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Wie sich der Schweizer «Samichlaus» vorbereitet

Samichlaus und Schmutzli bereiten sich auf einen Einsatz vor
Samichlaus und Schmutzli bereiten sich auf einen Einsatz vor. Keystone/ennio Leanza

Schweizer St. Nikolause, bekannt als "Samichläuse" besuchen jedes Jahr einen Auffrischungskurs, um auf dem Laufenden zu bleiben. swissinfo.ch besuchte einen Kurs in Zürich, um zu erfahren, welchen Herausforderungen sich die "Chläuse" stellen müssen.

Aus der ganzen Schweiz sind Teilnehmende zum Kurs angereist. Organisatorin ist die St. Nikolausgesellschaft der Stadt ZürichExterner Link, eine nichtreligiöse Gruppe mit 220 Mitgliedern. Vierzig Teams – bestehend aus «Samichlaus», «Schmutzli» und «Eseli» – aus der Gesellschaft besuchen in der Adventszeit über einen Zeitraum von zwölf Tagen rund 1000 Familien, Kinder- und Altersheime, Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser. Sie lesen Geschichten vor und singen Weihnachtslieder.

Schmutzli ist das gruslig aussehende, braun gekleidete Alter Ego des Samichlauses, und Eseli ist der Fahrer. An einigen Orten bewegt sich der Samichlaus noch mit dem Esel fort, aber für diese Organisation ist das Auto das bevorzugte Transportmittel.

Sogar Banker sind «Chläuse»

Der Banker Dario Bordin ist Mitglied, seit er 16 Jahre alt war. Er ist heute um die 30. Für ihn ist es «unglaublich bereichernd», in die Rolle des Samichlaus zu schlüpfen. Am Workshop in Zürich teilt Bordin seine Erfahrungen mit anderen Samichläusen.

Die Samichlaus-Tradition

Der Samichlaus ist dem antiken griechischen Bischof St. Nikolaus nachempfunden, der Wunder vollbrachte und den Armen half.

Weil der heilige Nikolaus an einem 6. Dezember starb, wird an jenem Tag der Samichlausentag begangen. Dann besuchen die meisten Samichläuse Schulen und Institutionen wie Spitäler oder Altersheime.

Der protestantische Samichlaus trägt einen roten Mantel (wie der Weihnachtsmann in den USA), während er in katholischen Gebieten mit einem Bischofgewand bekleidet ist. Die Chläuse verteilen Früchte, Schokolade und Nüsse, aber im Unterschied zum amerikanischen Santa Claus keine anderen Geschenke.

Samichlaus per Whatsapp

Die St. Nikolausgesellschaft der Stadt Zürich ist eine moderne Organisation. Auf ihrer Website hat sie alle ihre Dienstleistungen aufgelistet. Wer einen Besuch wünscht, kann diesen über den Kurzmitteilungsdienst Whatsapp buchen.

Zwar kosten die Dienstleistungen etwas, doch das Geld geht an arme Menschen in Zürich, damit diese ihre Rechnungen bezahlen können, oder wird für Geschenke für benachteiligte Familien und behinderte Kinder eingesetzt.

Imagekorrektur für Schmutzli

Schmutzli, der Bad Guy an Samichlausens Seite. Er stammt aus der bayerisch-österreichischen Tradition des «Perchtenlaufens», wo die bösen Geister des Winters ausgetrieben wurden. Schmutzli trägt in der Regel einen Reisigbesen. Mit dieser Rute wurden früher schlecht erzogene Kinder bestraft. Die modernen Schmutzlis in Zürich verwenden die Rute heute zum Putzen ihrer Schuhe.

Früher steckte Schmutzli unerzogene Kinder in seinen Sack. Diesen verwendet er heute dazu, die Mandarinen, Erdnüsse und Schokoladen herumzutragen, die er schliesslich an die Kinder verteilt.

Gemäss der Legende arbeitet Schmutzli an den meisten Tagen hart daran, Kekse zu backen, Kräuter zu sammeln und Brennholz zu hacken, während der Samichlaus herumsitzt und ein Buch liest. Ein lockerer Job für den Samichlaus!

Kein Bestrafer

Doch einige Eltern erwarten noch immer, dass Schmutzli die Kinder wegen ihres Fehlverhaltens während des Jahres schelten sollte. Heute aber seien der Samichlaus und der Schmutzli dazu da, um Wärme und Freude zu verbreiten, nicht um die Kinder zu bestrafen, sagt Karin Diefenbacher von der St. Nikolausgesellschaft der Stadt Zürich.

Mutter und Kind mit Samichlaus und Schmutzli
Kinder zu erreichen, kann eine echte Herausforderung sein. Keystone/ennio Leanza

Neben ihren Hausbesuchen organisiert die St. Nikolausgesellschaft am letzten Sonntag vor der Adventszeit (dieses Jahr am 24. November) auch einen jährlichen Umzug durch Zürich. Kinder säumen die Strassen, um einen der 15’000 Lebkuchen zu ergattern, die Dutzende von Samichläusen verteilen.

Es ist sicherlich einer der freudigeren Schweizer Bräuche, aber kann er auch in modernen Zeiten bestehen? Laut Diefenbacher übersteigt die Nachfrage nach Samichläusen das Angebot bei weitem – ein Beweis dafür, dass die Tradition lebendig und gesund ist. «Und jedes Jahr kommen mehr und mehr Menschen an unseren Umzug», fügt sie hinzu.

In der Schweiz gibt es zu Beginn des Advents viele ähnliche Umzüge und Samichlaus-Aktivitäten. So findet etwa in der zweisprachigen Stadt Freiburg, deren Schutzpatron der St. Nikolaus ist, am 7. Dezember eine besondere Prozession statt, die jeweils mehr als 25’000 Personen anzieht.

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