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Kampf gegen Mafia wird zum Schulstoff

14 Männer sitzen an zwei Tischen
Eine Videosequenz der ''Operazione Helvetica'', welche die kalabresische Polizei im August 2014 ins Internet stellte. Die Männer an den Tischen reden über geschäftliche Möglichkeiten wie Erpressung, Kokain, Heroin und über die ''Gesellschaft in Frauenfeld''. Keystone

Die Mafia rekrutiert ihren Nachwuchs auch unter Secondos im Ausland. Italienische Schulen in der Schweiz wappnen sich. Eine Art Impfung gegen die Mafia – so nennen es die Leute vom "Progetto Legalità". Mit einer Kampagne wollen sie die rund 10'000 Schülerinnen und Schüler auf die Gefahren der Mafia aufmerksam machen.

Vor allem die kalabresische N’drangheta hat die Secondos als Rekrutierungsfeld entdeckt. Seit in Italien die Anti-Mafia-Gesetze greifen, wird die Expansion auch für die Mafia immer wichtiger.

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Zuständig für das neue Anti-Mafia-Lernprogramm ist unter anderem die Kinder- und Jugendpsychologin Marina Frigerio aus Bern. Die schweizerisch-italienische Doppelbürgerin hat in den letzten Wochen Unterrichtsmaterial zusammengestellt und mit den zuständigen Lehrerinnen und Lehrern besprochen, wie sich das Thema Mafia in den Schulstoff einbinden liesse. «Es geht darum, Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren und zu impfen gegen die Versuchung, sich von mafiösen Machenschaften anlocken zu lassen.» 

Mafia sucht Nachwuchs im Ausland

Dies soll mit Geschichten und Ereignissen über die Mafia und Übungen passieren. Die Lehrer werden ab Frühjahr 2018 diese «Mafia-Lektionen» in den Unterricht einfliessen lassen. Geplant ist auch, dass Mafia-Opfer in Schulzimmern Vorträge halten. Dass die italienische Mafia im Ausland – auch in der Schweiz – ihre Ableger habe, wisse man, sagt Frigerio.

Weniger bekannt sei, dass die Mafia zunehmend den Nachwuchs für die ausländischen Zellen auch dort rekrutiere – dies hätten reuige Mafiosi kürzlich ausgesagt. «Sie sagen, dass die N’drangheta es auf die seconda generazione abgesehen hat, um Vorteile zu gewinnen für ihre Geschäfte.»

Denn die Mafia kenne die Gesetze und Regeln im Ausland nicht so gut, sie brauche deshalb Gehilfen in sogenannten Schlüsselpositionen, gute Jobs eben. «Zum Beispiel Leute, die bei einer Bank arbeiten, in der Baubranche, in einer Gemeindeverwaltung tätig sind.»

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Als Beispiel nennt Frigerio die Verhaftung von mehreren Mitgliedern der N’drangheta im Thurgau im Frühling 2016. Auch dort seien gut integrierte Secondos involviert gewesen. «Es ist einfach ein Beweis, dass wir nicht falsch liegen, dass die Sache sensibel ist und dass man handeln muss. Man kann nicht abwarten, bis andere Zellen gegründet sind.»

Deshalb ist für Frigerio klar: Die Sensibilisierungskampagne gegen die Mafia muss bereits in der Schule beginnen. Je früher desto besser. Denn wenn bereits Teenager gegen die Mafia geimpft seien, sei die Chance gross, dass sie auch als Erwachsene immun gegen die organisierte Kriminalität blieben. Und die Mafia somit keinen Nachwuchs mehr finde, sagt die Jugendpsychologin.

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