Crowdfunding rettet älteste Uhrenfabrik
Thomas Steinemann, der CEO von der Uhrenfabrik DuBois et fils in Le Locle setzte auf Crowdfunding, um die Fabrik zu retten. In fünf Monaten kamen 1.5 Millionen Franken zusammen. Die Produktion ist wieder angelaufen.
Als Steinemann im Jahr 2010 die stillgelegte Fabrik kaufte, war er überzeugt, dass er Banken und Investoren finden und so zum nötigen Kapital kommen würde. DuBois et fils wurde 1785 gegründet, sie ist heute die älteste Uhrenfabrik der Schweiz.
Trotz des Werts der Marke und Steinemanns 30-jähriger Erfahrung in der Branche, gelang es ihm nicht, das nötige Kapital zusammenzubringen. Potentielle Investoren liessen zudem durchblicken, dass sie auch auf das Design der Uhren Einfluss nehmen möchten. Das wollte Steinemann nicht.
«Ich wollte keine Investoren, die mir sagen, ich solle Quarz-Uhren herstellen. Was ich will, das sind mechanische Uhren», sagt Steinemann gegenüber swissinfo.ch.
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Billiger zu einer Uhr
Im März 2012 entdeckte er das Crowdfunding. «Auf der Welt gibt es unzählige Uhren-Liebhaber und –Sammler. Ich dachte, das sollte funktionieren.»
Als Marketing-Profi, der 1988 erfolgreich eine amerikanische Uhrenmarke auf dem Schweizer Markt einführte, spürte er von Beginn weg das Potential des Crowdfunding. «Die Idee, möglichst viele Leute mit einer Marke in Verbindung zu bringen, war mir wichtig. Das ist vielleicht noch wichtiger, als das Kapital zu finden.»
Wer sich mit 500 Franken beteiligte, erhielt nicht nur Aktien, sondern auch das Recht, eine Uhr im Wert von 9000 Franken zum halben Preis zu kaufen. Wer zwischen 3000 und 10’000 Franken investierte, erhielt das Recht, jedes Jahr eine Uhr mit einem Rabatt von 70% zu kaufen.
Alles neu erfunden
Steinemann redet von einer Win-win-Situation: Die Aktionäre können mit steigenden Gewinnen rechnen. Gleichzeitig tragen hunderte Investoren die Uhr und werden damit zu Markenbotschaftern. «Das ist effektiver für das Branding einer Marke, als wenn Berühmtheiten eine Uhr tragen.»
Steinemann räumt ein, dass er beim Start des Projektes keine grosse Ahnung von Social Media hatte. «Das Hauptproblem bestand darin, die Anzahl der Aktionäre zu antizipieren.» Er wusste, dass die angestrebten 1.5 Millionen ambitioniert waren.
Zusammen mit dem Industriedesigner Marcus Eilinger stellte er das Konzept auf die Beine. Eilinger entwickelte eine Crowdfunding-Website. «Wir mussten alles neu erfinden, von der Skizze bis zur Software, denn es gab vorher nichts Vergleichbares», sagt Steinemann. Eilinger ist auch verantwortlich für das Design der drei Uhrenlinien, die nun in Le Locle produziert werden.
Crowdfunding – oder seltener Schwarmfinanzierung – ist eine Methode der Geldbeschaffung.
Damit lassen sich Projekte, Produkte oder Geschäftsideen mit Eigenkapital, zumeist in Form von stillen Beteiligungen, versorgen.
Eine so finanzierte Unternehmung und ihr Ablauf werden auch als eine Aktion bezeichnet. Ihre Kapitalgeber sind eine Vielzahl von Personen – in aller Regel bestehend aus Internetnutzern, da zum Crowdfunding meist im World Wide Web aufgerufen wird.
Markteinführung Juni 2013
Nach lediglich etwas mehr als 5 Monaten hatte Steinmann die angestrebten 1.5 Millionen Franken im Januar 2013 zusammen. Die fast 600 Investoren kommen aus 19 Ländern.
Steinemann musste einen der grösseren Investoren bitten, einige seiner Aktien zur Verfügung zu stellen, um das Bedürfnis nach Aktien befriedigen zu können.
Einer der Aktionäre ist Yvan Jeanneret aus Le Locle: «Ich wollte an der Revitalisierung eines Erbes teilnehmen. Ich bin überzeugt, dass die Marke eine Zukunft hat. Die Idee, dass wir alle Teil der Marke werden. Ich werde die Uhr sicherlich gerne tragen.»
Steinemann sagt, er sei vom Erfolg überrascht worden: «Wenn Sie etwas beginnen, dann sind Sie nicht überzeugt von diesem enormen Potential. Crowdfunding bringt Investoren, Konsumenten und Marken zusammen und ist der Beweis, dass alle zusammen erfolgreich sein können.»
Jetzt hat mit der Produktion die richtige Arbeit begonnen. Die erste Uhr wird im Juni 2013 auf den Markt kommen.
(Übersetzung aus dem Englischen: Andreas Keiser)
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