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Daten-Festungen im Schweizer Alpenmassiv

Sicherheitsmänner bewachen den Eingang zum Swiss Fort Knox. Reuters

Tief versteckt im Innern der Alpen im Berner Oberland dienen zwei frühere Armeebunker einer internationalen Kundschaft heute als Hochsicherheits-Festung für digitale Daten. Swiss Fort Knox heissen die Anlagen.

Der Name erinnert an den Militärstützpunkt im US-Bundesstaat Kentucky, wo die USA ihre Goldreserven hüten.

Wobei der Fokus in den Bunkern zwischen Saanen und Zweisimmen bei der Lagerung digitaler Daten und Dokumente liegt. Genauso gut könnten aber auch andere Wertsachen in dem Bergmassiv ein hoch gesichertes Lager finden.

Bewaffnete Männer in schwarzen Tarnanzügen, Checkpoints und Alarmsysteme, spreng- und schusssichere Türen: Diese Alpen-Festungen können nach Angaben der Betreiberfirma allem möglichen Unbill standhalten, von Naturkatastrophen bis hin zu Terrorangriffen.

Felsenfest

Von aussen hat man fast einen etwas verlotterten Eindruck, kann sich kaum vorstellen, mit welcher Perfektion der Betrieb von Swiss Fort Knox im Innern geführt wird.

Hinter der verwitterten, in den Fels gehauenen Türe sorgt ein Mix aus hochmoderner Technologie und striktesten Sicherheitsmassnahmen dafür, dass nichts unbemerkt herein – oder heraus – kommt.

«Swiss Fort Knox I und II sind Null-Risiko-Anlagen», erklärt Christoph Oschwald, Chef der SIAG (Secure Infostore AG), der «Schweizer Privatbank für digitale Informationen».

Nach Jahren der Vorbereitung hatte die SIAG die erste Swiss Fort Knox Anlage in Saanen 1996 in Betrieb genommen. Zehn Kilometer entfernt, in Zweisimmen, kam einige Jahre später die zweite Anlage dazu.

Die Swiss Fort Knox Anlagen sind so ausgerüstet, dass sie neben Hackerangriffen Feuer, Wasser, Erdbeben und Stromausfällen genau so widerstehen können wie nuklearen, biologischen oder chemischen Angriffen.

Die Kunden der SIAG kommen aus rund 30 Ländern, einige nutzen für ihre Besuche gleich die Flugpiste und die Zollabfertigung auf dem Gelände vor dem Bunker. Andere erledigen ihre Geschäfte von ferne über das Internet und nutzen den Backup-Service.

Vergrabene Schätze

«Auch als Privatpersonen haben wir heute alle digitale Schätze wie Fotos, Verträge oder eingescannte Dokumente», erklärt Oschwald im Gespräch mit swissinfo.ch. Er selber lagere etwa 10 Gigabytes im Swiss Fort Knox.

«Unser kleinster Kunde könnte ein Student in Singapur sein, der für neun Franken im Monat die Daten von seinem Labtop bei uns lagert», so Oschwald.

Während grosse internationale Firmen zwischen ein bis zwei Millionen Franken pro Jahr ausgeben könnten, damit von ihren digitalen Daten jeden Tag eine Sicherheitskopie erstellt wird, und sie aus der ganzen Welt Zugriff auf die Daten haben.

Um Datenspionage zu verhindern, werden alle ein- und ausgehenden Daten massiv verschlüsselt, mit 448 Bit. (Zum Vergleich: Bei elektronischen Bankgeschäften beträgt die Verschlüsselung generell 128 Bit.) Techniker in weissen Overalls stellen sicher, dass alles rund läuft; Besucher dürfen den Serverraum nicht betreten.

«Wir behandeln und bewahren die Daten auf, als würde es sich um Millionen handeln. Wir müssen uns verhalten wie eine Bank – sehr sorgfältig und sehr sicher. Da es um eine technische Anlage geht, nicht nur um einen Goldtresor, sind die Anforderungen sehr hoch. Das ist der Grund, wieso die Swiss Fort Knox Anlagen so besonders sind: Null-Risiko und sehr komplex», unterstreicht Oschwald.

