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Blick in den Nationalratssaal
Blick in den Nationalratssaal: Die letzte Session vor den eidgenössischen Wahlen steht bevor. Keystone / Anthony Anex

Die Herbstsession bringt neben viel Innen- und einiger Schaufensterpolitik auch Themen, die Sie als Auslandschweizer:innen direkt betreffen. Sie sind leiser, aber nicht weniger wichtig.

Es ist die letzte Session dieser Legislatur. Sie wird einigen Politiker:innen nochmals eine Plattform bieten, um auf sich aufmerksam zu machen. Denn am 22. Oktober folgen die Wahlen.

Die grossen Brocken sind zwei Krankenkassen-Initiativen. Zum einen geht es um eine Kostenbremse im Schweizer GesundheitswesensExterner Link, lanciert von der Mitte, zum andern um eine Deckelung der KrankenkassenprämienExterner Link, ein Vorstoss der Sozialdemokraten.

Knapp zehn Geschäfte liegen auch vor zum Themenfeld Neutralität, Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Hier sind ebenfalls heftige Debatten zu erwarten, da viele Vorstösse werteorientiert sind: Es geht etwa um russische Vermögen für den WiederaufbauExterner Link der Ukraine, um die Rolle der SchweizExterner Link für Putin, um ein Mitmachen bei der G7-Taskforce für Russland-SanktionenExterner Link und um ein genaueres Hinschauen beim RohstoffhandelExterner Link.  

Für Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ist dies interessant, ihren Lebensalltag prägen aber andere Dossiers. Da ist allen voran die Europafrage. Es ist das relevante Thema, das im Schweizer Wahlkampf besonders klein gehalten wird.

Politikerinnen im Nationalratssaal
In der Europafrage klar positioniert: Grünliberale Nationalratsmitglieder. © Keystone / Alessandro Della Valle

Die meisten Parteien sind zu wenig klar positioniert, als dass sie sich damit profilieren könnten. Nur die SVP mit ihrer strikten EU-Skepsis und die Grünliberalen mit einem offenen Bekenntnis zum EWR hätten mit der Europafrage ein gewisses Mobilisierungspotenzial. Aber auch diese beiden halten den Ball bisher flach.

Die Rückkehr der EU-Frage

Dennoch kann zumindest das Parlament diese Frage nicht einfach weiter unter dem Teppich lassen – und das ist gewiss im Interesse der Fünften Schweiz, denn zwei Drittel der über 800’000 Auslandschweizer:innen wohnen in der EU.

Eine Handvoll Vorstösse liegt dazu vor. So will die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats, dass ihr der Bundesrat regelmässig rapportiert, was er in Sachen EU nun zu tun gedenktExterner Link. Zudem will sie angesichts der Bedeutung dieses Dossiers eine ständige SubkommissionExterner Link für Europafragen schaffen. Ebenfalls zur Debatte kommt eine Motion, die anregt, die Schweiz solle Gespräche über eine EWR-MitgliedschaftExterner Link aufnehmen. Etwas gealtert, aber noch nicht abschliessend behandelt, ist ein weiterer Vorstoss: Er verlangt Aufschluss darüber, wie sich der VerhandlungsabbruchExterner Link um ein Rahmenabkommen auf die Wirtschaft auswirkt.

In den Ständerat kommt eine Motion, welche die Bedeutung des Schweizer LohnschutzesExterner Link unterstreicht. Sie stammt von der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats und will dem Bundesrat den Rücken stärken, wenn er bei Gesprächen mit der EU den Schweizer Lohnschutz verteidigt. Der Nationalrat nahm diesen Vorstoss an. Die Kommission des Ständerats empfiehlt nun ein Nein, mit der Begründung, dass eine solche Vorgabe bei Gesprächen mit Brüssel eher schade als nütze.

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Digitale Schweiz: vorwärts, aber sicher

Für Auslandschweizer:innen ebenfalls von Relevanz ist die digitale Fitness der Schweiz. Die Diaspora verlangt schon lange nach E-Voting, damit sie reibungslos an der heimischen Demokratie teilnehmen kann. Auch E-Government und alle digitale Bürgerdienste könnten Schweizer:innen im Ausland den Alltag erleichtern. Zwei Geschäfte liegen hierzu vor.

