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Yvan Arpa: Schweizer Uhrendesigner im Dienst des Samsung-Imperiums

Samsung präsentiert in Basel verschiedene Modelle der Smartwatch Gear S3, welche die traditionellen ästhetischen Kodexe der Uhrenmacherkunst respektiert. swissinfo.ch

Zum ersten Mal in der Geschichte der Baselworld gehört ein globaler Elektronik-Konzern zu den Ausstellern der Messe: Samsung stellt in Basel seine neue Smartwatch vor, die Galaxy Gear S3, entworfen vom Genfer Designer Yvan Arpa. Eine kleine Revolution, die in der diskreten Welt der Schweizer Uhrenindustrie nicht unbeachtet blieb. 

Yvan Arpa ist sicher einer der gefragtesten Männer bei der diesjährigen Ausgabe der BaselworldExterner Link, die noch bis zum 30. März dauert. Am Stand der kleinen unabhängigen Marke ArtyA, die er 2009 gegründet hat, reiht der 53 Jahre alte Genfer ein Treffen und Interview ans andere. Arpa empfängt seine Gesprächspartner entspannt, herzlich und gut gelaunt, was im pompösen, prunkvollen Umfeld der Jahresmesse der Schweizer Uhren- und Schmuckbranche aus dem Rahmen fällt.

Arpa, Tausendsassa und Quereinsteiger, Marketing-Ass und gewandter Kommunikator (siehe Video), weiss genau, dass die meisten Medienschaffenden nicht herkommen, um mit ihm über seine letzten Kreationen zu sprechen, Beispiele hoher Uhrmacherkunst, die durch mutige und avantgardistische Designs beeindrucken. «Ach so, Sie kamen, um mit mir über meine Zusammenarbeit mit Samsung zu sprechen», gibt er sich scheinbar erstaunt, bevor er in Lachen ausbricht.

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Der etwas andere Uhrendesigner

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Einer der kühnsten Designer an der Uhrenmesse Baselworld ist der Genfer Yvan Arpa.

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Seit drei Jahren arbeitet Arpa, neben dem Einsatz für seine eigene Marke, für den südkoreanischen Elektronik-Riesen Samsung, den weltweit grössten Verkäufer von Smartphones. Der Konzern stellte Arpa für das Design seiner neuen Galaxy Gear S3 an: Die siebte Generation der intelligenten Uhren von Samsung wurde letzten September in Berlin zum ersten Mal vorgestellt.

«Es ist die erste in Massen produzierte Smartwatch, welche die Kodexe der Uhrmacherkunst respektiert, und zwar in der Wahl der Materialien, der Fertigstellung und der Oberflächenveredelung. Bisher hatten die intelligenten Uhren einen sehr kurzen Lebenszyklus und waren vor allem für Liebhaber neuer Technologien gedacht. Diese Uhr hingegen ist für ein viel breiteres Publikum gedacht und wird in zehn Jahren nicht lächerlich erscheinen», erklärt Arpa.

Den Bock zum Gärtner machen?

Es geht um eine wirkliche Wende in der Welt der smarten Uhren, die bisher, wie die Apple-Uhr, vor allem Erweiterungen von Smartphones ähnelten, die am Handgelenk getragen wurden. Samsungs Wette ging auf: Erstmals hat ein Konzern aus der Elektronikbranche einen Auftritt an der Baselworld – der weltweit grössten Messe der Uhrenbranche –, die in diesem Jahr ihr 100-Jahr-Jubiläum feiert.

Yvan Arpa wird manchmal auch der «Hooligan der Uhrenindustrie» genannt. swissinfo.ch

Gewisse besorgte Gemüter zögern nicht, sogleich eine Parallele zum Trauma von 1986 zu ziehen, als die japanischen Uhrmacher – mitten in der Quarz-Krise – in Basel auftauchten. Wie damals befindet sich die Schweizer Uhrenindustrie in einer schwierigen Phase, die von zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit einem deutlichen Rückgang bei den Exporten geprägt ist.

Gingen die Organisatoren von Baselworld das Risiko ein, den Bock zum Gärtner zu machen? «Samsungs Umsatz ist acht Mal so hoch wie jener der gesamten Schweizer Uhrenindustrie. Die Schlagkraft des Konzerns ist wirklich phänomenal. Der Krieg um die Eroberung des Handgelenks wird bestimmt die ganze Uhrenindustrie erschüttern», unterstreicht Arpa.

Kreativität vor Kommerz

Der Genfer Designer gibt sich aber gelassen. Er findet, dass die Schweizer Uhrmacher mit Smartwatches kämpfen müssten und nicht dagegen. «Die intelligenten Uhren sind ein neuer Teil des Kuchens: Viele junge Leute werden sich dank diesen Geräten daran gewöhnen, etwas am Handgelenk zu tragen. Und daher werden sie vielleicht eher geneigt sein, später in ihrem Leben auch mal eine traditionelle Uhr zu kaufen.» Umso mehr, als, wie es das Beispiel der jüngsten Samsung-Kreation zeigt, der Hinweis «Swiss made», zumindest was das Image angeht, in der Phase der Institutionalisierung der Smartwatch eine zentrale Rolle zu spielen scheint.

An die Adresse jener, die ihm vorwerfen, einen Pakt mit dem Teufel eingegangen zu sein und die Kodexe der Schweizer Uhrenindustrie an die Südkoreaner verkauft zu haben, sagt Arpa, das Aufkommen der Smartwatch sei die Gelegenheit für eine notwendige und tief reichende Auseinandersetzung innerhalb der Branche, die heute von den grossen Luxusuhren-Gruppen beherrscht werde.

«In den vergangenen Jahren übernahmen Financiers in der Uhrenindustrie die Macht, mit einem einzigen Ziel, der Profitmaximierung. Die schöpferische Gestaltung muss gegenüber solch rein kommerziellen Erwägungen aber wieder Vorrang erhalten. Es wird immer Platz geben für Leute, die sich die Mühe machen, neue Mittel und Wege zu finden, die Uhr attraktiv zu machen, egal ob es um eine intelligente Uhr gehen wird oder nicht», meint Arpa. 

Smartwatches «Swiss made»

Die Smartwatch, auch als intelligente Uhr bezeichnet, trifft bei Uhrmachern in der Schweiz immer mehr auf Interesse. Nur einige Luxusmarken – Rolex, Patek Philippe, Cartier, Omega oder Longines – halten sich von diesem Segment bisher ganz fern.

Tag Heuer, Victorinox, Movado oder Mondaine sind bereits in diese Lücke gesprungen. Und der weltweit grösste Uhrenkonzern, die Swatch Group, gab jüngst bekannt, in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik in Neuenburg (CSEM) ein «Swiss made»-System für smarte Uhren und andere vernetzte Geräte zu entwickeln.

(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)

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