Schweizer Passdrucker stellt sich der Herausforderung der digitalen ID
Ein 500 Jahre altes Unternehmen, das ein Monopol auf die Herstellung von Schweizer Geld, Pässen und Führerscheinen hat, setzt künftig auf die digitale ID. Orell Füssli beteiligt sich an einer Firma, die sich auf elektronische ID-Systeme spezialisiert hat. Dies ist Teil eines breiteren Plans, einen Swiss Hub für digitale Ausweisdienste zu schaffen.
Die Einführung der digitalen Identitäten in der Schweiz war ein langer und manchmal mühsamer Prozess, der noch immer nicht abgeschlossen ist. In einer Volksabstimmung im Herbst dieses Jahres wird über ein Referendum entschieden, mit dem verhindert werden soll, dass private Unternehmen für die Entwicklung und den Betrieb von eID-Systemen zuständig sind.
Wie auch immer die Abstimmung ausgehen wird, Orell Füssli-CEO Daniel Link ist überzeugt, dass digitale Identitäten in der Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle spielen werden. Das wird sich auf alles auswirken, auf das Abstimmen, die Inanspruchnahme staatlicher Dienstleistungen, die Eröffnung eines Bankkontos, bis hin zum Kauf von Alkohol in Läden oder der Ausstellung von Hochschuldiplomen.
Link will mit seiner Firma keinen «Kodak-Moment» erleben, nämlich das Potenzial neuer Technologien unterschätzen, bis es zu spät ist. Der Druck offizieller Dokumente machte vergangenes Jahr 101 Millionen Franken der Einnahmen des Unternehmens in der Höhe von insgesamt 237 Millionen Franken aus.
«Physisches Geld und Dokumente werden nicht über Nacht verschwinden, aber sie werden laufend digitalisiert», sagt er gegenüber swissinfo.ch. «Wir haben eine Drei- bis Fünfjahresstrategie, um uns für diese Entwicklung zu positionieren».
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Der tiefe Graben zwischen Volk und Politik bei der eID
Im März beteiligte sich Orell Füssli an ProcivisExterner Link, ein junges Schweizer Unternehmen, das bereits eine E-Government-Strategie für den Kanton Schaffhausen entwickelt hat. Der Umfang der «strategischen Investition» wurde nicht bekannt gegeben, aber sie geht einher mit zwei Sitzen im Verwaltungsrat von Procivis.
Sicherheit und Know-How
Laut Link ist das eine Win-Win-Situation. Procivis verfügt über das technische Know-how, während Orell Füssli den staatlichen Gütestempel mitbringt – sowohl in der Schweiz als auch in anderen Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas, wo das Unternehmen ebenfalls mit dem Druck von Geld und amtlichen Dokumenten betraut ist.
«Der Druck von Pässen und IDs erfordert eine Zertifizierung, dass die IT-, Druck- und Datenspeichersysteme sicher sind. Wir müssen sogar nachweisen, dass wir die richtigen Hintergrundprüfungen durchführen, bevor wir neue Mitarbeiter einstellen», sagt Link. «Neue Akteure werden einen langen Prozess durchlaufen müssen, um unsere Zertifizierungsstufen zu erhalten».
Die beiden Unternehmen planen nun, ein «Ökosystem» zu bauen, das einen «One-Stop-Shop» von digitalen Identitätsdiensten für Zentralbanken, Regierungen und Unternehmen bietet. Dies würde Technologie-, Daten- und Sicherheitsexpertise mit dem technischen Know-how kombinieren, wie eID zu gestalten und in staatliche Dienstleistungen oder Zahlungssysteme zu integrieren sind.
Link ist der Ansicht, dass die Neutralität und die Datensicherheitsinfrastruktur der Schweiz auch die Aussichten auf eine führende Rolle der Schweiz als Drehscheibe der digitalen Identität erhöhen könnten. «Wir wollen es nicht Apple oder Google überlassen, den Markt zu dominieren», sagte er.
(Übertragung aus dem Englischen: Sibilla Bondolfi)
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