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Burkinischer Industrieller fordert von Schweiz 30 Millionen Franken

Inoussa Kanazoé besitzt die Cimenterie du Faso (Cimfaso), eine Partnerin des Schweizer Multis Holcim. CIMFASO

Dreissig Millionen Euro an Handelsverlusten hat der burkinische Geschäftsmann Inoussa Kanazoé nach eigenen Angaben auf einem seiner Schweizer Konten erlitten. Dies, nachdem die Genfer Staatsanwaltschaft eine zweieinhalbjährige Sperrung angeordnet hatte. Eine Entschädigungsforderung wurde klar abgewiesen.

Als enger MitarbeiterExterner Link von François Compaoré, dem Bruder des ehemaligen Präsidenten von Burkina Faso, Blaise Compaoré, machte Inoussa Kanazoé sein Vermögen mit dem Import und Export von Lebensmitteln, Öl und Zement. Ihm gehört die Cimenterie du Faso (Cimfaso), die über ihre Tochtergesellschaft Socimat eine Partnerin des Schweizer Zementkonzerns HolcimExterner Link ist.

Laut Jeune AfriqueExterner Link ist diese Erfolgsgeschichte nicht ohne «Grauzonen»: «Gemäss geleakten Informationen liegt der Ursprung dieses schillernden Erfolgs im Norden der Elfenbeinküste, wo er der Hauptlieferant von Konsumgütern für die Rebellen war», so die Wochenzeitung.

Sicher ist, dass sich im April 2017 der Himmel über dem Unternehmer verdunkelt hat. Nach Ermittlungen, die von einem seiner Ex-Partner beantragt worden waren, wurde Kanazoé in Burkina Faso verhaftet und in Präventivhaft genommen.

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Dies geht aus einem Urteil der Genfer Strafberufungskammer vom 6. Mai 2021 hervor. Die Behörden in Ouagadougou verdächtigten ihn der «Fälschung und Verwendung von gefälschten Dokumenten im geschäftlichen Verkehr, des Steuerbetrugs, schwerer Untreue und Geldwäscherei».

Im Mittelpunkt der Angelegenheit stand die in Genf ansässige Firma Mixta Négoce, die Kanazoé angeblich dazu benutzte, Cimfaso überhöhte PreiseExterner Link für die Rohstoffe zu berechnen, die zur Zementherstellung benötigt werden.

Ein Jahr später endete dieses Strafverfahren mit einer Einstellung. Laut der investigativen Zeitung Courrier Confidentiel wurde diese jedoch im Februar 2019 aufgrund «ausreichender Anklagepunkte wegen Mittäterschaft bei Geldwäscherei und Mittäterschaft bei der Fälschung von Geschäftspapieren» aufgehoben, und Kanazoé wurde an das Berufungsgericht in Ouagadougou verwiesen.

Von Gotham City kontaktiert, beantwortete sein dortiger Anwalt, Salifou Dembélé, unsere Fragen nach dem Stand des Verfahrens nicht.

Angeklagt wegen Geldwäscherei und Betrug

Im Rahmen dieser Vorwürfe zeigte auch die Schweiz Interesse an dem Geschäftsmann. Im Sommer 2017 alarmierte die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) die Genfer Staatsanwaltschaft über Konten von Kanazoé bei drei Bankinstituten.

Auf deren Konten befanden sich zu diesem Zeitpunkt fast 33 Millionen Franken. Es konnte daher nicht ausgeschlossen werden, dass «alle oder ein Teil der Gelder, die auf die bezeichneten Konten eingezahlt wurden oder diese durchliefen, aus diesen überhöhten Rechnungen stammen».

Die Staatsanwaltschaft fror die verdächtigen Konten ein und stellte Kanazoé unter Ermittlungsverfahren wegen «Geldwäscherei und Betrug und sogar Bestechung ausländischer Beamter». Diese strafrechtlichen Ermittlungen wurden später ausgeweitet auf einen seiner früheren Mitarbeiter sowie auf eine seiner Firmen, die im Kraftstoffhandel tätig war.

Die Staatsanwaltschaft verdächtigte die beiden Männer, zwischen 2012 und 2016 Verträge mit zwei staatlichen Unternehmen in Burkina Faso und Nigeria abgeschlossen zu haben, «indem sie diese geschickt über die gelieferten Mengen und/oder die in Rechnung gestellten/gezahlten Preise täuschten». Die Männer hätten so einen illegalen Gewinn erzielt, der auf ein Schweizer Konto überwiesen wurde. Die Staatsanwaltschaft fügte hinzu, dass «sie möglicherweise einige Mitarbeitende dieser staatlichen Einrichtungen korrumpiert haben, um ihre Ziele zu erreichen».