Informationen zu Login und Passwörtern werden nicht gespeichert. Verliert ein Kunde diese Informationen, kann ihm niemand von der SIAG helfen.

Unterdessen wird in der hochmodernen Bergfestung auch etwas weniger hoch entwickelte Technologie gelagert: Im Mai deponierten europäische Forscher eine Art «digitales Genom». Dieses soll künftigen Generationen ermöglichen, auch Daten zu sichten, die auf veralteten, nicht mehr genutzten Datenträgern gespeichert wurden.

Die Forscher deponierten eine Auswahl von Dokumenten-Formaten und den zur Speicherung und Sichtung der Daten nötigen Geräte. Digitale Daten könnten für immer verloren gehen, da Datenträger und Formate relativ kurzlebig sind.

«Um die Zeitkapsel vor dem materiellen Verfall zu schützen, haben wir nach dem sichersten Ort für Datenaufbewahrung gesucht – und diesen im Hochsicherheits-Datazentrum Swiss Fort Knox gefunden», erklärt Andreas Rauber, ein Professor aus Wien, der am Projekt «Planets» beteiligt ist. «Planets» steht für Preservation and Long-term Access through Networked Services.

Sichere Geheimnisse

Doch was hat es mit den Kunden auf sich, die mit dem Privatjet oder dem Helikopter anreisen? Diskretion ist ein entscheidender Faktor bei Swiss Fort Knox; Oschwald ziert sich etwas bei der Frage, welche andern Wertsachen ihren Weg in die Alpen-Bunker finden könnten.

Die Sprecherin des World Gold Council (Interessenvertretung der Goldförderungs-Industrie), Stephanie Mackrell, erklärt gegenüber swissinfo.ch: «Gold ist ein materielles Anlagegut, das in einem von immer komplexeren und volatilen Finanzmärkten geprägten Umfeld Einfachheit, Transparenz und Sicherheit bietet.»

Für Leute, die kein Vertrauen mehr haben in die Bankenindustrie, könnte ein geheimes Versteck mit Gold also die perfekte Lösung sein.

«Wertvolles zu behüten ist ein Schweizer Ding, nicht? Schon seit 500 Jahren beschützen wir den Papst, unsere Privatbanken haben eine lange Tradition und sind international bekannt, wir sind gut, wenn es ums Aufbewahren geht», sagt Oschwald.

Und fügt lächelnd hinzu: «Ich bin sicher, dass die Schweiz auch gut Gold für andere Kunden oder Nationen aufbewahren kann. Aber ich kann dazu keine weiteren Angaben machen.»

Als die Tour durchs Swiss Fort Knox sich dem Ende nähert, führt Oschwald den labyrinthartigen Weg zurück zum Haupteingang an. Maschinen piepsen, Türen öffnen und schliessen sich – und der junge Wachmann versucht, einen strengen Gesichtsausdruck zu wahren.

Als sich die letzte Türe öffnet, dringt nur ein kleiner Streifen Tageslicht nach innen; Geheimnisse sollten nicht ans Tageslicht gelangen.

Susan Vogel-Misicka, Saanen, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Nach einem Bericht des World Gold Council (WGC) sind die offiziellen internationalen Goldverkäufe und Goldreserven im Verlauf der letzten 10 Jahre stetig gesunken.

Im September 1999 hatte die Schweiz 2590 Tonnen Gold besessen, rund 10 Jahre später noch 1040 Tonnen. Das ist etwas weniger, als die heutigen Goldreserven Chinas. Die Goldreserven der USA liegen im Vergleich dazu bei 8133 Tonnen.

«Die Investitions-Nachfrage für Gold ist aber in der letzten Dekade gewachsen und ist die grösste Nachfrage-Kategorie für Gold», sagt WGC-Sprecherin Stephanie Mackrell.

«Und dennoch macht Gold weniger als 1% der globalen Anlage-Vermögen aus. Was bedeutet, dass die Marktchancen für ein Wachstum bei Goldinvestitionen noch bedeutend sind.»

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