die Zahl der Firmenkonkurse.
ZUVERSICHTLICHE FINANZCHEFS: Die Finanzchefs grosser Schweizer Unternehmen haben optimistische Erwartungen an 2010: 55 Prozent beurteilen die Aussichten laut einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsfirma Deloitte als positiv, nur 11 schätzen sie als negativ ein. Stark ist auch die Erwartung, dass Unternehmen durch Zukäufe wachsen. Für 58 Prozent der 37 Umfrageteilnehmer seien Firmenübernahmen im laufenden Jahr eine Option. Deloitte kommt zum Schluss, dass keine Kreditklemme besteht, sondern sich die Kreditbedingungen wieder entspannt haben. Zu den grössten Risiken für die Schweizer Topmanager gehört die Aufwertung des Franken.
MEHR GEWINN: Die Urner Kantonalbank (UKB) hat 2009 einen Gewinn von 10 Mio. Fr. erwirtschaftet. Das sind 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Steigern konnte die Bank auch die Bilanzsumme, und zwar um 2,5 Prozent auf 2,23 Mrd. Franken. Doch auch bei der UKB habe die Wirtschaftsksrise ihre Spuren hinterlassen, teilte die Bank mit. Beispielsweise in der Erfolgsrechnung. So ging der Erfolg aus dem Zinsgeschäft um 2,9 Prozent auf 30,1 Mio. Franken zurück.
MEDTRONIC SCHLUCKT INVATEC: Der US-Medizintechnikkonzern Medtronic übernimmt die auf Herz-Kreislaufinstrumente spezialisierte Invatec. Der Kaufpreis für die Firma mit rund 900 Beschäftigten, verteilt hauptsächlich auf Brescia (Italien) und Frauenfeld, beträgt bis zu 500 Mio. Dollar. Medtronic übernimmt auch die Invatec angeschlossenen Unternehmen Fogazzi (Polymertechnologie) sowie Krauth Cardiovascular (Vertrieb in Deutschland). Gemäss der unterzeichneten Vereinbarung zahlt Medtronic zunächst 350 Mio. Dollar. Dazu kommen weitere bis zu 150 Mio. Dollar, wenn Invatec gewisse Ziele erreicht.
AUFLAGEN FÜR SNCF/ERMEWA: Die international tätige Speditions- und Güterwagenverleihfirma Ermewa mit Hauptsitz in Genf darf unter Auflagen von einer Tochtergesellschaft der französischen SNCF-Gruppe übernommen werden. Das gab die EU-Kommission bekannt. Veräussert werden müssen das europäische Wagenvermietungsgeschäft von Ermewa und der Geschäftsbereich für die Organisation von Getreidetransporten per Schiene. Management und Hauptsitz von Ermewy blieben in Genf. Für die 95 Mitarbeitenden ändere sich nichts.
US-IMMOBILIENMARKT SCHWÄCHELT WIEDER: In den USA sind die Verkäufe bestehender Eigenheime zum Jahresende im Rekordtempo zurückgegangen. Aufs Jahr hochgerechnet sank ihre Zahl im Dezember um 16,7 Prozent auf 5,45 Millionen, wie die Vereinigung der Immobilienmakler mitteilte. Das war damit der grösste Rückgang seit Beginn der Statistik 1968, im November waren es noch 6,54 Millionen. Im Gesamtjahr 2009 stiegen die Verkäufe dagegen um 4,9 Prozent auf 5,156 Millionen, während die Preise im Mittel um 12,4 Prozent purzelten. Laut Analysten führte vor allem der Wegfall der staatlichen Fördermassnahmen zu dem Absturz im Dezember.
PHILIPS SETZT ERHOLUNGSTREND FORT: Der niederländische Elektronikkonzern Philips hat sich im vierten Quartal 2009 weiter von der Wirtschaftskrise erholt. Beim Umsatz blieb das Unternehmen aber leicht hinter dem Vorjahreswert zurück. Die Erlöse erreichten fast 7,3 Mrd. Euro nach 7,6 Mrd. im Vorjahresquartal. Nach einem Minus von 1,18 Mrd. Euro im Vorjahresquartal erzielte Philips einen Gewinn von 260 Mio. Euro. Auch im gesamten Geschäftsjahr 2009 schafften die Niederländer den Sprung in die Gewinnzone. Nach einem Verlust von 92 Mio. Euro im Vorjahr blieb unter dem Strich ein Gewinn von 424 Mio. Euro.
