Was macht Bankkonti für Auslandbürger eigentlich so teuer?
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Mehr Aufwand, mehr Organisation, mehr Risiko: Damit begründen Schweizer Banken ihre hohen Kontogebühren für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Aber stimmt das?
«Wie Sie wissen, unterliegen Bankgeschäfte mit Kunden, die ausserhalb der Schweiz leben, immer zahlreicheren reglementarischen und fiskalischen Verpflichtungen.» Das schreibt die Waadtländer Kantonalbank aktuell ihrer Kundschaft, die im Ausland Wohnsitz hat.
Und weiter: Um wenigstens einen Teil dieser zusätzlichen Aufwendungen für Auslandschweizer auffangen zu können, werde die monatliche Kontogebühr von 20 auf 30 Franken erhöht.
Dreifache Gebühr im günstigsten Fall
Auch die Genfer Kantonalbank, punkto Gebührenpolitik Auslandschweizern wohlgesinnt, erhöht ihre Jahresgebühr um 8 Franken, von 108 auf 116 Franken. Mit dieser Gebühr sind die Genfer im Quervergleich immer noch die günstigsten.
Sie verlangen von Auslandschweizern nur das Dreifache dessen, was Bewohnerinnen und Bewohner in der Schweiz bezahlen müssen. Bei der Zürcher Kantonalbank, um ein Extrembeispiel zu nennen, ist es das 31fache.
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Trotz dreifachem Preis: Bei der Auslandschweizer-Organisation ASO gilt die Genfer Kantonalbank BCGE gar als Vorzeige-Institut. Die ASO hat entsprechend eine Partnerschaft mit der Genfer Bank geschlossen.
Dies, weil die BCGE sich bereit erklärt habe, «Auslandschweizern die Eröffnung und Beibehaltung von Bankbeziehungen zu ähnlichen Konditionen wie für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz anzubieten.»
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Die ASO führt übrigens hierExterner Link ein Dossier zu den Kontogebühren für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Die Organisation Soliswiss informiert hier Externer Linkzum Thema.
Mehr Administration
Eine Frage aber bleibt: Ist die Bewirtschaftung von Konti bei Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern wirklich aufwändiger? «Ja», sagt Daniel Pfanner, Direktor der Stadtberner Bank EEK. Für jede Kontoverbindung eines Auslandschweizers mit Wohnsitz in der EU müsse jährlich Meldung an die Eidgenössische Steuerverwaltung erstattet werden. Zudem müsse für die interne wie die externe Aufsicht eine Liste aller Auslandschweizer erstellt werden.
Das klingt nach Aufwand, nach Arbeit, die aber irgendwie noch überschaubar scheint – ein bisschen mehr Administration. Es ist Punkt 1 unter den Kostengründen.
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Mehr Organisation
Weniger konkret beantwortet die Zürcher Kantonalbank ZKB die Frage nach den Kostentreibern. Den erhöhten Aufwand umschreibt sie unter anderem mit «notwendige regulatorische Abklärungen und Produkteanpassungen an internationale Rahmenbedingungen». Zu denken sei etwa an die Steuerunschädlichkeit von Produkten oder Zulassungen in Drittstaaten.
Diese Aussage stützt auch die Schweizerische Bankiervereinigung. «Bei Auslandschweizern müssen die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen des jeweiligen Aufenthaltslandes eingehalten werden, was zu Abklärungs-, Überwachungs- und Dokumentationsaufwand führen kann.» So begründet die Dachorganisation der Schweizer Banken den erhöhten Aufwand.
Das klingt nun also nach mehr: Nicht nur ein einzelner Kunde verursacht Aufwände, die Bank muss sich darüber hinaus für das Auslandsgeschäft umfassend aufstellen. Es ist Punkt 2 der Kostengründe.
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Schweizer:innen im Ausland: Bürger:innen zweiter Klasse?
