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Auslandschweizer-Rat: Die alten Themen, debattiert mit neuem Elan

ASO-Präsident Filippo Lombardi hatte den Vorsitz über die Sitzung des Auslandschweizer-Rats in Lugano inne. © Auslandschweizer-Organisation / Adrian Moser

Am Freitag tagte in Lugano das "Parlament der Auslandschweizer". Auf dem Programm des Rats standen E-Voting, die EU-Frage und Leistungen der Schweiz für Ihre Diaspora.

Nach dreijähriger Pause reisten für die Sitzung vom Freitag über 85 der insgesamt 129 Mitglieder des Auslandschweizerrats aus aller Welt nach Lugano. Traktandiert waren Dauerbrenner, also Themen, welche die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland schon länger beschäftigen: E-Voting, die Zusammenarbeit mit dem Aussendepartement, die EU-Frage sowie die Problematik der Krankenversicherungen für Auslandschweizer:innen.

Grosses Wiedersehen

Die Diskussionen dazu waren indes lebendig wie lange nicht mehr und virtuell auch gar nicht möglich. Es herrschte allgemeine Wiedersehensfreude – viele Ratsmitglieder kennen sich seit Jahrzehnten – und Aufbruchstimmung, dank einigen neuen Delegierten im Rat.

Abstimmende
Adrian Moser / ASO

Für eine elektronische Identität

Nachdem ein erster Versuch für die Einrichtung einer elektronischen Identität E-ID im März 2021 an den Urnen gescheitert ist, läuft nun eine Vernehmlassung für einen zweiten Anlauf. Neu soll ein digitaler Pass vom Bund und nicht wie zunächst angedacht von Privaten ausgestellt werden.

ASO-Präsident Filippo Lombardi umriss die Argumente für eine E-ID aus Sicht der Auslandschweizer:innen so: Diese sei Voraussetzung für E-Government-Dienste wie Steuern, Gesundheitswesen und Verwaltung.  «Über die E-ID ist ein E-Voting leichter hinzubekommen», sagte Lombardi. Sie könnte auch den Zugang der Auslandschweizer:innen bei Schweizer Banken verbessern. Es gab keine Gegenstimme, keine Enthaltung: Einstimmig wurde angenommen, dass die Auslandschweizer-Organisation ASO sich befürwortend in die Vernehmlassung einbringt.

Der Staat und seine Diaspora

Für das Aussendepartement EDA informierte der Direktor der Konsularischen Direktion, Johannes Matyassy, über einen Graben zwischen der Erwartungshaltung von Schweizer:innen im Ausland und den realistischen Unterstützungsmöglichkeiten, welche das EDA in Krisensituationen habe. Er nannte die Covid-Pandemie, Sri Lanka, Taiwan, die Ukraine und sagte: «Bei all diesen Situation denken wir immer prioritär an die Auslandschweizer:innen.»

Das EDA hat die Kommunikation zu den Auslandschweizer:innen zuletzt ausgebaut und mit einer klaren Strategie versehen: Man strebt nach Information und Prävention. Matyassy präsentierte entsprechende Projekte, etwa die Sensibilisierungskampagne «Aging abroad», zu der im November auch – als Pilotprojekt – virtuelle Townhall-Meetings mit Schweizer Rentner:innen im Maghreb stattfinden sollen. Wir haben hier über die Kampagne berichtet:

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Zudem verwies er auf die Mobile App «SwissInTouch», mit der man ab November die Community der Auslandschweizer:innen mit den Aussenvertretungen der Schweiz vernetzen möchte.

Zur Sprache kam auch ein Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle, welche die Schweizer Botschaften und Konsulate soeben einer vertieften Prüfung unterzogen hatte. Dabei attestierten die Prüfer:innen dem EDA gute Leistungen, ausser bei der Digitalisierung. «Ja, es stapeln sich Dokumente der Auslandschweizer», sagte Matyassy,  «aber per Saldo ist es ein guter Bericht.»

Der bald abtretende EDA-Vertreter Johannes Matyassy erhielt von der ASO-Spitze – Direktorin Ariane Rustichelli und Präsident Filippo Lombardi – einen Dank. Balz Rigendinger

Verschiedene Delegierte trugen den Wunsch ans EDA, dass Botschaften und Konsulate die 1. August-Feiern unterstützen sollen, wenn möglich auch finanziell.

Insistieren auf ein E-Voting

Das Thema E-Voting provozierte die meisten Voten unter den Delegierten. Es steht seit Jahren zuoberst auf der Agenda der ASO, denn E-Voting ist in den Augen der Fünften Schweiz der einzige Garant für ihre Teilhabe an der heimischen Demokratie. Knapp 800’000 Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland, fast ein Viertel davon will an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen. 

© Auslandschweizer-Organisation / Adrian Moser

«Wir wissen, dass wir mit der Post eine E-Voting Lösung erarbeiten werden», verkündete ASO-Präsident Lombardi, «und wir werden darauf insistieren.» Für die Wahlen 2023 in einem Jahr wird ein solches System aber kaum in brauchbarer Breite verfügbar sein.

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Auch das Schweizer Krankenversicherungswesen führte erneut zu Diskussionen. Auslandbürger:innen müssen mit dem Residenzwechsel ihre Schweizer Grundversicherung aufgeben. Viele haben dann Schwierigkeiten, private Krankenversicherungen abzuschliessen oder beibehalten zu können, erst recht, wenn sich Alter oder Vorerkrankungen bemerkbar machen.

«Wenn man alt und gebrechlich ist, muss man austreten. Das ist eine Ungerechtigkeit», sagte Josef Schnyder, Delegierter aus Thailand. Er wies darauf hin, dass das Gesundheitswesen im Ausland billiger ist, und dass viele – vergleichbar der AHV –, ihr Leben lang ihre Prämien bezahlt hätten und dennoch ausgeschlossen würden.  

Eine mit Schweizer Aussenpolitiker:innen hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion widmete sich abschliessend dem Verhältnis der Schweiz und der EU.

Wir berichten im folgenden Artikel gesondert zu diesem Thema:

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Der Auslandschweizer-Rat

Dem Rat gehören derzeit 129 Mitglieder an, darunter Delegierte der Auslandschweizergemeinden in aller Welt sowie Vertreterinnen und Vertreter von politischen Parteien und Institutionen in der Schweiz.

Der Rat tagt in der Regel zweimal im Jahr. In Lugano nahmen 2022 fast 86 Mitglieder an der eintägigen Sitzung im Vorfeld des jährlichen Auslandschweizer-Kongresses teil.

Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) vertritt die Interessen der rund 788’000 Auslandschweizer. Rund 210’000 davon sind als Stimmberechtigte registriert.

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