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Schneller, höher, schweizerischer: Die Olympischen Spiele 2024 in Paris

Der Eiffelturm mit den olympischen Ringen ist hinter der Flagge der Schweiz und vieler anderer Länder zu sehen
Internationale Stimmung in Paris am Mittwoch Keystone / Laurent Gillieron

Am Freitagabend werden 128 Schweizer Athletinnen und Athleten für die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris die Seine hinunterfahren.

Zu den 62 Frauen und 66 Männern gesellen sich mehr als 10’000 weitere Spitzensportlerinnen und -sportler, die in den kommenden zwei Wochen in 32 Sportarten um 329 Medaillen kämpfenExterner Link werden.

Im Schweizer Boot werden die Sportschützin Nina Christen und der Mountainbiker Nino Schurter, beide haben Goldmedaillen an Olympia gewonnen, die Fahne hochhalten.

“Wir sind bereit und gut vorbereitet”, sagt Ralph Stöckli, Leiter der grössten Schweizer Delegation seit Los Angeles 1984, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Nachdem sich die Schweizerinnen und Schweizer vor drei Jahren in Tokio mit 13 Medaillen selbst übertroffen hatten, gab Stöckli diesmal kein Medaillenziel für die 24 Disziplinen aus, in denen die Schweiz antritt.

“Seien wir realistisch: Seit 1972 hat die Schweiz an Sommerspielen im Durchschnitt fünf Medaillen gewonnen und mit Ausnahme von Tokio nie eine zweistellige Zahl erreicht”, so Stöckli.

“Ich denke, wir können uns von den Sommerspielen 2016 inspirieren lassen, die ebenfalls ein Erfolg waren.” Er würde sich freuen, wenn die Schweiz die sieben Medaillen von Rio de Janeiro wiederholen könnte.

Übrigens: Im Breakdance, das seine Olympia-Premiere feiert, ist niemand aus der Schweiz im Rennen um eine Medaille.

Externer Inhalt

Allerdings scheint sich der Fokus etwas wegbewegt zu haben von der Fixierung auf Medaillen. “Medaillen und Diplome sind nach wie vor das grosse Ziel für viele unserer Athletinnen und Athleten, der Verbände und Swiss Olympic”, sagt Stöckli.

Mit den Verbänden führe man aber eine “intensive Diskussion” zum Thema Ethik und Medaillenziele. Der Tenor scheine zu sein, dass der Erfolg nicht mit allen Mitteln angestrebt werden dürfe.

Zwei Ziele sind Stöckli wichtig: Die Athletinnen und Athleten sollen “auf und neben dem Platz die bestmöglichen Voraussetzungen für Spitzenleistungen” erhalten und “stolze Botschafterinnen und Botschafter des Schweizer Spitzensports” sein.

Ein Poster mit den Porträts aller Schweizer Athletinnen und Athleten
Ist das der Schweizer Springreiter Martin Fuchs, der auf sein Bild im Olympischen Dorf zeigt? Keystone / Laurent Gillieron

“Kein Sightseeing”

Zehn Mitglieder der Schweizer Delegation, die in Paris antreten werden, haben bereits olympische Medaillen gewonnen, darunter der Springreiter Steve Guerdat, der zum sechsten Mal an Olympischen Spielen teilnimmt (der Kanadier Ian Millar war zehnmal dabei). Mehr als die Hälfte von ihnen sind jedoch erstmals bei Olympia dabei.

Der älteste Schweizer Teilnehmer ist ebenfalls ein Pferdesportler, der 61-jährige Pius Schwizer, die jüngste Teilnehmerin ist die 19-jährige Kunstturnerin Lena Bickel.

Das Durchschnittsalter der Schweizer Sportdelegation beträgt 27 Jahre. Von den 26 Kantonen der Schweiz sind 22 vertreten.

Eine Frau
Die Schweizer Badmintonspielerin Jenjira Stadelmann in Paris Keystone / Anthony Anex

Der Tennisprofi Stan Wawrinka, der 2008 in Peking zusammen mit Roger Federer Gold gewann, nimmt zum dritten Mal an Olympischen Spielen teil.

Er sei so etwas wie der “grosse Bruder” der Schweizer Delegation, sagt er. “Das klingt besser als ‘alter Mann'”, lacht er. “Ich bin sehr glücklich, dass ich mit 39 Jahren noch diese Chance habe.”

Der Schwimmer Jérémy Desplanches (29), der in Tokio Bronze gewann und nach den Spielen von Paris zurücktreten wird, sprach wahrscheinlich für alle, als er sagte, er habe jeden Moment seit seiner Ankunft in der französischen Hauptstadt genossen, “aber ich bin nicht hier, um mir die Sehenswürdigkeiten anzusehen”.

Von den 128 Athletinnen und Athleten werden 67 von der Spitzensportförderung der Armee in Training und Wettkampf unterstützt. Dies ist eine weitere Steigerung gegenüber Tokio.

An den Paralympics vom 28. August bis 8. September nehmen drüber hinaus 27 Schweizer Athletinnen und Athleten teil. Die laut Swiss Paralympic grösste Delegation seit 2008 – darunter die Rollstuhl-Legenden Marcel Hug und Catherine Debrunner – strebt wie in Tokio wiederum 14 Medaillen an.

Erste Olympiasiegerin: Eine Schweizerin

Schweizer Athletinnen und Athleten haben in Paris schon immer gut abgeschnitten. An den zweiten Olympischen Spielen der Neuzeit im Jahr 1900 gingen die Schweizerinnen und Schweizer in Disziplinen wie Fischen, Ballonfahren und Krocket zwar leer aus, gewannen aber sechs Goldmedaillen – fünf im Schiessen und eine im Segeln – und stellten die erste Olympiasiegerin.

