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Auch in der Schweiz werden Autos mit Verbrenner verschwinden

stazione di ricarica per auto elettriche
In der Schweiz gibt es fast 8000 öffentliche Ladestationen, also durchschnittlich eine für jedes zehnte Elektrofahrzeug. © Keystone / Gaetan Bally

Das vom Europäischen Parlament beschlossene Verbot von Benzin- und Dieselfahrzeugen wird sich auch in der Schweiz auswirken. Wie entwickelt sich der Schweizer Markt für Elektroautos, und woher soll der Strom kommen, um all die Batterien in Zukunft zu laden?

Ab 2035 dürfen neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge keine Treibhausgase mehr ausstossen. Das vom Europäischen Parlament beschlossene Verbot von Verbrennungsmotoren — zu dem sich die EU-Mitgliedstaaten allerdings noch äussern müssen — bedeutet das Aus für benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge sowie für Hybride, die derzeit einen Boom erleben. In Zukunft dürfen nur noch neue Modelle mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb verkauft werden.

Die Entscheidung wird als wichtiger Teil der Emissionsminderungsstrategie der EU gesehen, die wie die Schweiz und viele andere Länder bis 2050 Klimaneutralität anstrebt. In der Schweiz ist der Verkehrssektor für mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlichExterner Link.

>> Sind Elektroautos wirklich ökologischer als andere Fahrzeugtypen? Finden Sie es heraus in diesem Video:

Was bedeutet das EU-Verbot für die Schweiz?

Weil die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, muss sie sich nicht an das vom Europäischen Parlament beschlossene Verbot halten. Fossil betriebene Fahrzeuge werden aber auch von den Schweizer Strassen verschwinden. Neuwagen, die in der Schweiz verkauft werden, müssen in der Praxis schon heute den EU-Vorschriften entsprechen, z.B. bezüglich der CO2-Emissionen. Zudem werde kein europäischer Autohersteller Verbrennungsmotoren für einen so kleinen Markt wie die Schweiz produzieren wollen, wird Peter Fuss, Branchenexperte bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, von der Gratis-Tageszeitung 20 Minuten zitiert.

Wie lange wird es möglich sein, in der Schweiz ein neues Benzinauto zu kaufen?

Die Grünen möchte die Zulassung neuer, mit fossilen Brennstoffen betriebener Fahrzeuge ab 2025 verbieten, ein Vorschlag, der von den anderen grossen Parteien des Landes nicht unterstützt wird. Der Verkehrsclub der Schweiz, der sich für eine nachhaltige und klimafreundliche Mobilität einsetzt, plädiert dafür, dass ab 2030 keine benzin- oder dieselbetriebenen Fahrzeuge mehr unterwegs sein sollen, wenn die Schweiz ihre Klimaziele erreichen will.

Die Bundesregierung hat noch kein Zieldatum festgelegt. Andererseits wollte die Schweiz im November letzten Jahres am Rande der internationalen Klimakonferenz COP26 Externer Linkeine unverbindliche Erklärung nicht unterzeichnen, in der ein Verbot von Neufahrzeugen mit umweltschädlichen Emissionen ab 2035 (in den wichtigsten Märkten) und 2040 (weltweit) gefordert wurde.

Wie entwickelt sich der Markt für Elektrofahrzeuge in der Schweiz?

Elektroautos und Autos mit Hybridantrieb werden in der Schweiz immer beliebter. Im Jahr 2021 lag der Anteil der reinen Elektrofahrzeuge an den Neuzulassungen bei 13,3 Prozent, ein Rekordwert. Dieser Trend bestätigte sich auch in den ersten fünf Monaten dieses Jahres mit einem Anteil von 15,3 Prozent, wie der Verband Schweizerischer AutoimporteureExterner Link (Auto Schweiz) mitteilt.

Einschliesslich der Plug-in-Hybrid-Modelle, d. h. der Modelle mit Verbrennungsmotor und Batterien, die extern geladen werden können, erhöht sich der Anteil auf 24,2 Prozent. Das Ziel der «Roadmap Elektromobilität»Externer Link des Bundes ist es, bis Ende 2025 einen Anteil von 50 Prozent zu erreichen.

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Von diesen Zahlen sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen. Wer schon einmal in der Schweiz gefahren ist, hat es wohl gemerkt: Reine Elektroautos sind noch deutlich in der Minderheit. Derzeit sind es rund 80.000, also weniger als 2 Prozent Externer Linkder gesamten Fahrzeugflotte.

Wo steht die Schweizer E-Mobilität im internationalen Vergleich?

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern liegt die Schweiz bei den aufladbaren Fahrzeugen (Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge) an achter Stelle, so der Touring Club SchweizExterner Link. Ihr Anteil in der Schweiz ist höher als im Durchschnitt aller EU-Länder. Unter den Nachbarländern hat nur Deutschland einen höheren Prozentsatz. An der Spitze der Liste steht Norwegen, wo fast neun von zehn Neufahrzeugen E-Mobile oder Plug-in-Hybride sind.

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Was die Dichte der öffentlichen Ladestationen angeht, liegt die Schweiz im europäischen Durchschnitt. Ende Mai 2022 waren 7.896 Ladepunkte Externer Linkverfügbar. Das Ziel der Bundesbehörden ist es, bis Ende 2025 20.000 öffentliche Ladestationen zu haben.

Im Gegensatz dazu hinkt die Schweiz bei der privaten Ladeinfrastruktur hinterher, was viele Autofahrer davon abhält, Fahrzeuge zu Hause aufzuladen oder erst ein Elektromobil zu kaufen. Grund dafür ist die Vergleichsweise tiefe Wohneigentumsquote, die Mehrheit der Schweizer:innen wohnt zur Miete.

Wird es genug Strom geben, um die gesamte Autoflotte zu versorgen?

Der Verein eMobilität SchweizExterner Link geht davon aus, dass im Jahr 2035 in der Schweiz 2,4-2,9 Millionen Elektroautos unterwegs sein werden. Dies erfordert zusätzlich 5,4 bis 6,7 Terawattstunden pro Jahr, was etwa 10 % des heutigen Stromverbrauchs entspricht.

Gegenwärtig stammen rund 76 % des in der Schweiz verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen, hauptsächlich aus Wasserkraftwerken. Der Rest wird hauptsächlich von Kernkraftwerken geliefert, die jedoch in den nächsten 10 bis 20 Jahren stillgelegt werden. Um den Strombedarf in Zukunft zu sichern, setzt die Schweizer Regierung vor allem auf den Ausbau der Solarenergie. Sie will Anreize für mehr Photovoltaikanlagen auf Dächern und an Gebäudefassaden schaffen.

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