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Besser als befürchtet, aber unsichere Perspektiven

Vielleicht stehen 2010 bessere Zeiten an. Keystone

Wirtschaftlich gesehen schaut die Schweiz auf 12 Monate abbröckelnde Wertschöpfung zurück. Dennoch scheint sich das Rad wieder zu drehen, und für 2010 sind bessere Perspektiven denkbar.

Das vergangene Wirtschaftsjahr war zwar besser als befürchtet, brachte aber dennoch viele Enttäuschungen und Ernüchterungen. Wirtschaftsprognostiker glauben, dass die Arbeitslosigkeit nächstes Jahr zunehmen wird und der Finanzsektor weiterhin von Unsicherheiten geprägt sein wird.

Die strukturelle Stärke, welche die Schweizer Wirtschaft 2009 vom Schlimmsten bewahrt hat, soll nun auch bei der Belebung helfen.

Das Bruttoinlandprodukt (BIP, Wertschöpfung) ist 2009 laut der Regierung um 1,6% zurückgegangen, da die grossen Banken die Folgen ihrer Fehlentscheide spürten und die Exportindustrie im Ausland nur noch wenig Nachfrage ausmachen konnte.

Laut Swissmem, dem Dachverband der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, gingen die Ausfuhren im ersten Halbjahr 2009 um 23% zurück, verglichen mit dem Vorjahr. Auch die Aufträge seien um ein Drittel zurückgegangen. Deshalb soll laut den Prognostikern die Arbeitslosigkeit 2010 auf ein Hoch von 5% steigen.

Grosse Produktions-Unternehmen wie Sulzer oder Georg Fischer sind davon besonders betroffen, während der Technologie-Konzern Oerlikon seinen Gläubigern im Dezember gar einen Restrukturierungsplan vorlegen musste.

Profitable Pharma

Praktisch der einzige Wirtschaftssektor, der sich 2009 über Wasser halten konnte, ist die Pharma-Industrie. Roche profitierte vom Verkauf des Grippe-Medikaments Tamiflu, das auch gegen die Schweinegrippe eingesetzt wird.

Die Schweizer Grossbank UBS stöhnt weiterhin unter den Folgen des Subprime-Debakels und der Verurteilungen in den USA wegen Steuerumgehungen und aufgeweichtem Bankgeheimnis.

Im November gab die UBS erneut einen Quartalsverlust von über einer halben Mrd. Franken an. Mit der UBS bereitet sich die gesamte Schweizer Vermögensverwaltungs-Branche auf ein regulatorisch hartes Durchgreifen über die internationalen Standards hinaus vor, um ihre Risiken in den Griff zu kriegen.

Möglich ist auch ein Verlust eines Teils der Europäischen und der US-Vermögenswerte, da zahlreiche Länder Steuerumgehungen einen Riegel schieben. Damit wollen sie vermeiden, dass Gelder in die Schweiz gebracht werden.

Doch gibt es auch Optimisten innerhalb dieses allgemein doch deprimierenden Bildes. Die Finanzkrise scheint einem Ende entgegen zu steuern, und die Schweiz dürfte sich verglichen mit anderen Ländern etwas stabiler verhalten haben.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wurde für ihre Tiefzinspolitik gelobt, bei gleichzeitig einigermassen stabilem Wechselkurs. Ziemlich stabil ist auch die Stimmung der Konsumenten geblieben, was die Inlandnachfrage fördert. Auch der Immobilienmarkt blieb resistent gegenüber dem zyklischen Auf und Ab, das anderen Ländern derart zusetzte.

Nur die UBS brauchte Unterstützung von Staat. Und während die SNB immer noch auf einigen Milliarden von vorläufig noch toxischem Vermögen sitzt, konnte der Staatshaushalt doch immerhin sein Engagement wieder mit Profit einlösen.

Verschuldung verhält sich in Grenzen

Als Ganzes brauchte die Schweizer Wirtschaft 2009 ebenfalls relativ wenig staatliche Konjunkturspritzen, verglichen mit den Programmen im Ausland. Als Folge davon hält sich die staatliche Verschuldung in der Schweiz in Grenzen.

Der Bund spricht von jährlichen Einsparungen in der Höhe von 1,5 Mrd. Franken, was den Staatshaushalt ebenfalls entlasten sollte.

Doch der Job des Wirtschaftsprognostikers hat sich als äusserst heikel erwiesen, bei all den Schwierigkeiten der vergangenen zwei Jahre: Ökonomen der Bundesverwaltung hatten für 2009 ein BSP-Schrumpfen in der Höhe von 1,6% vorausgesagt. Die ETH-Konjunkturforschungsstelle KOF hingegen befand im September ein Minus von 3,4% realistischer – und musste im Dezember diese Ziffer auf minus 2,9% anpassen.

Einige Ökonomen misstrauen diesen stimulierenden Paketen, was die Schweizer Exportindustrie betrifft: Ihr Effekt könnte im Verlauf des Jahres 2010 austrocknen, befürchten sie. Das könnte dann innert zwölf Monaten zu einem Rückgang der Volumen im zweistelligen Bereich führen.

Während eines Besuchs in Zürich hat der weltbekannte Investor und Autor Nicholas Taleb vor der laufenden Situation in der Weltwirtschaft gewarnt. Taleb ist einer der wenigen, der offen einen Finanz-Crash voraussagt.

Er sieht eine Hyperinflations-Runde kommen und warnt, dass einige Länder bald dem Beispiel Dubais mit seiner Verschuldungs-Krise folgen könnten.

Er spricht vielen Schweizer Ökonomen aus dem Herzen, wenn er sagt, die Schweiz stehe auf besonders unsicheren Beinen, was den gegenwärtigen Zustand der Weltwirtschaft betrifft. Zwar habe das Land zu Hause seine Finanzen besser als viele andere Staaten im Griff. Andererseits könne es sich eher als andere stark erkälten, wenn jemand auf der anderen Seite der Welt niesse.

Matthew Allen, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ist die Schweizer Wirtschaft 2009 um 1,6% geschrumpft.

2010 soll sie um 0,7% wachsen, 2011 um 2%.

Die Konjunkturforschungs-Stelle KOF geht davon aus, dass das BSP 2009 um 2,9% gefallen ist und 2010 mit 0,6% wieder leicht steigen dürfte (2011: 2%).

UBS: 2009 ein Minus von 1,5%, 2010 ein Plus von 1,7%, 2011 plus 2,1%.

Das BAK in Basel hat seine Prognosen ebenfalls angepasst: Für 2009 wird ein BSP-Minus von 1,7% geschätzt, für 2010 ein Plus von 0,7%.

Doch stimmen alle Ökonomen überein, dass die Arbeitslosigkeit 2010 oder Anfangs 2011 ein Hoch von rund 5% erreichen wird.

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