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«Es bringt nichts, Rentner im In- und Ausland gegeneinander auszuspielen»

Eine in die Höhe gestreckte Faust
Die Auslandschweizer sind empört über die Ansichten von FDP-Präsidentin Petra Gössi. Keystone

Die Äusserungen der FDP-Präsidentin gegen Rentner im Ausland sind nicht nur bei den Auslandschweizern schlecht angekommen, sondern haben auch die FDP-International brüskiert.

«Wir vergolden den Rentnern im Ausland den Ruhestand auf Kosten der nächsten Generationen.» Die in der Zeitung Blick zitierte Äusserung von FDP-Präsidentin Petra Gössi ist den Auslandschweizern mehr als schlecht aufgestossen und hat in den sozialen Medien einen regelrechten «Shitstorm» ausgelöst. «Wir fühlen uns als ‹Bürger 4. Klasse'» oder «Ein Rentner in Thailand bekommt keine Ergänzungsleistungen. Also spart der Staat», heisst es da etwa.

Altersreform 2020

Mit der Altersreform soll das Frauenrentenalter auf 65 steigen. Neue AHV-Rentner erhalten 70 Franken mehr pro Monat. Dafür werden 0,3 zusätzliche Lohnprozente erhoben. Der Umwandlungssatz der zweiten Säule wird von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt. Angehoben werden der Mehrwertsteuersatz und teilweise die Altersgutschriftensätze.

Schockiert über Gössis Aussage war auch die FDP InternationalExterner Link. «Wir Vorstandsmitglieder haben uns mit der FDP Schweiz in Verbindung gesetzt und nachgefragt. Die Antwort lautete: ‹Gössis Aussage wurde von den Medien aus dem Zusammenhang gerissen und zugespitzt.  Primär ging es ihr um den zusätzlichen AHV-Zustupf von 70 Franken und die Querfinanzierung via Mehrwertsteuer – und nicht um Ausländer und Landsleute im Ausland.

Heftige interne Reaktionen

François Baur, Präsident der FDP International, macht keinen Hehl daraus, dass er die Äusserungen von Petra Gössi ungeschickt fand. «Von unseren Parteimitgliedern haben wir sehr kritische Feedbacks erhalten. Ihnen vorzuwerfen, sie seien Profiteure und Schmarotzer des Rentensystems, ist nicht lustig.» Auch die Vorstandsmitglieder, die teils im Ausland leben, waren von Gössis Attacke auf die Rentner im Ausland nicht angetan.

Baur betont auch, dass es keinen Sinn mache, einen Unterschied zwischen Rentenbezügern im In- und Ausland zu machen. «Wenn wir verschiedene Gruppen gegeneinander ausspielen, ist das die falsche Diskussion», betont der Präsident von FDP International. Denn jeder und jede habe das Recht, sein Leben oder den Lebensabend dort zu verbringen, wo er wolle. «Der Rentenanspruch, den die Leute im Ausland haben, ist unbestritten. Sie haben dafür gearbeitet. Das haben wir der Partei klar gemacht.»

Die beiden FDPs auf einer Linie

FDP-International-Präsident Baur sagt aber auch klipp und klar, die FDP International sei wie die FDP Schweiz gegen die Rentenreform 2020 und unterstütze das Referendum. «Der Vorschlag, den die Christlich-demokratische Volkspartei (CVP) und die Sozialdemokraten (SP) durchgebracht haben, ist weder ein Kompromiss noch nachhaltig und schiebt die Sanierung des Rentensystems nur hinaus.»

Die Rentenreform 2020 sei auch nicht zum Vorteil der Auslandschweizer Rentner, so Baur. Sie würden weder von den 70 Franken mehr AHV noch von Ergänzungsleistungen profitieren, obwohl die Pensionsberechtigten im Ausland im Durchschnitt sehr kleine Renten erhielten. Profitiert hätten sie jedoch von einem Vorschlag der Bürgerlichen, der tiefe Renten um bis zu 450 Franken aufstocken wollte. Der Vorschlag wurde im Parlament jedoch abgelehnt. «Davon hätten auch die Auslandschweizerinnen und -schweizer profitiert», sagt François Baur.

SP-Nationalrat Tim Guldimann setzt sich als Auslandschweizer für ein Ja zur Rentenreform ein. Das sind seine Argumente:

«Die Erhöhung der AHV-Renten um 840 Franken pro Jahr für Alleinstehende und bis zu 2712 Franken für Ehepaare ist die erste Erhöhung seit 42 Jahren und für die Frauen besonders wichtig, weil sie von der sozial finanzierten AHV überdurchschnittlich stark profitieren. 

Auch für die Auslandschweizer ist die Reform bedeutend, denn immer mehr Schweizer Rentnerinnen und Rentner leben im Ausland. Sie haben keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Das heisst: Neurentner, die im Ausland leben, profitieren von der Rentenreform und der Stärkung der AHV besonders, weil die Rentenerhöhung nicht wie im Inland durch Abzug an den Ergänzungsleistungen kompensiert werden.

Auch bei der Flexibilisierung gibt es Änderungen, die Auslandschweizern zugutekommen. Neu werden Beiträge, die nach dem Erreichen des Rentenalters entrichtet werden, bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Das heisst: Wer im Ausland während Jahren einen für Schweizer Verhältnisse eher bescheidenen Lohn erhält und dann in die Schweiz zurückkehrt, kann seine AHV-Rente verbessern, indem sie oder er den Rentenbezug aufschiebt.»

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