Rechtshilfe mit Burkina Faso «sehr schwierig»

Diese Genfer Untersuchung verlief jedoch ohne Ergebnis. Der Fall wurde im November 2020 abgeschlossen, wie die Genfer Staatsanwaltschaft gegenüber Gotham City bestätigte.

In einem Urteil der Genfer Berufungskammer für Strafsachen vom 4. Dezember 2019 heisst es, dass trotz «einer undurchsichtigen Situation, die bestimmte Bewegungen in der betreffenden Bankbeziehung möglicherweise verdächtig macht, (…) nichts in den Akten darauf hindeutet, dass ein Teil des Geldes, das (…) zum (in)direkten Nutzen des Berufungsklägers abgebucht wurde, aus einer geschickten Täuschung stammen könnte (…), die durch mögliche korrupte Handlungen ermöglicht wurde».

Vor allem hat die Cimenterie du Faso – eine potenziell geschädigte Partei – keine Beschwerde eingereicht, und «es scheint, dass in Burkina Faso und Niger keine Verfahren im Zusammenhang mit den oben genannten Vorwürfen eingeleitet wurden». Ausserdem wird die Rechtshilfe mit Burkina Faso vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement als «sehr schwierig» beschrieben.

Doch für Kanazoé ist die Geschichte damit noch nicht zu Ende. Der Geschäftsmann glaubt, dass er durch die zweieinhalb Jahre andauernde Einfrierung seiner Schweizer Konten «erheblichen wirtschaftlichen und kommerziellen Schaden» erlitten hat.

Besonders eines dieser Konten, das dem Devisenhandel gewidmet war und den Grossteil seines Schweizer Vermögens beherbergte, sei durch die Auflösung der Positionen durch die Bank um saftige Gewinne in Höhe von einer Million Euro pro Monat gebracht worden.

Entschädigungsantrag abgelehnt

Die Genfer Staatsanwaltschaft lehnte seinen Antrag rundweg ab und erklärte, dass «der kausale Zusammenhang zwischen dem Strafverfahren und den angeblichen Verlusten nicht hergestellt wurde».

Kanazoé hatte bei seiner Berufung vor dem Genfer Gerichtshof nicht mehr Glück. Am 6. Mai 2021 teilte ihm die Strafberufungskammer mit, dass er «riskante Positionen auf dem Devisenmarkt in Höhe von 400 Millionen Dollar bei einer Kreditlinie von 40 Millionen Dollar eingegangen ist und drei Jahre lang variable Gewinne erzielt hat, während die Gelder, die er ursprünglich auf das besagte Konto überwiesen hat, 20,5 Millionen Euro betrugen und ihr Wert zum Zeitpunkt der Beschlagnahme 27,3 Millionen Franken betrug».

«Die Beschlagnahme eines Betrags, selbst eines hohen, ist nicht geeignet, hochspekulative Gewinne zu erzielen, die mit Margen erzielt werden, deren Abruf ungewiss bleibt. Und der Rechtsmittelführer kann sich nicht auf die von ihm angestrebten Gutachten berufen, um die Zahlung eines durchschnittlichen Gewinns über mehrere Monate zu fordern. Denn es ist unstreitig, dass die Börsentätigkeit, an der er beteiligt war, volatil ist und naturgemäss schwankende Leistungen aufweist», hiess es weiter.

«Unter diesen Umständen ist es nicht einzusehen, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Lebenserfahrung zu erwarten ist, dass sich ein Vermögen in zweieinhalb Jahren verdoppelt.»

Und die Strafberufungskammer kommt zum Schluss: «Der fehlende Gewinn, den der Rechtsmittelführer beklagt, und die finanziellen Belastungen, die er zu tragen hatte, sind die Folge der Denunziationen, die in Burkina Faso im Rahmen der Geschäftsbeziehungen zwischen den dortigen Geschäftsleuten gemacht wurden, zu denen er gehörte. Und zu diesem Kontext gehört auch die Kausalität dieser Situation. Der Schaden, wenn denn einer besteht, rührt von dorther (…).»

Im Genfer Gerichtsurteil wurden die Namen von Kanazoés Schweizer Anwälten nicht genannt, so dass wir sie nicht kontaktieren konnten.

Dokumente zu diesem Artikel:
Cour de justice de Genève – Chambre pénale de recours – Arrêt du 6 mai 2021Externer Link
Cour de justice de Genève – Chambre pénale de recours (4 décembre 2019)Externer Link

(Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

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