Hélène de Pourtalès war eine schweizerisch-amerikanische Gräfin mit einer Leidenschaft für Pferde und Segeln. Am 22. Mai 1900 bestieg sie die Schweizer Yacht Lérina und segelte mit ihrem Ehemann Hermann de Pourtalès und ihrem Neffen Bernard vor Le Havre zur Goldmedaille in der 1-2-Tonnen-Klasse.

Damit war sie nicht nur die erste Frau, die an Olympischen Spielen teilnahm, sondern auch die erste Frau, die eine Medaille gewann. Am nächsten Tag gewann ihr Team Silber in der zweiten 1-2-Tonnen-Regatta, womit sie auch gleich zur ersten weiblichen Mehrfachmedaillengewinnerin wurde. Zwei Monate später wurde die britische Tennisspielerin Charlotte Cooper die erste Olympiasiegerin in einer Einzelsportart.

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Sieben Goldmedaillen für die Schweiz

Am 5. Juli 1924 wurden die Olympischen Spiele zum zweiten Mal in Paris eröffnet. Die 25 Schweizer Medaillen, darunter nicht weniger als sieben goldene, sind bis heute nationaler Rekord.

Am erfolgreichsten waren die Kunstturner mit sieben Medaillen, gefolgt von den Ruderern und Ringern mit je fünf Medaillen. Für die meisten Schlagzeilen sorgten jedoch die Fussballer.

Mit Siegen gegen Litauen, Tschechien, Italien und Schweden stürmten die Schweizer ins Finale, wobei Max “Xam” Abegglen sechs Tore erzielte. Doch das Wunderteam aus Uruguay, das sechs Jahre später zum ersten Mal Weltmeister wurde, war schliesslich zu stark für die Schweizer.

Ob sich die Schweizerinnen und Schweizer 100 Jahre später von diesen Erfolgen inspirieren lassen?

Nach 1900 und 1924 finden die Olympischen Sommerspiele zum dritten Mal in Paris statt; nur London war ebenfalls dreimal Gastgeber. Im Jahr 2028 wird Los Angeles zum dritten Mal Gastgeber der Olympischen Sommerspiele sein.

Die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Paris werden die grösste jemals in Frankreich organisierte Veranstaltung sein.

Die Spiele finden vom 26. Juli bis zum 11. August statt, die Paralympischen Spiele vom 28. August bis zum 8. September. Insgesamt nehmen 205 Nationen sowie die IOC-FlüchtlingsolympiamannschaftExterner Link teil.

Russland und Belarus sind von den Mannschaftssportarten ausgeschlossen, aber einige Athletinnen und Athleten wurden eingeladen, mit “neutralem” Status teilzunehmen.

Eine Woche vor der Eröffnungsfeier waren in der offiziellen Datenbank des IOC für die Olympischen Spiele in Paris 11’215 Athletinnen und Athleten registriert, einschliesslich Auswechselspielerinnen und -spieler: 5712 bei den Männern und 5503 bei den Frauen (51% zu 49%).

Den höchsten Frauenanteil (87,5%) stellt Guam mit sieben von acht Personen. Sechs der 205 offiziellen Olympiamannschaften haben keine Athletinnen gemeldet: Belize, Guinea-Bissau, Irak, Liechtenstein, Nauru und Somalia.

Unter den gemeldeten Teilnehmerinnen der Frauenwettbewerbe in Paris sind auch zwei Athletinnen, die sich als nonbinär und transgender identifizieren.

Die Medaillen werden teilweise aus Metall des Eiffelturms hergestellt, die bei Renovierungs- und Reparaturarbeiten übrig blieben.

Erstmals seit 2018 wird im Rahmen von Olympischen und Paralympischen Spielen wieder ein House of Switzerland, die “Maison Suisse Paris”Externer Link, betrieben.

Der öffentlich zugängliche Veranstaltungsort im Garten der Schweizer Botschaft dient bis zum 11. August und vom 27. August bis zum 8. September als Treffpunkt mit Verpflegung, Aktivitäten und Musik. Die Besucherinnen und Besucher können auch die Spiele verfolgen und die Erfolge der Schweizer Athletinnen und Athleten feiern.

Die Ausstellung “Liaisons suisses” zeigt 45 Objekte aus sieben Schweizer Tourismusregionen und fünf Jahrhunderten.

Zu den Höhepunkten gehört die von Picasso verewigte Spiralkette der Luzerner Galeristin Angela Rosengart, der das Röntgengerät von Antoine de Saint-Exupéry gegenübergestellt wird, der in Fribourg studierte.

Der legendäre Tisch “Traccia” (1936) von Meret Oppenheim aus dem Tessin und das Projekt der Lausanner Designerin Laure Gremion für den grössten Absinthbrunnen der Welt sind nur einige weitere Beispiele der ausgestellten Schätze.

Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Das Ziel der fünf Medaillen entspricht dem Durchschnitt der von Schweizer Sportlerinnen und Sportlern an Olympischen Sommerspielen seit Rom 1960 erhaltenen Medaillen. Aber es ist weit entfernt vom Rekord der Olympischen Spiele in Paris von 1924, als die Schweizer Athleten 25 Medaillen heimbrachten. Die Ausbeute könnte für die Schweizer dieses Jahr sogar besser ausfallen, falls…

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Edited by Balz Rigendinger

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