ERICSSON UNTER DRUCK: Der Netzwerkausrüster Ericsson hat ein schwieriges Jahr 2009 mit einem deutlichen Umsatz- und Gewinnrückgang abgeschlossen. Der Konzern baut nun weitere 1500 Arbeitsplätze ab. Der Umsatz ging im Schlussquartal um 13 Prozent auf 58,3 Mrd. schwedische Kronen (8,38 Mrd. Franken) zurück. Das Infrastrukturgeschäft habe vor allem in der zweiten Jahreshälfte gelitten, sagte der neue Ericsson-Chef Hans Vestberg bei der Vorlage der Bilanz. Weltweit hatten sich die Telekomkonzerne im vergangenen Jahr mit Investitionen in ihre Netze zurückgehalten.
ABSAGE VON FERRERO: Der italienische Schokoloadenproduzent Ferrero hat den Weg für eine Übernahme des britischen Wettbewerbers Cadbury durch den Lebensmittelriesen Kraft freigemacht. Ferrero erklärte, kein Übernahmeangebot für Cadbury vorlegen zu wollen. In der Übernahmeschlacht um den britischen Schokoladenhersteller hatte das italienische Familienunternehmen als Interessent gegolten, Medienberichten zufolge erwog Ferrero auch ein gemeinsames Angebot mit dem US-Schokoladenproduzenten Hershey. Dieser hatte sich bereits am Freitag aus dem Bieterrennen um Cadbury zurückgezogen.
IRAKISCHES ÖL FÜR SHELL UND EXXON: Ein von den Öl-Multis Shell und Exxon angeführtes Konsortium wird das Riesen-Ölfeld West-Kurna 1 im Südirak ausbeuten. Vertreter der beiden Unternehmen und des irakischen Ölministeriums unterzeichneten in Bagdad eine entsprechende Vereinbarung. Die Produktion auf dem Ölfeld, die derzeit unter den Möglichkeiten liegt, soll forciert werden.
AUS FÜR STUYVESANT TOWN: Die Wirtschaftskrise wirbelt den New Yorker Immobilienmarkt durcheinander. Investoren haben ein ganzes Stadtviertel aufgeben müssen, das sie 2006 für die Rekordsumme von 5,4 Mrd. Dollar gekauft hatten. Die Gruppe um die Immobilienfirma Tishman Speyer und den Vermögensverwalter Blackrock überliess die sogenannte Stuyvesant Town samt ihrer kleineren Schwestersiedlung Peter Cooper Village in Manhattan ihren Kreditgebern.
FINANZIERUNGSPROBLEME: Dem Dubaier Hafenbetreiber DP World drohen langfristig Finanzierungsprobleme. Derzeit sehe die Bilanz gut aus und die Barmittel reichten für den Ausbau des Geschäfts, sagte DP-World-Chef Mohammad Scharaf. Künftig stelle die Liquidität aber ein Problem dar. DP World ist einer der grössten Hafenbetreiber weltweit und gehört zum angeschlagenen Staatskonzern Dubai World. Dieser hatte im November um Fristverlängerung bei der Rückzahlung von Milliardenschulden gebeten und damit an den Märkten weltweit Furcht vor einer zweiten Welle der Finanzkrise ausgelöst.
SCHADENERSATZKLAGEN VON SIEMENS: Siemens hat einen Tag vor seiner Hauptversammlung Schadersatzklage gegen zwei ehemalige Vorstände wegen der Korruptionsaffäre eingereicht. Von seinem früheren Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger fordert das Unternehmen 15 Mio. Euro. Von dem einstigen Vorstand Thomas Ganswindt, der für den Telekommunikationsbereich zuständig war, will Siemens 5 Mio. Euro. Gegen beide ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ganswindt und Neubürger hatten ein Ultimatum des Siemens-Aufsichtsrats verstreichen lassen, wonach sie sich bis Mitte November mit dem Konzern auf eine finanzielle Wiedergutmachung hätten einigen sollen.