Zwölf Jahre sind genug: Alain Berset tritt nicht mehr zu den Erneuerungswahlen an.
Keystone / Anthony Anex
Die Gerüchte bestanden schon lange, nun ist es definitiv: Der Innenminister Alain Berset tritt nach zwölf Jahren in der Regierung auf Ende Jahr zurück.
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Wo steht die Schweiz? Wohin steuert sie? Aktuelle Bestandesaufnahmen und künftige Entwicklungen stehen bei mir im Fokus.
Nach drei regulären Legislaturen sei der richtige Zeitpunkt gekommen, sich aus dem Bundesrat zurückzuziehen, sagte Alain Berset am Mittwoch an einer Pressekonferenz. Der Schritt kommt einigermassen überraschend, obwohl entsprechende Gerüchte in Bundesbern seit einiger Zeit zirkulierten.
Der französischsprachige Sozialdemokrat aus dem Kanton Freiburg ist seit 2012 Mitglied der Landesregierung, stets im Departement des Inneren. Obwohl er mittlerweile das dienstälteste Bundesratsmitglied ist, ist er mit seinen 51 Jahren auch gleichzeitig das an Lebensjahren jüngste.
Auf seine Person versammelte sich eine weitere Eigenheit: Gemäss Umfragen gehörte er regelmässig zu den beliebtesten Magistraten, er erfuhr aber gleichzeitig massive Anfeindungen von rechts, insbesondere im Zuge der Pandemie.
In Gesprächen mit den Medien erwähnte Berset immer wieder, dass die Angriffe von Massnahmengegner:innen ihm und seiner Familie zusetzten, zeitweise benötigte er Polizeischutz.
Lesen Sie hier unser Interview mit Alain Berset über die Drohungen gegen ihn:
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Im Interview blickt der neue Bundespräsident auf die Pandemie zurück und spricht über die instabilen Zeiten, die wir derzeit durchleben.
An der Pressekonferenz verwies er denn auch auf die kürzlich gewonnene Covid-Abstimmung. Zum dritten Mal waren die Schweizer:innen aufgefordert, an der Urne über die Politik der Regierung während der Pandemie zu urteilen.
Und zum dritten Mal unterstützte das Stimmvolk diesen Kurs. Damit sei für ihn die Bewältigung der Pandemie abgeschlossen, sagte Berset, der Zeitpunkt für seinen Rücktritt sei ideal.
In diesem Video erklärt Alain Berset an der Pressekonferenz seinen Rücktritt:
Auch mehrere Skandale führten dazu, dass Berset zur kontroversen Figur wurde. Eine aussereheliche Beziehung, ein enger Vertrauter als Verdächtiger in einem möglicherweise strafrechtlich relevanten Medienskandal, eine erzwungene Landung bei einem Privatflug in Frankreich: Im Gegensatz zu anderen Bundesrät:innen sorgte auch sein Verhalten für Schlagzeilen – und nicht immer liessen sich dabei das Handeln als Bundesrat und das Privatleben trennen.
Letztlich blieb aber wenig an ihm hängen: Kein Skandal vermochte ihn aus dem Amt treiben, da konnten sich seine Gegner:innen noch so viel Mühe geben. Danach gefragt, ob die Skandale einen Einfluss auf seinen Entscheid hatten, gab er an der Medienkonferenz in üblich selbstbewusster Manier zu Antwort: «Wenn Sie glauben, dass mich das je beeindruckt hat, liegen Sie falsch.»
Bewundert, verhasst – und politisch ein Senkrechtstarter. Unser Porträt von letztem Sommer:
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Die Schweiz hat ihren Sommerskandal. Es geht – schon wieder – um Bundesrat Alain Berset.
Ausblick auf die Gesamterneuerungswahlen ohne Berset
Im Oktober stehen nationale Parlamentswahlen, in deren Nachgang der Bundesrat jeweils bestätigt wird oder neue Mitglieder gewählt werden. Diese Gesamterneuerungswahlen könnten nun – je nach Wahlresultaten – spannend ausfallen.
Die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung entspricht der sogenannten Zauberformel: Die drei Parteien mit der grössten Parteistärke erhalten zwei, die mit der viertgrössten einen Sitz. Abgesehen von der rechtskonservativen SVP auf Rang 1, die eine stabile Wählerbasis aufweist, haben sich die anderen grossen Parteien (SP, FDP, CVP, Grüne, GLP) über die Jahre stimmenmässig angenähert, was sich im Herbst auch auf die Zusammensetzung im Bundesrat auswirken könnte.