Die Bankiervereinigung liefert auch eine Erklärung: Für eine inlandorientierte Bank seien Kunden mit Domizil im Ausland generell sehr schwierig zu managen, da viele Länder durch das Domizil eine Bewilligungspflicht im eigenen Land vorsähen.
Dadurch müsste die betroffene Bank alle Länder einem regelmässigen Legal Check durchlaufen und die jeweiligen Auflagen umsetzen – bis hin zu Sitz und Bankbewilligung im entsprechenden Land.
Mehr Risiko
Zudem bestehen, so die Sprecherin der Bankiervereinigung weiter, materielle Risiken im Umgang mit US-Personen. Die amerikanischen Gesetze und die weitreichenden Sanktionsmöglichkeiten brächten einen grossen Aufwand und Risiken mit sich.
Das klingt nun nach viel mehr: Nicht nur die Kundin und die grundsätzliche Aufstellung der Bank für das Auslandgeschäft sind Kostentreiber. Darüber hinaus trage die Bank auch ein Risiko. Sie könnte – wenn irgendwo auf der Welt ein neues Gesetz geschaffen wird – plötzlich für ihre bisherige Praxis gebüsst werden. Das ist Punkt 3 der Kostentreiber.
All diese drei Kostengründe werden je nach Bank und deren Geschäftsmodell offenbar unterschiedlich in die Kontoführungsgebühren eingepreist. Das führt zu den grossen Unterschieden in den Gebühren. Deren Höhe spiegelt also nicht unbedingt die effektiv pro Konto entstandenen Kosten. Die Gebühren sagen letztlich vielmehr aus, wie wenig oder wie sehr eine Bank an Kundenbeziehungen mit Bürgerinnen und Bürgern im Ausland interessiert ist.
Die Sprecherin der Bankiervereinigung geht sogar noch weiter. Sie sagt: «Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Pricing, das die Kunden entrichten.» Mit andern Worten: Was die Banken wirklich leisten, sei im Grunde so teuer, dass sie es der Kundschaft im Ausland gar nicht effektiv weiterverrechnen könnten. Ob diese Aussage für alle Institute gilt, ist schwer zu eruieren. Überprüfen lässt sie sich ohnehin nicht.
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Erreichbarkeit als Problem
Die Migros Bank weist auf Anfrage transparent auf den Mix an Kostentreibern hin. Sie sagt, dass der zusätzliche administrative Aufwand nur einen Aspekt aufzeige, der zu berücksichtigen sei. Weitere Aspekte seien beispielsweise das Geschäftsrisiko mit Kunden im Ausland oder die Erreichbarkeit des Kunden.
Interessant ist ferner, dass die Migros Bank die Nachbarländer im Vergleich zum übrigen Ausland begünstigt. «Es ist ein geschäftspolitischer Entscheid, dass Kunden, die in der Schweiz arbeiten und im nahen Ausland wohnen durch die Migros Bank eher wie Schweizer Kunden behandelt werden sollen, als Kunden, in ihrem Alltag weniger Bezug zur Schweiz haben», heisst es auf Anfrage.
Das mit der Erreichbarkeit kann tatsächlich zum Problem werden: «In der EU wohnhafte Kunden dürften weder angeschrieben noch sonstwie kontaktiert werden», sagt Daniel Pfanner von der Bank EEK.
Das Anschreiben eines Kunden im Ausland würde heissen, dass man ennet der Grenze Bankgeschäften nachgeht. Will man das tun, muss man die MIFID-Richtlinien der EU befolgen, was wiederum mit Unkosten verbunden sei. MIFID steht für «Markets in Financial Instruments Directive».
International tätige Banken kennen dieses Problem laut Bankiervereinigung weniger, da sie ohnehin Sitz und Bankbewilligung weltweit vorweisen können und die landesspezifischen Anforderungen bereits erfüllen müssen. Einen entsprechenden Aufwand haben sie trotzdem.
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«Ich fühle mich von Schweizer Banken schikaniert»
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