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Die Schweiz will ein weiteres Bank-Debakel vermeiden

CS-CEO Brady W. Dougan am 26. Februar 2013 vor dem Senat in Washington. Keystone

Nach der UBS ist nun auch die Credit Suisse im Fadenkreuz der US-Steuerbehörde. Bis jetzt haben die Schweizer Behörden alles getan, um eine ähnliche Katastrophe zu vermeiden, wie sie die UBS vor Jahren erschütterte. Doch Experten sind sich nicht einig darüber, wie die USA die CS behandeln werden.

In den Jahren 2008 fielen die Glaubwürdigkeit der grössten Schweizer Bank UBS, des Bankgeheimnisses und des Finanzplatzes Schweiz wie Dominosteine um. Auslöser war der Druck der konzertierten Aktionen der USA gegen Steuerhinterziehung.

Am vergangenen Mittwoch liessen etliche Mitglieder des US-Senats durchblicken, dass sie nicht zufrieden sind  mit den Fortschritten in der Affäre der Credit Suisse in Sachen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Das Hearing unter Leitung von Senator Carl Levis forderte eine Rückkehr in die Zeit, als US-Staatsanwälte rigoros gegen Schweizer Banken vorgegangen waren.

Andere Vorzeichen

Doch die Vorzeichen haben sich geändert, seit die UBS 780 Millionen Dollar (693 Millionen Franken) Geldstrafe bezahlt und die Schweizer Behörden über Tausende von Kundendaten an die amerikanische Steuerbehörde IRS weitergeleitet haben.

Trotz der Erkenntnis, dass Mitarbeiter der Credit Suisse amerikanischen Steuersündern bei der Steuerhinterziehung behilflich waren, hat die Schweiz lediglich die Namenvon 238 Kunden an die US-Behörden überwiesen. Dies, obschon die CS im Jahr 2008 mehr als 22’000 US-Kunden hatte. Das hat seinen Grund in einem Vertrag, den die Schweiz und die USA im August 2013 abgeschlossen haben. Darin wird die Weitergabe von Kundennamen ausdrücklich ausgeschlossen.

Der Untersuchungsausschuss des US-Senats beschuldigt die Schweizer Grossbank Credit Suisse der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Am Mittwoch stellten sich CS-CEO Bradley Dougan und drei seiner Mitarbeiter einer eidesstattlichen Anhörung im Senat.

In einem fast 200-seitigen Bericht wirft der Untersuchungsausschuss des amerikanischen Senates der CS vor, US-Kunden aktiv geholfen zu haben, Steuern zu hinterziehen.

Während der Hochblüte der Offshore-Geschäfte mit den Amerikanern soll die Bank über 22’000 US Kunden mit einem Gesamtvermögen von rund 12 Milliarden Franken bedient haben, heisst es im Bericht. Der Grossteil davon – zwischen 85 und 95%- sei unversteuert geblieben.

Bei der Werbung um US-Kunden sei die Credit Suisse ebenso schamlos vorgegangen wie die UBS, machten McCain und Levin geltend. Zum Teil hätten sich Banker bei der Einreise als Touristen ausgegeben, obwohl sie in Tat und Wahrheit geschäftlich unterwegs waren. Die CS habe Golfturniere organisiert und Tickets zum «Swiss Ball» in New York verschenkt, um potenzielle Kunden anzulocken.

Besonders oft soll laut dem Bericht die Credit-Suisse-Filiale am Flughafen Zürich mit den reichen Amerikanern geschäftet haben: Dort wurde den US-Kunden der ganze Service geboten, ohne dass sie das Flughafenareal verlassen mussten. Über 10’000 – fast die Hälfte aller CS-Konten amerikanischer Steuerzahler – hätten ihren Ursprung bei der Flughafenfiliale, heisst es im Bericht.

Levin nicht unterschätzen

Einige Senatoren forderten dennoch eine härtere Gangart gegen die Credit Suisse. «Der Druck auf das US-Justizministerium ist vorhanden, aber dieses sagte klar, dass es mit der Credit Suisse nicht den gleichen Weg gehen will, wie zu einem früheren Zeitpunkt mit der UBS», sagt Peter V. Kunz, Steuerrechtsexperte an der Universität Bern. «Ich glaube nicht, das es weitere Strafverfahren gegen Schweizer Banken geben wird.»

Doch Beckett Cantley, ein Steuer-Spezialist an der John Marshall Law School in Atlanta betont, dass die Macht von Senator Levin im Senat nicht zu unterschätzen sei. Cantley zeigt sich zudem besorgt darüber, dass auch andere Senatoren die Verzögerung der Namensnennung von US-Steuerbetrügern kritisiert haben. «Die Credit Suisse könnte tatsächlich am Ende in eine schlechtere Position geraten, als damals die UBS», sagt Cantley.

Vom Schock erholt

Kunz glaubt, es gäbe andere Gründe, die den Fall Credit Suisse nicht in die Nähe des Falls UBS vor fünf Jahren bringen werden. So habe das US-Justizministerium nicht dieselbe Art von Beweisen, wie im Fall UBS, wo der ehemalige UBS-Mitarbeiter Bradley Birkenfeld die Praktiken der Bank verraten habe.

Zudem umfasse der Staatsvertrag vom August 2013 weitere 100 Schweizer Banken, die angehalten werden, ihre Schuldigkeit zuzugeben. Die Schweizer Behörden hätten sich vom UBS-Schock erholt und zusammen mit den US-Behörden eine Lösung in Form eines Vertrags ausgearbeitet, so Kunz: «Im Fall der UBS sind eine Menge Fehler passiert, aber mittlerweile haben sich die Nerven beruhigt. Das Justizministerium muss sich bewusst sein, dass jetzt dieselbe Taktik wie im Fall UBS nicht zum Erfolg führen wird.»

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Hohe Busse erwartet

Die Credit Suisse will die Geschichte hinter sich lassen und sich wieder voll und ganz auf das Geschäft konzentrieren. 2013 betrug der Neugeld-Zufluss bei der Credit Suisse 18.9 Milliarden. Bei der UBS waren es 28.6 Milliarden. Analysten führen dies nicht alleine auf den Rechtsstreit der CS in den USA zurück.

«Die CS hat sicher unter Reputationsschäden gelitten», sagt  Andreas Brun, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank gegenüber swissinfo.ch. «Das gilt jedoch vor allem für die Schweiz. Im Ausland gab es nicht so viele negative Schlagzeilen.»

Kürzlich hat die CS eine Busse an die US-Steuerbehörde wegen unerlaubter grenzüberschreitender Anlageberatung über 196 Millionen US Dollar bezahlt. Dennoch hat die Bank immer noch rund 300 Millionen Franken im Topf, um allfällige Bussen zu begleichen. Brun geht allerdings davon aus, dass die CS eine höhere Busse bezahlen muss, als die UBS im Jahr 2009, die damals 780 Millionen US-Dollars bezahlte.

(Übersetzung aus dem Englischen: Andreas Keiser)

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