Trauer und mahnende Worte an Gedenkanlass in Berner Synagoge
Über 200 Menschen haben am Sonntagabend in der Berner Synagoge der Opfer des Hamas-Angriffs vor einem Jahr gedacht. Der Terror vom 7. Oktober habe tiefe Spuren in der israelischen Gesellschaft, aber auch in der jüdischen Gemeinschaft weltweit hinterlassen, hiess es.
Für die Menschen in Israel sei das Leben seit dem Terrorangriff auf den Kopf gestellt, sagte Ralph Friedländer, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG). Aber auch für die Jüdinnen und Juden in der Schweiz habe sich das Leben grundlegend verändert.
Der Antisemitismus sei massiv angestiegen. «Sogar unsere Kinder müssen sich in der Schule und an der Universität für einen Krieg rechtfertigen, mit dem sie nichts zu tun haben.» Das sei inakzeptabel.
Die Jüdinnen und Juden seien mit einer noch nie erlebten Welle des Antisemitismus konfrontiert. Es sei naheliegend, dass die Darstellung Israels in vielen hiesigen Medien zu dieser Situation beigetragen habe.
Schlimm seien auch die zahlreichen Sympathiekundgebungen für die Täter und die fehlende Bereitschaft, die Terroranschläge zu verurteilen, sagte Friedländer. Das erschwere den Dialog ungemein.
«Keine Rechtfertigung für Antisemitismus»
Der Antisemitismus nehme weltweit zu, wenn der Nahe Osten in Flammen aufgehe, sagte Staatssekretär Alexandre Fasel als Vertreter des Bundesrats. Was sich auf der geopolitischen Ebene abspiele, sei das eine, antisemitische Handlungen seien das andere.
Für die Gewalttaten, Aggressionen, Drohungen und Beleidigungen, denen auch Schweizer Juden ausgesetzt seien, gebe es keine Rechtfertigung. «Dass sich unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Jahr 2024 unsicher fühlen müssen, ist schlicht inakzeptabel.»
Die Schweiz werde ihre Bemühungen für eine friedliche Zukunft im Nahen Osten fortsetzen, versicherte Fasel. Es brauche einen politischen Prozess in Richtung der Zwei-Staaten-Lösung. Diese biete die einzige Grundlage für einen nachhaltigen Frieden.
«Kampf um die blosse Existenz»
Der 7. Oktober sei schon ein Jahr her, «aber seither erleben wir diesen Alptraum jeden Tag aufs Neue», sagte Israels Botschafterin Ifat Reshef. Die israelische Gesellschaft sei immer noch daran, sich zu erholen und zu heilen, und zugleich müsse sie um ihre Zukunft kämpfen und um die blosse Existenz ihres Landes.
Reshef übte scharfe Kritik an all jenen, die sich dafür entschieden hätten, «die Extremisten zu beschwichtigen und das Recht Israels auf Selbstverteidigung zu ignorieren». Israel sei entschlossen, alles Notwendige zu tun, um das verlorene Gefühl der Sicherheit wieder herzustellen.
«Wo ist sie?»
Die Angehörige einer verschleppten jungen Frau berichtete von den Qualen, der die Familie jeden Tag von Neuem ausgesetzt sei. «Wo ist sie? In welchem Zustand befindet sie sich? Ist sie noch am Leben?» Die Tochter ihrer Cousine sei zuletzt im vergangenen November lebend gesehen worden. «Aber was ist jetzt?»
Die Welt kümmere sich oft mehr als um die Entführer als um die Geiseln, kritisierte die Frau. Für sie gebe es keinen anderen Weg, als die Hoffnung zu bewahren.
Die Veranstaltung fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Im Umfeld der Synagoge blieb es ruhig, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete.
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