Ein Postulat fordert mehr Verbindlichkeit in der digitalen VerwaltungExterner Link der Schweiz. Ein Ziel dabei ist, dass Kantone und Bund die Digitalisierung möglichst harmonisiert vorantreiben. Der Bundesrat empfiehlt ein Ja, und auch die Auslandschweizer-Organisation ASO setzt sich dafür ein. «Es ist unerlässlich, dass die Schweiz ihren diesbezüglichen Rückstand aufholt», schreibt sie dazu.

Mit der Digitalisierung befasst sich auch eine Motion aus der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats. Sie verlangt mehr Sicherheit bei den wichtigsten digitalen DatenExterner Link der Schweiz. Sind digitale Daten beim Staat in guten Händen? Das ist eine entscheidende Frage, wenn es um eine allfällig breitere Einführung um E-Voting in der Schweiz geht.

Bei vielen Geschäften fällt hier das letzte Wort: Ständeratssaal im Bundeshaus Bern. © Keystone / Peter Klaunzer

Verschiedene Hacks und ein gigantischer Abfluss an hochsensiblen Bundesdaten wiesen dieses Jahr auf entsprechende Defizite hin. Betroffen waren auch die Adressdaten der meisten Auslandschweizer:innen. Und gerade erst wurde in einem Fachartikel darauf hingewiesen, wie und warum diese Adressen geeignet sein könnten, die Schweizer Demokratie empfindlich zu störenExterner Link.

Lösungen für Erbschafts-Probleme

Wenn eine Schweizerin im Ausland ein Erbe lässt oder ein Ausgewanderter von einem Schweizer Verwandten etwas erbt, wird es oft kompliziert – und im schlechteren Fall auch ärgerlich teuer. Zwei Geschäfte, die diese Thematik angehen kommen im September ins Parlament.

Zum einen ist da die eine Motion, die verlangt, dass die Schweiz mit Frankreich eine bestehende Doppelbesteuerungs-Falle wegverhandelt.Externer Link Denn bei Erbschaftssteuer klafft in den entsprechenden bilateralen Abkommen eine Lücke. Erben riskieren deshalb, sowohl in der Schweiz also auch in Frankreich besteuert zu werden. Potenziell betroffen davon ist die grösste Community von Auslandschweizer:innen, über 200’000 Personen. Der Bundesrat warnt in seiner Stellungnahme jedoch davor, dass neue Verhandlungen kaum zu einer besseren Gesamtlösung mit Frankreich führen würden.

Um bessere Regelungen und mehr Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Erbfällen geht es zum andern auch bei einer Änderung im  Bundesgesetz über das internationale PrivatrechtExterner Link. Gerade bei Erbschaften kommt es laut ASO immer wieder zu Zuständigkeitskonflikten zwischen der Schweiz und dem jeweiligen Wohnland. «Eine Anpassung des schweizerischen Erbrechtes an die Europäische Erbrechtsverordnung käme Auslandschweizer:innen in der EU besonders zugute», schreibt die Organisation.

Diskriminierte Rückkehrer

Und schliesslich gibt es noch eine Inländerdiskriminierung. Sie betrifft speziell Rückwandernde, insbesondere jene, die mit Familienmitgliedern in die Schweiz kommen, welche nicht im Besitz einer Schweizer Staatsbürgerschaft sind. Diese sollen künftig beim Nachzug von Familienangehörigen aus Drittstaates gleiche Rechte wie EU- und EFTA-Bürgerinnen und -bürgern erhalten.

Stossendes Beispiel: Eine der Schweiz wohnhafte, mit einem Drittstaatsangehörigen verheiratete EU-Bürgerin darf ihre Schwiegereltern in die Schweiz nachkommen lassen. Dieses Recht bleibt einer Schweizerin oder einem Schweizer in derselben Situation jedoch verwehrt.

Geschaffen wurde diese Lücke durch verschiedene Gerichtsurteile. Eine parlamentarische InitiativeExterner Link will diese Differenz beseitigen. Der Bundesrat empfiehlt, auf die Vorlage einzutreten, verlangt aber zusätzliche Abklärungen. Auch die Kommission spricht sich dafür aus: Die Problematik der Inländerdiskriminierung bei Familiennachzug verlange seit Langem nach einer Lösung.

Es sind vielleicht nicht die spektakulären Geschäfte, mit denen sich Wahlkampf machen lässt. Aber: «Sie sind für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sehr wichtig, da es ihren Alltag im Ausland wesentlich beeinflusst», sagt ASO-Direktorin Ariane Rustichelli.

Die Herbstsession der eidgenössischen Räte in Bern dauert vom 11. bis 29. September. Wir werden darüber berichten.

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