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Auslandsbanken – ernst-, aber wenig wahrgenommen

Schweizer Flagge - ausländischer Mehrheitsaktionär: Auslandsbanken werden weniger wahrgenommen als Inlandsbanken. Keystone

Was Deutschland betrifft, überschätze die Schweiz das Wissen Deutscher über ihr Land, das häufig von Klischees geprägt sei, unterschätze aber die Politisierung des Bankkunden-Geheimnisses, meint Marion Pester, Direktorin der DZ Privatbank (Schweiz).

Je nach Herkunft des Mehrheitsaktionärs werden die Banken in der Schweiz in Inlands- und Auslandsbanken unterteilt. Auslandsbanken stehen vergleichsweise weniger in den Schlagzeilen. Rund die Hälfte aller Banken in der Schweiz sind Auslandsbanken. Etwa ein Fünftel aller Bank-Angestellten arbeiten bei Auslandsbanken.

In Sachen Rolle, Aufgaben und gesamtwirtschaftlichem Nutzen gäbe es an Information und Kommunikation für die Auslandsbanken noch Einiges zu tun, meint Marion Pester, Vorsitzende der Generaldirektion der deutschen DZ Privatbank (Schweiz) AG .

swissinfo.ch: Die Schweizer Öffentlichkeit nimmt die Meinung der Auslandsbanken zu den laufenden Problemen des Finanzplatzes Schweiz weniger wahr als jene der Inlandsbanken. Weshalb?

Marion Pester: Die Auslandsbanken sind wie die Inlandsbanken Mitglieder der Schweizerischen Bankiersvereinigung. Zudem haben wir einen eigenen Auslandsbanken-Verband. Allerdings ist die Gruppe der Auslandsbanken äusserst heterogen: Unterschiedliche Heimatdomizile, unterschiedliche Interessenlagen, unterschiedliche Grössen und Geschäftsmodelle.

Da ist es schwierig, mit einer Stimme zu sprechen, respektive ein eigenes Gewicht als Gruppe zu haben.

swissinfo.ch: Noch heterogener als eine Raiffeisenbank und die Credit Suisse?

M.P.: Nein, das nicht gerade. Aber es bleibt ein Riesenunterschied, ob es sich etwa um die HSBC als Tochter einer weltweit tätigen Bank, eines in der Schweiz tätigen Global Players handelt, oder um die DZ Privatbank Schweiz, die zu einer genossenschaftlich organisierten Bankengruppe gehört und in ihrem Heimatmarkt Deutschland dezentral und regional agiert.

Einige Auslandsbanken, wie zum Beispiel die Bank Sarasin, haben historisch bedingt zudem einen starken Onshore- sprich Schweizer Marktauftritt.

swissinfo.ch: Wie steht es mit den Anliegen der Auslandsbanken? Werden sie genügend ernst genommen?

M.P.: Ernst genommen werden wir, aber wir werden als Gruppe in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen. Die Auslandsbank gibt es eben nicht.

Nur: Vorwerfen kann man das niemandem. Höchstens, dass sich die Auslandsbanken im Meinungsbereich ganz allgemein mehr Eigeninitiative auferlegen könnten. Wer erinnert sich zum Beispiel noch, dass das Konzept der Abgeltungssteuer, wie es jetzt in den Doppelbesteuerungs-Abkommen mit anderen Ländern als Standard vorgeschlagen wird, auf einen Auslandsbanker zurückgeht – auf Alfredo Gysi, den Verbandspräsidenten.

swissinfo.ch: Was wäre denn der Vorteil für den Finanzplatz, falls die Auslandsbanken stärker eingebunden würden?

M.P.: In den Verhandlungen der Schweiz mit den einzelnen Ländern könnte die Schweiz durchaus von den Einschätzungen und Erfahrungen der Auslandsbanken in ihren Heimatländern profitieren. Was ausländische Kunden am Finanzplatz Schweiz besonders schätzen, ist kulturell durchaus unterschiedlich.

Für deutsche Kunden zählt neben der Solidität der Schweiz, der Rechtssicherheit, einer eigenen Währung eben auch die liberale Gesellschaftsordnung inklusive der  schweiz-typischen Diskretion zu den Mehrwerten.

swissinfo.ch: So sind also die deutschen Auslandsbanken in der Schweiz im Vorfeld der Verhandlungen zum Deutsch-Schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen nicht angefragt worden?

M.P.: Aktiv angesprochen wurde die DZ Privatbank (Schweiz) AG dazu nicht.

swissinfo.ch: Was hätten Sie denn angeführt, wenn man Sie gefragt hätte?

M.P.: Manchmal wird in der Schweiz der Grad der Politisierung in der deutschen Berichterstattung in Sachen Banken und Bankgeheimnis unterschätzt.