Jeder Rücktritt aus dem Bundesrat setzt zudem eine Suche nach der Nachfolge in Gang. Bei dieser Selektion werden sprachliche und regionale Ausgewogenheit, sowie das Geschlecht besonders berücksichtigt. Aufgrund der momentanen Zusammensetzung gilt es als ziemlich sicher, dass auf Alain Berset im Bundesrat ein Mann aus der Deutschschweiz folgt.
Bern, New York, Cox’s Bazar – ausgewählte Augenblicke von der Arbeit eines Bundesrats:
Bundespraesident Alain Berset, Mitte, auf dem Weg zur Medienkonferenz, an der er seinen Ruecktritt erklaeren wird, am Mittwoch, 21. Juni 2023, in Bern. (KEYSTONE /Marcel Bieri)
Marcel Bieri/Keystone
Ein Passant macht ein Selfie mit Bundespraesident Alain Berset auf dem Weg zu einer Medienkonferenz bei der Alain Berset seinen Ruecktritt aus dem Bundesrat erklaert, am Mittwoch, 21. Juni 2023 in Bern.
Peter Klaunzer/Keystone
Bundesrat Alain Berset, Porträt und Interview anlässlich seines Präsidialjahres 2023. Interview im Sitzungszimmer des EDI.
Thomas Kern/swissinfo.ch
Bundespräsident Alain Berset und US-Präsident Donald J. Trump diskutieren während eines bilateralen Treffens neben Bundesrat Johann Schneider-Ammann, rechts, und US-Botschafter Edward Thomas McMullen, links, während des 48. Jahrestreffens des Weltwirtschaftsforums in Davos, am Freitag, 26. Januar 2018.
Peter Klaunzer/Keystone
Bundesrat Alain Berset gibt ein Autogramm auf einer Schweizer Flagge auf dem Rücken eines Kindes während eines Aperitifs mit der Bevölkerung der Gemeinde Le Chenit. Beim Bundesratsausflug am 1. Juli 2021 im Centre Sportif de la Vallee de Joux in Le Sentier, Waadt.
Laurent Gillieron/Keystone
Bundespräsident Alain Berset in einer Carbfix-Kuppel (die CO2 unterirdisch in Stein verwandelt) während eines Besuchs des von der ETH Zürich geleiteten Pilotprojekts DemoUpCARMA, bei dem CO2 aus einer Schweizer Kläranlage nach Island transportiert und in einem geologischen Reservoir in der Nähe des Kraftwerks Hellisheidi in der Nähe von Reykjavik dauerhaft gespeichert wird, am Dienstag, 16. Mai 2023.
Anthony Anex/Keystone
Bundespräsident Alain Berset ist umgeben von Kindern während eines Besuchs im Rohingya-Flüchtlingslager Kutupalong in Cox’s Bazar, Bangladesch, während eines viertägigen offiziellen Besuchs in Bangladesch, 6. Februar 2018.
Peter Klaunzer/Keystone
Bundespraesident Alain Berset waehrend einem Rundgang durch die Ausstellung «Svizzera 240: House Tour» im Schweizer Pavillon, waehrend der 16. Internationalen Architekturausstellung «La Biennale di Venezia», am Freitag, 25. Mai 2018, in Venedig, Italien.
Peter Klaunzer/Keystone
Porträts von Bundespräsident Alain Berset und Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina in Dhaka, während Bersets viertägigem Staatsbesuch in Bangladesch, 4. Februar 2018.
Peter Klaunzer/Keystone
Bundesrat Alain Berset waehrend der Bundesratsreise am zweiten Tag in Mendrisio, am Freitag, 1. Juli 2022.
Keystone
Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset macht sich während einer kurzen Pause zwischen bilateralen Treffen Notizen während der 73. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York, USA, 26. September 2018.
Peter Klaunzer/Keystone
Bundesrat Alain Berset zieht seine Maske an am Ende einer Medienkonferenz ueber die neusten Entscheide des Bundesrates zur Coronavirus-Pandemie, am Mittwoch, 25. August 2021, in Bern.
Anthony Anex/Keystone
Bundespraesident Alain Berset macht ein Selfie mit der Musikkapelle, waehrend der Bundesfeier auf dem Ruetli, am Mittwoch, 1. August 2018
Peter Klaunzer/Keystone
Bundesrat Alain Berset auf dem Weg zu einer Medienkonferenz des Bundesrates zu den Resultaten der eidgenoessischen Abstimmungen, am Sonntag, 15. Mai 2022 in Bern.
Peter Klaunzer/Keystone
Bundesrat Alain Berset gibt ein Interview, waehrend der Bundesratsreise bei der Abegg Stiftung in Riggisberg, am Freitag, 3. Juli 2020.
Peter Klaunzer/Keystone
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