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Arbeitslosigkeit nimmt zu, aber nicht alarmierend

Fast 150,000 Personen sind in der Schweiz ohne Job. photopress

Die Zahl der Stellensuchenden hat sich im Dezember 2010 insgesamt leicht erhöht. Für die meisten Experten ist die Zunahme nicht dramatisch. Sorgen bereitet hingegen der starke Franken.

148’636 Personen oder 3,8 Prozent der Erwerbstätigen (saisonbereinigt 3,6%) waren im Dezember 2010 in der Schweiz als stellenlos gemeldet, teilt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mit. Gegenüber dem Vormonat sind dies 6968 Stellenlose mehr.

Über das ganze Jahr 2010 hinweg beträgt die durchschnittliche Arbeitslosenzahl 151’986, was einer Jahres-Arbeitslosenquote von 3,9% entspricht. 2009 lag die Quote bei 3,7%.

«Im internationalen Vergleich sind die Zahlen relativ niedrig. Die Arbeitslosigkeit hat gegenüber dem Vormonat nicht stark zugenommen», sagt Professor George Sheldon von der Universität Basel gegenüber swissinfo.ch. «Ich würde sagen, dass sich der Arbeitsmarkt in guter Verfassung befindet. In dieser Hinsicht kann man das Jahr als erfolgreich bezeichnen.»

Gleicher Meinung ist auch Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB). «Die Schweiz steht besser da als ihre Nachbarländer; aber es ist eine Tatsache, dass wir heute eine deutlich höhere Arbeitslosenrate haben als in früheren Jahren. Für die Betroffenen in der Schweiz ist es sehr hart.»

«Hervorragend»

Im Vergleich mit den Nachbarstaaten und anderen Mitgliedsländern der EU sind die Arbeitslosenzahlen der Schweiz «hervorragend», sagt Professor Sheldon.

«Spanien hat eine Quote von 20%. Aber das Land hatte wie die USA mit einer riesigen Blase auf dem Immobilienmarkt zu kämpfen. Auch Irland hatte grosse Probleme mit der steigenden Arbeitslosigkeit, in Frankreich liegt sie bei rund 10%. Ich würde sagen, dass Deutschland, die Schweiz und die skandinavischen Staaten ziemlich gut dastehen.»

Die Schweiz müsse in den kommenden Monaten allerdings zwei Hauptprobleme an der Arbeitslosenfront in Angriff nehmen, sagt Lampart. Im April trete ein neues Arbeitslosengesetz in Kraft, welches dazu führe, dass 50’000 Stellenlose keine Leistungen mehr beziehen könnten. Viele von ihnen seien ältere Erwerbslose, die keine Aussicht auf eine Stelle hätten, betont er.

Besorgniserregend sei auch der starke Schweizer Franken, der vor allem dem «Exportsektor, hauptsächlich der Maschinenindustrie und dem Tourismus», zusetzen werde.

«Für diese Sektoren müssen jetzt besondere Massnahmen ergriffen werden, um den Euro-Franken-Kurs auf einem vernünftigen Niveau zu stabilisieren», sagt Lampart gegenüber swissinfo.ch.

Gute Gründe

Es scheint einige gute Gründe zu geben, warum die Schweiz besser mit der Arbeitslosigkeit klarzukommen scheint als die meisten der EU-Mitgliedstaaten.

«Es gibt keinen übergrossen Kapitalmarkt, die Schweiz hat nicht die Probleme Griechenlands oder Italiens, die keine nachhaltige Finanzpolitik betrieben, und es gibt keine Immobilienblase wie in Portugal, Irland und Spanien», sagt Sheldon.

Die Frage stellt sich daher, ob die Schweiz als Erfolgsmodell gelten kann. Sheldon hegt darüber keine Zweifel: «Ich würde sagen, betreffend wirtschaftlicher Leistung und der Arbeitslosenrate ist das Land auf jeden Fall ein Erfolgsmodell. Im internationalen Vergleich war das in den letzten beiden Dekaden der Fall, das steht ausser Frage.»

Kein Grund zur Sorge

Analysten, die von der Nachrichtenagentur Reuters befragt wurden, sahen in den Arbeitslosenzahlen vom Dezember keinen Grund zur Sorge.

«Der Anstieg der Arbeitslosen ist kein Problem; saisonal korrigiert sind die Zahlen sogar gesunken», kommentierte Ursula Kubli von der Bank Sarasin. «In den Wintermonaten wird dieser Anstieg erwartet, weil es im Bausektor weniger Angebote gibt.»

David Marmet von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) zeigt sich ebenfalls nicht gross besorgt. Er ergänzte jedoch, die Arbeitslosenrate vom Dezember zeige, «dass die Abnahme der Arbeitslosigkeit, die wir 2010 festgestellt haben, gebremst wird».

«Die Arbeitslosigkeit könnte 2011 noch etwas zurückgehen, doch die grosse Bewegung liegt hinter uns.»

In Deutschland stieg die Arbeitslosigkeit im Dezember zum ersten Mal seit Juni 2009 unerwartet an, weil viele Firmen wegen dem kältesten Wetter seit 40 Jahren viele Personen entliessen.

Laut der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg stieg die Anzahl der Arbeitslosen saisonal korrigiert auf 3,15 Millionen. Die Quote verharrte auf 7,5%.

In Spanien sind 20,7% der arbeitsfähigen Bevölkerung ohne Job, während der Durchschnitt in den Staaten der Euro-Zone bei 10,1% lag.

In Griechenland stieg die Arbeitslosigkeit im dritten Quartal auf ein 10-Jahres-Hoch: Die Rate stieg von 11,8 auf 12,4%.

In Frankreich sprang die Quote im vierten Quartal auf 10%, den höchsten Wert seit 10 Jahren.

Dagegen sank in Italien in Folge des Wirtschaftswachstums die Arbeitslosenrate im dritten Quartal auf 8,3%.

Laut Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) lag die Arbeitslosenquote in den USA im Oktober bei 9,8%.

Konjunktur-Forschungsstelle KOF: 3,8% (2010), 3,3% (2011)

BAK Basel Economics: 3,8% (2010), 3,4% (2011)

OECD: 4,6% (2010)

Credit Suisse: 3,9% (2010), 3,7% (2011)

UBS: 3,9% (2010), 3,4% (2011)

(Übertragen aus dem Englischen: Peter Siegenthaler und Christian Raaflaub)

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