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Bitcoin-Technologie befeuert Schweizer Start-Up-Szene

Der Bitcoin ist die bisher bekannteste so genannte Kryptowährung. Transaktionen werden mit Verschlüsselungstechnik getätigt. Keystone

Der Bitcoin leidet zwar unter akuter Volatilität. Aber die Schweiz ist ein fruchtbarer Boden für junge Firmen, die auf Cryptocurrency setzen, also digitale Währung. Und das aktuelle Frankenhoch ist zusätzlicher Dünger.

«Wie ich es euch vorausgesagt habe!»: Dies der Tenor der Bitcoin-Gemeinde, nachdem Mitte Januar der Frankenkurs nach oben geschossen war, weil die Schweizerische Nationalbank den Euro-Franken-Mindestkurs aufgegeben hatte.

Die Medien hatten den Bitcoin schon zu Grabe getragen, denn nach dem Hoch von November 2013 stürzte er um 400% ab. Thema waren nur noch diverse Skandale um Sicherheits-Lecks. Doch die Bitcoin Community sieht im SNB-Entscheid den Beweis, dass ihr dezentrales Geldsystem die Zukunft verkörpert.

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Johann Gevers ist gebürtiger Südafrikaner und führt in der Schweiz das Startup-Unternehmen Monetas. Er war «sehr glücklich» über den SNB-Entscheid. Diesen hielt er für nicht nachhaltig. Und er habe die Schwäche gezeigt, dass in der Zentralbank nur ganz wenige Personen entscheiden würden. Dies, so Gevers, würde seiner Philosophie völlig zuwiderlaufen, wonach die Bürger die Kontrolle über ihr finanzielles Leben haben müssten. 

Kryptowährung – Schlüsselbegriffe

Bitcoin: gängigste Kryptowährung, wie digitale Währung genannt wird. 2008 durch eine Person mit Pseudonym Santoshi Nakamoto erfunden. Heute als Zahlungsmittel akzeptiert von Hunderten von Online-Händlern, darunter Amazon und Virgin.

Kryptowährung: Form des Geldes, dessen Schaffung und Verwaltung mit Verschlüsselungstechnik sichergestellt wird.

Blockchain: Das öffentliche, digitale Verzeichnis, in dem sämtliche Transaktionen mit Bitcoins aufgezeichnet sind.

Monetas ist ein Zahlungssystem, mit dem Geld in jeder Währung und Waren an eine Person überall auf der Welt geschickt werden kann – mit einer App, ohne dass eine zentrale Behörde die Transaktion kontrolliert. Die Technologie basiert auf jener der Bitcoin-Überweisungen. Gevers Ziel ist die «Demokratisierung des Finanzsystems» über Grenzen und Währungen hinweg.

Krypto-Hochburg Zug

Den Kanton Zug, in dem Monetas angesiedelt ist, will der Südafrikaner zu einer Hochburg der alternativen, dezentralisierten Digitalwährung -zu einem «Crypto Valley» – machen. Zu diesem gehört bereits die Firma Ethereum, die eine eigene Cryptocurrency ausgibt, den «Ether» («Äther»). Im Angebot ist ferner eine Plattform für System-Entwickler. Ein weiteres Startup, Bitcoin Suisse, bietet Automaten für Bitcoins an.

«Die Vereinigung für gute Geschäftsführung im digitalen Finanzbereich, die ich letztes Jahr gegründet habe, zählt heute rund 15 Unternehmen. Ziel ist die Schaffung einer gesetzlichen Basis, welche digitale Währungen fördert», so Gevers.

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Im westschweizerischen Neuenburg baut Adrien Treccani an der Bitcoin Factory. Sie zählt drei Firmen, die alle im Bereich Bitcoin tätig sind. Der Doktorand in Finanzmathematik am Swiss Finance Institute Zürich tanzt auf zwei Hochzeiten: Er ist Teil der hochriskanten Startup-Kultur rund um die  Cryptocurrency und des traditionellen Schweizer Finanzsektors. Als die SNB das Ende des Euro-Mindestkurses verkündete, war Treccani überzeugt, dass dies eine gute Entscheidung gewesen war. Aber er bemerkte, dass die Reaktionen sehr verschieden waren, je nach Umgebung.

«Ich befürwortete die Aufhebung, wie viele Leute aus der Bitcoin Community. Aber im Finanzsektor sah ich kaum Zustimmung», sagt der Neuenburger.

