Auswandern: Das Geld wird knapp – was nun?
Seit einem halben Jahr lebt Yanick Iseli in Nicaragua. Mit den Umbauarbeiten seines Hauses kommt er gut voran. Aber sein Budget ist schon fast aufgebraucht.
Yanick Iseli kann endlich umziehen. In der Holzhütte, die er vor ein paar Monaten von seinen Nachbarn gekauft hat, hat er ein Zimmer eingebaut, das er nun beziehen will. «So spare ich Miete und Arbeitsweg, und kann mehr Zeit mit dem Umbau verbringen», sagt der 37-jährige Jurassier. Noch ist das Haus nicht fertig, kürzlich hat er alle Wände renoviert, denn das Holz war verfault.
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Um dies in Zukunft zu verhindern, hat der gelernte Schreiner eine kleine Steinmauer angelegt, so dass die Holzwände nicht direkt den Boden berühren und besser vor Niederschlägen geschützt sind. Denn die sind zurzeit ein Dauerthema: In Nicaragua herrscht Regenzeit. «Oft giesst es nachmittags wie aus Kübeln», sagt Iseli. Stören tut ihn der Regen nicht: «Für die Pflanzen ist das wunderbar!»
Serie: Mit Iseli nach Nicaragua
Dieser Beitrag ist Teil einer Serie über das Auswandern. SWI swissinfo.ch begleitet den Schweizer Yanick Iseli auf seinem Abenteuer nach Nicaragua und liefert gleichzeitig Informationen und Tipps rund ums Thema Auswanderung.
Auf seinem Grundstück gedeihen Zucchetti, Kürbisse und Guaven, langsam reifen auch die Bananen und bald kann er die ersten Papayas pflücken. Die Kaffeestauden wachsen ebenfalls gut. «Das ist genial!», freut sich der ehemalige Kaffeeröster. Allerdings brauche eine neue Kaffeepflanze drei bis vier Jahre, bis sie genügend Beeren produziere. «Zwar hat es schon dieses Jahr ein paar Beeren gegeben, aber das hätte nicht einmal für eine Tasse Kaffee gereicht», lacht Iseli. Er ist geduldig.
Der wütende Bach
Etwas mehr Sorgen bereitet ihm seine Brücke: Der ungefähr vier Meter breite Bach, der mitten durch sein Grundstück fliesst, kann Yanick Iseli in der Regenzeit kaum zu Fuss überqueren, noch weniger, wenn er Baumaterial transportieren muss. Schon zwei Drittel der Brücke waren fertig, 16 Meter lang sollte sie werden, «denn wir mussten hoch bauen. Ist der Bach wütend, kann das Wasser bis auf drei Meter ansteigen», erklärt Iseli.
Doch etliche Male sind Teile der Brücke kaputt gegangen und mussten ersetzt werden. Seit dem letzten Gewitter ist die Brücke sogar ganz weg: «Der Bach hat sie mitgerissen», sagt Iseli enttäuscht.
Immerhin ist er mit seinen Sorgen nicht allein und unterhält Unterstützung. Sein Gärtner Xavier hilft ihm, wo er kann, ein Nachbarsjunge kümmert sich um die Hühner und den Hund Xo, den Iseli aus der Schweiz mitgebracht hat, und für die Umbauarbeiten am Haus hat Iseli ein paar Arbeiter auf Mandatsbasis angestellt. «Wir sind ein tolles Team», sagt der Schweizer, der sich in Nicaragua schon ganz heimisch fühlt.
Neuer Freund
Zwar gebe es zwischendurch schon auch Probleme, so wie kürzlich, als auf einmal ein Briefumschlag mit Geld verschwunden war. «Ich habe das Team zusammengetrommelt und ihnen erklärt, dass die Person, die das Geld gestohlen hat, es bis am nächsten Tag zurücklegen muss, denn sonst gäbe es eine Kollektivstrafe und für alle keinen Lohn.» Das Geld kam tatsächlich zurück. Ein etwas mulmiges Gefühl blieb Iseli trotzdem: «Ich muss wohl besser aufpassen, wem ich vertraue.»
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Dafür hat Yanick Iseli einen unerwarteten Freund gewonnen, einen, der ihn auf Tritt und Schritt begleitet: Paquito. Der Katharinasittich, der zur Art der Papageien gehört, kommt überall mit. «Wir gehen zusammen einkaufen und er hat eine Riesenfreude, wenn er im Auto mitfahren kann und setzt sich aufs Lenkrad», sagt Iseli.
Paquito sei ihm quasi zugeflogen: Iseli war bei Freunden zu Besuch, als der Papagei direkt auf seiner Schulter landete. «Es war Liebe auf den ersten Blick!», strahlt Iseli. Seine Freunde fanden dies so niedlich, dass sie ihm den Vogel schenkten. «Mein Hund Xo war am Anfang zwar etwas eifersüchtig, aber jetzt hat er sich daran gewöhnt und lässt Paquito manchmal sogar auf seinem Rücken spazieren.»
Geld verdienen
Dennoch wird Yanick Iseli Paquito und Xo bald verlassen. Ende November fliegt er zurück in die Schweiz. «Mir geht das Geld aus. Mit meiner Arbeit als Webmaster und mit der IV-Rente verdiene ich zwar gut für Alltag, aber nicht genug, um Material zu kaufen und die Arbeiter zu zahlen.» Das Baumaterial sei nämlich mehr oder weniger gleich teuer wie in der Schweiz, und gerade Maschinen wie Akkubohrer oder Stichsägen hatten sein Budget stark belastet.
Sein Plan ist es deshalb, ein paar Monate in der Schweiz zu arbeiten, um seine leere Kasse wieder aufzufüllen. Die Wohnung im Haus seiner Stiefmutter im Jura ist zum Glück noch frei. Dort wird Iseli wohnen können. Auch wenn er Nicaragua nur ungern verlässt. Aber: «Ich freue mich darauf, meine Familie und Freunde zu sehen», sagt Iseli, «und die Kälte zu geniessen, Holz zu hacken und einzufeuern. Auch werde ich wieder malen – wer weiss, vielleicht liegt sogar eine kleine Ausstellung drin.»
Während seiner Abwesenheit wird sich der Gärtner Xavier um die Pflanzen kümmern und der Nachbarsjunge schaut zu Hund Xo und Papagei Paquito. «Meinem Hund möchte ich die lange Reise nicht noch einmal zumuten, er ist mit seinen 12 Jahren schon ein Senior», sagt Iseli.
Doch vor seiner temporären Rückkehr in die Schweiz muss Yanick Iseli noch nach Costa Rica – aus administrativen Gründen. «Mein Touristenvisum konnte ich nur drei Mal erneuern, jetzt läuft es ab. Ausgerechnet einen Monat vor meinem Rückflug in die Schweiz!» Heisst, Iseli muss das Land verlassen und wieder einreisen. «Das ist fertiger Gugus! Aber tja, nicht nur die Schweiz hat mühsame Regeln…»
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