Es wäre schön, wenn die Schweiz sich vermehrt den positiven Stärken des Finanzplatzes und des Landes zuwenden würde, statt zu selbstkritisch zu sein. Dies würde eine selbstbewusste Verhandlungsposition stärken.

swissinfo.ch: Aber die Headlines sind ja so oft negativ…

M.P.: …um Schlagzeilen geht es nicht. Es geht um Grundsätzliches wie das ordnungspolitische Staatsmodell Schweiz. Kommt ein Deutscher (Banker) in die Schweiz, fällt ihm auf, dass es hier immer noch einen relativ grossen gesellschaftlichen Grundkonsens gibt, was liberale Werte betrifft. In Deutschland gibt es das so nicht.

In Deutschland sieht man den Staat mehrheitlich in der Versorgerrolle, in der Schweiz allenfalls in der Fürsorgerolle – kulturell ist hier die Selbstverantwortung noch stark verankert.

Dies zeigt sich zum Beispiel konkret in Abstimmungen zu Steuerfragen, wenn etwa eine Mehrheit der Stimmbürger aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus für die Erhöhung der Mehrwertsteuer stimmt. Dies wäre in Deutschland nur schwer vorstellbar.

Dies gilt auch im Verhältnis Bürger Staat, wie etwa bei dem Bankkundengeheimnis oder hinsichtlich der Sozialversicherungs-Systeme.

swissinfo.ch: Ob Krankenversicherung, ob Bankgeheimnis. Allzu oft führen diese helvetischen Lösungen im Ausland zu Missverständnissen.

M.P.: Ich bin mir nicht so sicher, ob dies wirklich immer nur Missverständnisse sind. Sicher hingegen ist das Schweizer Modell in Deutschland nicht vielen bekannt. Auch gut ausgebildete Deutsche wissen häufig nicht, wie die Verfahren und Institutionen in der Schweiz funktionieren.

Da gäbe es für die Schweiz noch viel zu tun: sie müsste mehr und besser kommunizieren. Gerade jetzt, da auch in Deutschland der Unmut über mangelnde Bürgerbeteiligung wächst. Das Volk als Souverän wäre da doch die richtige Botschaft.

swissinfo.ch: Was sollte die Schweiz denn kommunizieren?

M.P.: Dass sie als Staatsmodell sehr gute Resultate erwirtschaftet: Geringe Staatsverschuldung, leistungsfähige Industrie, gute Ausbildung, exzellenter Stand der Gesundheitsversorgung – trotz einer aus deutschen Perspektive radikal anmutenden Selbstverantwortung.

Auch die Diskretion als Ausdruck des Verhältnisses zwischen Bürger und Staat muss Deutschen erklärt werden, da sich daraus, und nicht aus dem Wunsch nach Steuerhinterziehung, das Bankgeheimnis ableitet.

swissinfo.ch: Weshalb machen Sie das nicht als Schweizer Bank mit deutschem Hintergrund?

M.P.: Das tun wir ja. Wir werben mit den Werten der Schweiz und verstehen uns auch als Botschafter der Schweiz in Deutschland.

Die DZ Privatbank ist das Kompetenzzentrum der deutschen Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken für Private Banking sowie für die mit dem Kerngeschäftsfeld verbundenen Themen Fondsdienstleistungen, Währungskredite und Treasury.

Sie verfügt über Standorte in Deutschland, Luxemburg, der Schweiz und in Singapur.

Die Vollbanken in Luxemburg und der Schweiz übernehmen arbeitsteilig jeweils Kompetenzcenterfunktionen für die gesamte Gruppe.

Muttergesellschaft ist die DZ Privatbank S.A. mit Sitz in Luxemburg, die DZ Privatbank (Schweiz) AG ist 100%-Tochter.

Das Schlüsselwort zur Bereinigung der Vergangenheit des Schweizer Finanzplatzes, die Abgeltungssteuer, ist nicht etwa von den Schweizer Inlandsbanken selbst erfunden worden.

Als erstes hat dieses Modell Alfredo Gysi, Präsident des Verbands der Auslandsbanken in der Schweiz, in die Diskussion eingebracht.

Die Abgeltungssteuer liegt all den Abkommen zugrunde, die mit Deutschland, Österreich oder Grossbritannien (noch) vereinbart werden oder wurden.

In der Politik war die Linke in der Schweiz und im Ausland meist skeptisch gegenüber dieser Art von Steuer, die dem Kunden seinen Anonymität belässt und ähnlich wie die Quellensteuer auf Zinseinkommen funktioniert, die von der Bank selbst abgezogen werden.

In Deutschland könnte die linke Mehrheit im Bundesrat, das heisst im Parlament der Länder, das ausgehandelte Deutsch-Schweizerische Abkommen noch kippen.

Zu den typischen Schweizer Finanzprodukten, die auch Auslandbanken anbieten, und die in anderen Ländern nicht erhältlich sind, gehören:

       Lombardkredit (Kredit gegen Verpfändung von Wertpapieren),

       variable Hypotheken (Hypokredit mit variablem Zinssatz),

       Treuhandanlagen (Hausbank legt Kundengeld bei einer im Ausland domizilierten Drittbank an),

       Banksafe.

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