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Wallis will der Luftwaffe die Flügel stutzen

Laut Befürwortern der Initiative hat der Fluglärm im Wallis stark zugenommen. Keystone

Der Bergkanton Wallis ist eine der führenden touristischen Destinationen der Schweiz. swissinfo hat sich im Vorfeld der Abstimmung gegen Kampfjetlärm im südlichen Kanton umgehört.

Die Volksinitiative «gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» des Umweltschützers Franz Weber kommt am 24. Februar an die Urnen.

«Die FA-18 sind dermassen laut, dass sie jede Konversation unterbrechen», klagt Jean-Nicolas Revez.

Revez ist Präsident des Walliser Camping-Verbandes «Campings Valaisans» und Besitzer des Campings «Botza», acht Kilometer entfernt vom zivil und militärisch genutzten Flugplatz Sitten (Sion).

«Von einzelnen Tourismusorten kommen nicht viele Klagen», erklärt Vincent Bornet, Vizedirektor von Wallis Tourismus. «Wenn man sie aber zusammenzählt, sind es doch ziemlich viele.»

Das Wallis lebt vom Tourismus, er ist die Haupteinnahmequelle des Alpenkantons, der sich entlang der Rhone vom Furkapass bis zum Genfersee erstreckt.

Doch die Region ist auch von strategischer Bedeutung für die Schweizer Armee. Seit 1943 operiert sie vom Flugplatz Sitten aus.

Entgegen der beiden anderen grossen Flugwaffen-Basen Meiringen und Payerne ist er nicht andauernd mit Piloten besetzt. Weil der Flug von einer anderen Basis nur wenige Minuten dauert, landen und starten trotzdem während 23 Wochen im Jahr F/A-18 Hornets, Tiger F-5 und Pilatus PC-21 Trainingsflugzeuge in Sitten.

«Es gibt Tage, da ist es schrecklich», sagt Vincent Vultagio, der in Châteauneuf gleich neben dem Flugplatz lebt. «Das Echo im Tal ist zum Teil ohrenbetäubend.»

Doch die Armee erklärt, die Region sei nicht «im Belagerungszustand». Sie will die Lärmprobleme nicht vermindern, namentlich jene, welche die F/A-18 verursachen, wenn sie mit ihren ohrenbetäubenden Nachbrennern beim Start den Turbo einschalten.

Über ein Jahr zusammengezählt mache der gesamte Lärm der Militärjets nur vier Stunden aus, heisst es. Und 2010 sollen die Starts und Landungen um 30% vermindert werden.

Doch während bald weniger Tiger-Einsätze geflogen werden – dieser wird durch einen neuen Kampfjet ersetzt -, sind mehr Flüge der doppelt so lauten F/A-18 geplant.

Klagen

Bewohner der Region kritisieren die Luftwaffe, sie habe in der Vergangenheit ihr Wort betreffend Anzahl der Flüge nicht gehalten. Entsprechende Klagen seien nicht beantwortet worden.

Antoine Jacquot, Direktor der Basis Sitten, ist jedoch der Meinung, man habe die Bedenken der Bevölkerung und der Tourismusbranche ernst genommen.

«Wegen der Flugpläne sind wir gegenwärtig im Dialog mit dem Kanton, und wir haben verschiedene Massnahmen eingeführt, um die Lärmdauer einzugrenzen», sagt er.

Dazu gehört, dass nur während den üblichen Arbeitszeiten geflogen wird und nicht in der Nacht, an Wochenenden oder Feiertagen. Dafür sollen mehr Flugsimulatoren eingesetzt, häufiger im Ausland geflogen und falls möglich zwei Flugzeuge gleichzeitig gestartet werden.

Zudem ist vorgesehen, Wohnungen von Anwohnern für den Betrag von 20 Millionen Franken gegen Schall zu isolieren.

Taube Bevölkerung?

Eine Woche vor der Abstimmung steht nur ein geringer Teil der Bevölkerung öffentlich dazu, die Volksinitiative von Franz Weber zu unterstützen. Die Hauptsorge dreht sich um die Zukunft des Flugplatzes.

«Die Initiative ist extrem», betont Bornet. «Ein totales Flugverbot könnte Probleme verursachen und die Zukunft des Flughafens gefährden.»

Der Flugplatz bringt der Region Einnahmen von 80 Mio. Fr. pro Jahr. Wenn das Militär als Kundin wegfallen würde, müssten die Behörden 4,5 Millionen jährlich einschiessen.

Doch hinter den Kulissen hoffen viele auf einen hohen Ja-Anteil bei der Abstimmung, um damit die Armee in den Gesprächen mit dem Kanton etwas mehr unter Druck setzen zu können.

Für Yves Balet, Präsident des lokalen Interessenverbands ARAS, der die Interessen von Tourismus, Wirtschaft und Immobilienhandel vertritt, wollen «80% der Bevölkerung eine gemischte zivil-militärische Lösung für den Flugplatz».

«Der Lärm ist aber nicht das Hauptproblem», ergänzt er. Für die lokale Bevölkerung wichtig sei, dass die Einführung eines Lärmbelastungs-Registers einen Einfluss auf die Bodenpreise haben könnte. Dies würde über 6000 Personen betreffen.

«Wenn es um den Boden geht, kämpfen die Leute mit Händen und Füssen», sagt Balet.

swissinfo, Simon Bradley, Sitten
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

Am 24. Februar befindet das Schweizer Stimmvolk an der Urne über die Volksinitiative «gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten».

Die Schweizer Luftwaffe hat 33 F/A-18- und 54 Tiger-Kampfjets. Diese sollen ab 2011 ersetzt werden. Während der letzten Jahre ist die Anzahl der Militärbasen von 15 auf 3 reduziert worden: Meiringen , Payerne und Sitten.

Die Initiative, eingereicht vom Umweltschützer Franz Weber und dessen Organisation «Helvetia Nostra» verlangt, dass militärische Übungen in touristischen Gebieten während Friedenszeiten verboten werden. Rund 113’000 Personen haben das Volksbegehren unterschrieben.

Die Befürworter verlangen eine Reduktion und bessere Verteilung der Trainingsflüge. Der Lärm schade Mensch und Tier und habe einen negativen Einfluss auf Umwelt, Wirtschaft, Tourismus und Immobilienpreise. Zudem sei der F/A-18 mit 124 Dezibel beim Start das lauteste Flugzeug der Welt.

Die Gegner der Initiative argumentieren, ein Ja zur Initiative würde das Grounding der Luftwaffe bedeuten, weil Flüge bei der Kleinräumigkeit der Schweiz unweigerlich über Tourismusgebiete führen würden.

In einer Umfrage der SRG SSR idée suisse von Anfang Februar sagten lediglich 34% der Befragten Ja zur Initiative, während 55% diese ablehnten.

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