Keine Berührungsängste hat auch Gevers: Er möchte direkt mit Zentralbanken zusammenarbeiten, «damit sie sehen, dass ihr bisheriger Kurs nicht nachhaltig und sogar sehr gefährlich für das soziale Gefüge der Gesellschaft ist». Er möchte den Notenbanken sein Monetas-System samt Technologie der Cryptocurrency schmackhaft machen, um eine nachhaltigere Währung herauszugeben.

«Wunschdenken», sagt Robert Vogler dazu, der frühere Chefhistoriker der Grossbank UBS. Die SNB hat sich gar nicht erst geäussert zu Gevers› Plänen. Finanzkrisen hätten in der Geschichte schon ähnliche Bewegungen wie Cryptocurrency hervorgebracht, so Vogler. Ein Beispiel dafür sei das WIR-Geld («Wirtschaftsring»), das aus Zeiten der Krise in den 1930er-Jahren stammt und heute als elektronische Währung fungiert.

Wie viele Cryptocurrency-Skeptiker verweist Vogler auf die Volatilität des Bitcoin als Haupthindernis für einen Erfolg.

«Schaut man auf die im Vergleich zum Dollar oder Franken riesige Volatilität, halte ich das Ganze für Wunschdenken. Die Idee ist bewundernswert, aber irgendwie nicht zielführend.»

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Haupthypothek des Bitcoin sei die fehlende Unterstützung oder gar Garantie durch Regierungen, sagt Zvi Bodie, Professor für Finanzmanagement an der Universität Boston.

«Ausserhalb der Gruppe digitaler Experten, die an der Etablierung des Bitcoins arbeiten, scheint diesem niemand einen Wert zuzuschreiben», konstatiert Bodie.

Währung vs. Konzept

Niemand verneine die Volatilität des Bitcoins oder die damit verbundenen Hochrisiko-Investitionen, sagt Treccani. Volatilität sieht er als eines von drei grossen Handicaps neben seiner eingeschränkten Zugänglichkeit und dem Sicherheitsaspekt.

Verglichen mit anderen Zahlmethoden wie Kreditkarten ist der Bitcoin immer noch ein Nischenprodukt. Laut der britischen Zeitung Financial Times kommt der Bitcoin auf rund 100’000 Transaktionen pro Tag, Visa dagegen auf rund 150 Millionen.

Doch Cryptocurrency und das damit verbundene System sind laut dem Neuenburger zwei verschiedene Paar Schuhe. «Trennt man beides, sieht man den wahren Wert in der Innovation, die dem System zu Grunde liegt.»

Es ist diese Innovationskraft, die das Crypto Valley und die Bitcoin Factory vorwärtsbringen sollen. Treccani sieht mehr und mehr seiner Kollegen aus der angestammten Finanzwelt zur neuen Technologie «überlaufen».

«Sie wissen vielleicht noch nicht, wieso diese nützlicher als das herkömmliche Währungssystem sein soll. Aber sie merken, dass der Bitcoin ein glaubwürdiger nächster Schritt im Bereich Finanzinnovationen ist.» Den grössten Hinweis darauf sieht Treccani in der 75-Mio.-Dollar- Investition der New Yorker Börse (NYSE) und weiterer Beteiligter in die Coinbase, die führende Plattform für den Handel und die Speicherung von Bitcoins.

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Grosses Potenzial

Gevers und Treccani sind Vorreiter, die den Aufbau eines Schweizer Sektors für Cryptocurrency-Startups vorantreiben wollen. Ihr Fazit: Die Schweiz ist für junge Firmen ein attraktiver Standort, an dem die Pluspunkte überwiegen.

Einer dieser Pluspunkte: Schweizer Regierung und Nationalbank haben im letzten Jahr einen Bericht Externer Linkvorgelegt. Darin sind nicht nur Bestimmungen zur Regulierung des Geschäfts mit Bitcoins enthalten, sondern auch die Definition als Währung, die jedem anderen Zahlungsmittel gleichgestellt ist.

Resultat sei ein klar reguliertes Umfeld für Cryptocurrency in der Schweiz, betont Treccani. In den Nachbarländern und den USA dagegen herrsche noch eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit der neuen Währung.

(Übertragung aus dem Englischen: Renat Kuenzi)

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