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Credit Suisse plant Schweizer Verkäufe, um zu Kapital zu kommen

Credit Suisse
Credit Suisse is due to unveil its new strategy later this month. © Keystone / Michael Buholzer

Die Credit Suisse bereitet den Verkauf von Teilen ihrer Schweizer Inlandsbank vor, um ein Kapitalloch von rund 4,5 Milliarden Franken zu stopfen. Dies berichten Insider:innen, die Einblick in die Pläne hatten.

In weniger als zwei Wochen soll die Bank Pläne für eine radikale strategische Neuausrichtung vorlegen. Gleichzeitig befinden sich die Führungskräfte in den letzten Planungen für einen umfangreichen Stellenabbau, von dem bis zu 6000 der weltweit 50’000 Mitarbeiter:innen des Konzerns betroffen sein könnten.

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Ulrich Körner wurde im Sommer Chef der Credit Suisse mit dem Auftrag, die angeschlagene Schweizer Grossbank soll sich von ihrem unfallträchtigen Investmentbanking zurückzuziehen. Zudem sollte Körner Kosteneinsparungen in Höhe von 1,5 Milliarden Schweizer Franken realisieren. Dies, nachdem der Aktienkurs der Credit Suisse in den letzten Jahren durch eine Reihe von Skandalen auf ein Rekordtief gefallen war.

Obwohl die meiste Aufmerksamkeit bisher auf die Veräusserung der Investmentbank der Schweizer Grossbank gerichtet war – die Geschäftsleitung hofft, das profitable Geschäft mit verbrieften Produkten ganz oder teilweise verkaufen zu können – hat der Vorstand seinen Fokus auch auf die Mittelbeschaffung durch den Verkauf von Teilen des Inlandsgeschäfts gerichtet, die nicht zum Kerngeschäft, dem sogenannten Universalbankengeschäft, gehören.

Das Hauptgeschäft im Inland, das eine Reihe von Bankdienstleistungen für Firmen-, Privat- und Geschäftskunden in der Schweiz anbietet, soll erhalten bleiben. Jedoch verhandelt das Unternehmen über den Verkauf mehrerer Tochtergesellschaften und Beteiligungen an anderen Unternehmen.

Verkauf der Hotelikone Savoy

Zu den Teilen, die zum Verkauf gelangen könnten, gehören: eine Beteiligung an der SIX Group, der Betreiberin der Zürcher Börse, eine 8,6-prozentige Beteiligung an Allfunds, einer börsennotierten spanischen Investmentgesellschaft, zwei Schweizer Spezialbanken, die Pfandbriefbank und Bank-Now, sowie Swisscard, ein Joint Venture mit American Express.

Die Credit Suisse hält seit 2019 eine Beteiligung an Allfunds, die letztes Jahr mit einer Marktkapitalisierung von 7,2 Milliarden Euro an die Börse ging. Seitdem sind die Aktien um die Hälfte gefallen, so dass die 8,6 prozentige Beteiligung der Credit Suisse rund 374 Millionen Franken wert ist.

Die Bank versucht auch, ein Wahrzeichen zu verkaufen, das zwei Jahrhunderte alte Savoy, das älteste Grandhotel Zürichs, das gegenüber dem Hauptsitz der Bank am Paradeplatz liegt.

Das Luxushotel, das derzeit renoviert wird und 2024 wiedereröffnet werden soll, könnte laut Insider:innen der Bank 500 Millionen Franken wert sein.

Kosten für Restrukturierung

Der Verwaltungsrat der Credit Suisse hat laut Personen, die mit den Plänen vertraut sind, Verkäufe in den Bereichen Asset Management und Private Banking ausgeschlossen. Weiterhin will man sich aber aus kleinen, unprofitablen Märkten zurückziehen. In diesem Jahr hat die Credit Suisse bereits ihre Vermögensverwaltungsaktivitäten in Mexiko und Subsahara-Afrika aufgegeben.

Beobachter debattieren über die Grösse des Kapitallochs, das sich aus den Prozessen ergeben hat, welche die Bank zu bewältigen hat. Goldman Sachs bezifferte es letzte Woche auf 8 Milliarden CHF.

Der Verwaltungsrat der Bank ist jedoch zuversichtlich, dass es nach Berücksichtigung der Restrukturierungs- und Rechtskosten zwischen 4 und 4,5 Mrd. CHF liegen wird, wie mit den Plänen vertraute Insider:innen sagen.

Der Verwaltungsrat und das Führungsteam der Bank haben jeden Teil des Geschäfts anhand von drei Hauptkriterien bewertet: Rentabilität, Kapitalbedarf und Bedeutung für das Vermögensverwaltungsgeschäft.

Das in New York ansässige Geschäft mit verbrieften Produkten wurde als zu kapitalintensiv eingestuft und weist auch Überschneidungen mit dem Vermögensverwaltungsgeschäft auf, das nach der strategischen Überprüfung in den Mittelpunkt der Bank rücken wird. Weil es rentabel ist, wird es leichter zu verkaufen sein.

Interesse von Käufern

Personen, die in Gespräche über den Verkauf dieser Einheit involviert sind, zeigten sich zuversichtlich, dass ein Verkauf bis zum 27. Oktober zustande kommt. Man prüfe Angebote mehrerer Interessenten, die vom Kauf des gesamten Geschäftsbereichs bis hin zu Teilen davon reichten.

Sie bestätigten das Interesse der US-Investoren Apollo Global Management, Pimco, Sixth Street Partners und Centerbridge Partners sowie der japanischen Bank Mizuho Financial Group, über die zuvor Bloomberg und das Wall Street Journal berichtet hatten.

Der JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein stufte seine Empfehlung für die Credit Suisse letzte Woche von «Untergewichtet» auf «Neutral» hoch und sagte, er erwarte, dass das Geschäft mit verbrieften Produkten verkauft werde.

Er prognostizierte, dass diese Einheit im Jahr 2024 Erträge in Höhe von 1,2 Milliarden CHF erwirtschaften wird. Das würde bedeuten, dass ihr Vorsteuergewinn von 400 Millionen Franken den Löwenanteil des Gesamtgewinns der Investmentbank von 700 Millionen CHF ausmacht.

Die Credit Suisse lehnte eine Stellungnahme ab. Sie werde am 27. Oktober umfassend über ihren Strategieplan informieren.

Copyright The Financial Times Limited 2022

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