Wahlen 2007: Nur Grüne können zulegen
Die Grüne Partei könnte bei den Nationalratswahlen im Herbst am meisten zulegen. Und ein Viertel der Befragten können sich einen Grünen als Bundesrat in der Landesregierung vorstellen.
Dies zeigt das fünfte Wahlbarometer des Instituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse.
Wäre bereits Mitte Juli gewählt worden, hätte die Grüne Partei einen Stimmenanteil von 10,3% erreicht.
Dies ist zwar ein bisschen weniger als noch vor einem Monat, doch ist es immer noch ein beachtlicher Anstieg von 2,9% gegenüber dem Wahlergebnis 2003. Keine andere Partei kommt in der Umfrage auch nur annähernd auf solche Werte.
Würden noch die erwarteten 1,8% der neuen Grünliberalen Partei dazugezählt, kämen die Grünen bereits relativ nah an die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) heran, die derzeit schwächste der vier Regierungsparteien. Diese stagniert auf 14,6% (+0,2%).
Unbestritten stärkste Partei bleibt die Schweizerische Volkspartei (SVP), der die Umfrage einen Wähleranteil von 26,2% attestiert, nur eine geringe Abnahme (-0,5%) gegenüber 2003.
Auch die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) müsste laut der Umfrage Federn lassen. Sie käme derzeit auf einen Anteil von 16,2% (-1,1%).
Etwas mehr verlieren könnte die Sozialdemokratische Partei (SP). Gemäss dem 5. Wahlbarometer fällt sie um 1,7% auf 21,6%. Sie bliebe damit jedoch immer noch klar die zweitstärkste politische Kraft im Land.
Abwanderung zu den Grünen
Einer der Gründe für den Wählerschwund der SP dürfte laut Umfrage die Tatsache sein, dass viele SP-Wählende angegeben haben, diesmal eher die Grüne Partei zu bevorzugen.
Einige, wenn auch weniger Wählende, wollen von der SP zu den Grünliberalen wechseln. Diese neue Partei könnte auch einige Stimmen von Personen erhalten, die bisher für die Grüne Partei und die FDP stimmten.
Weitere Stimmenverschiebungen stellt die Umfrage von der FDP zur SVP fest, allerdings in viel geringerem Ausmass als der Zustrom zur Grünen Partei.
Neue Themenordnung
Der Hauptgrund für den prognostizierten Erfolg der Grünen dürfte lau Umfrage die Tatsache sein, dass die Umweltproblematik erstmals an oberste Stelle der prioritären Probleme gerückt ist – und der Partei in diesem Bereich eine sehr hohe Glaubwürdigkeit attestiert wird.
«Die Grünen wählt man zuerst der Umweltfrage wegen», schreiben die Politologen. Doch eben dort orten sie auch die Limiten der Partei: «Selbst bei den eigenen Wählenden gibt es keine weitere, thematisch relevante Identifikation.»
Breitere Kompetenz in verschiedenen Top-Themen wie Ausländer und Integration sowie Vorsorge, soziale Sicherheit oder Arbeitslosigkeit werden SP und SVP zugeschrieben.
Die SVP wird in der deutschsprachigen Schweiz in den fünf Top-Themen als kompetenteste Partei wahrgenommen, die SP in der französischsprachigen und noch deutlicher in der italienischsprachigen Schweiz.
Grüner Bundesrat?
Schliesslich haben die Experten auch nach der zukünftigen Zusammensetzung des Bundesrats (Landesregierung) gefragt.
Zwar ist keine der vorgeschlagenen Varianten mehrheitsfähig, doch die derzeitige Zauberformel (2 SVP, 2 SP, 2 FDP, 1 CVP) unterstützen 35% der Befragten.
An zweiter Stelle mit 24% der Stimmen allerdings liegt bereits die Version mit einem Grünen Bundesrat und nur einem der FDP, weit vor allen weiteren Szenarien.
Diese Möglichkeit, in den Bundesrat einzuziehen, hat laut Umfrage einen positiven Nebeneffekt für die Grüne Partei: «Das wirkt sich gegenwärtig stark förderlich auf die Mobilisierung von Neuwählenden aus», schreiben die Politologen.
swissinfo, Christian Raaflaub
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Zauberformel
Die 5. Umfrage, realisiert durch das Institut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse, gehört zu einer Serie von 8 Umfragen vor den eidgenössischen Wahlen vom 21. Oktober 2007.
Wie schon die vorhergehenden Umfragen untersucht sie nur die Wahlen in den Nationalrat, die grosse Kammer.
Insgesamt 2029 repräsentativ ausgewählte Personen wurden zwischen 9. und 21. Juli in den drei Sprachregionen der Schweiz befragt.
Die Fehlerquote beträgt +/- 2,2%.
Hauptresultate der Umfrage:
Schweizerische Volkspartei (SVP): 26,2% (26,7% im Jahr 2003)
Sozialdemokratische Partei (SP): 21,6% (23,3%)
Freisinnig-Demokratische Partei (FDP): 16,2% (17,3%)
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP): 14,6% (14,4%)
Grüne Partei: 10,3% (7,4%)
Voraussichtliche Stimmbeteiligung 45% (45,4%)
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