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Ehemaliger UBS-Händler schuldig gesprochen

Der ehemalige Händler Kweku Adoboli hatte der UBS einen Milliarden-Verlust verursacht. AFP

Im Prozess um Milliarden Verluste bei der Grossbank UBS ist der ehemalige Händler Kweku Adoboli zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Ein Geschworenengericht in London sprach den 32-Jährigen in zwei Anklagepunkten des Betrugs schuldig.

In vier weiteren Anklagepunkten wurde der ehemalige Händler, der die UBS mit seinen Fehlspekulationen fast in den Ruin getrieben hatte, freigesprochen.

Laut Anklage hat Adoboli bei der grössten Schweizer Bank durch unerlaubte Spekulationen mit börsennotierten Indexfonds (ETF) einen Handelsverlust von 2,3 Mrd. Dollar verursacht. Es ist damit der grösste Betrugsfall in der Geschichte Grossbritanniens.

Die Anklage hatte in dem rund zehn Wochen langen Verfahren vor Gericht von Adoboli das Bild eines gewissenlosen Zockers gezeichnet, der in betrügerischer Absicht vorgegangen sei und die Bücher gefälscht habe, um seine Taten zu verheimlichen.

Getrieben haben ihn nach Ansicht von Staatsanwältin Sasha Wass Ehrgeiz und der Drang nach Erfolgsprämien. Erst als ihm bankinterne Kontrolleure auf die Spur gekommen seien, habe er seine Taten seinen Vorgesetzten gebeichtet.

Adoboli hatte bis zu seiner Verhaftung acht Jahre lang bei der Investmentbank der UBS in London gearbeitet. Er wurde am 15. September 2011 festgenommen und ein Jahr später vor Gericht gestellt.

Mit geheimen Konten operiert

Der aus Ghana stammende Sohn eines UNO-Diplomaten räumte vor Gericht ein, mit übermässigen Risiken und verdeckten Konten operiert zu haben. Er wies aber jegliche Betrugsabsichten von sich und plädierte auf nicht schuldig in allen sechs Anklagepunkten. Er habe immer nur das Beste für UBS im Auge gehabt.

Die Bank habe ihn zu immer höheren Risiken verführt, sagte Adoboli vor Gericht. Seine Vorgesetzten hätten sein Handeln stillschweigend geduldet solange dieses Gewinn abgeworfen habe. Auch andere UBS-Händler hätten mit geheimen Konten gearbeitet.

Banken im Visier der Verteidigung

Während des Prozesses gegen den früheren Wertpapierhändler hatte die Verteidigung die Banken aufs Korn genommen.
 
Der Milliardenverlust, den der Händler bei der Bank UBS verursacht hatte, die Pleite von Lehman Brothers, die Rettung der UBS in der Finanzkrise durch den Staat und der Skandal um Libor-Manipulationen seien auf eine Ursache zurückzuführen: «Der Drang, Geld zu machen», hatte der Verteidiger des Händlers, Charles Sherrard, am 9. November in seinem Schluss-Plädoyer gesagt.
 
Staatsanwältin Sasha Wass rief in ihrem Schlussplädoyer die Geschworenen im Londoner Southwark Crown Court dazu auf, sich bei der Urteilsfindung nicht vom schlechten Bild der Banken in Teilen der Öffentlichkeit beeinflussen zu lassen.
 
Den Bankern werde oft Gier, Rücksichtslosigkeit und Arroganz zugeschrieben, sagte sie. «Herr Adoboli versucht, seine Verteidigung auf dieser Stimmung aufzubauen.»

Die UBS sei «ein oder zwei Wetten vom Ruin entfernt» gewesen, erklärte die Staatsanwältin. Phasenweise habe die UBS durch die Geschäfte Adobolis mit bis zu 12 Mrd. Dollar in der Kreide gestanden. Er habe geglaubt den «Magic Touch» zu haben und seine eigene Karriere vorantreiben wollen.

Konsequenzen bei UBS

Bei UBS selbst hatte der Londoner Handelsskandal weitreichende Folgen. Konzernchef Oswald Grübel trat zurück und wurde durch den damaligen Europa-Chef Sergio Ermotti ersetzt. Unter Ermottis Führung kündigte die Bank vor wenigen Wochen drastische Einschnitte im Investmentbanking und den Abbau von rund 10’000 Arbeitsplätzen im ganzen Konzern an.

In einem ähnliche Fall war der französische Händler Jérme Kerviel zu drei Jahren Gefängnis und zwei weiteren Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Kerviel hatte bei der Grossbank Société Générale mit missglückten Spekulationen 2008 rund 4,9 Mrd. Euro in den Sand gesetzt.

14. September 2011: Die UBS entdeckt unautorisierte Handelsgeschäfte in ihrer Investmentbank.

15. September 2011: Die UBS schätzt den Schaden auf rund 2 Milliarden Dollar. Die Londoner Polizei verhaftet den verdächtigten Trader.

16. September 2011: Die Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finma) und die britische Financial Services Authority (FSA) starten eine Untersuchung.

18. September 2011: Der Schaden beträgt 2,3 Milliarden Dollar.

22. September 2011: Der Anwalt des Beschuldigten sagt, seinem Mandanten tue es leid und dieser sei bestürzt über das Ausmass des «katastrophalen Einschätzungsfehlers».

24. September 2011: UBS-Konzernchef Oswald Grübel tritt zurück. Sergio Ermotti übernimmt interimistisch.

29. September 2011: Sergio Ermotti kündigt an, die Investmentbank kleiner, weniger komplex und damit risikoärmer machen zu wollen.

15. November 2011: Sergio Ermotti wird definitiv neuer UBS-Chef.

30. Januar 2012: Der Angeschuldigte plädiert vor dem Londoner Crown Court auf nicht schuldig.

3. Mai 2012: Verwaltungsrats-Präsident Kaspar Villiger gibt seinen Posten ein Jahr früher als ursprünglich geplant ab.

10. September 2012: Beginn des Prozesses gegen den Angeschuldigten an einem Londoner Gericht.

31. Oktober 2012: Die UBS kündet den Abbau von weltweit 10’000 Stellen und die Zerstückelung des Investmentbereichs an. In der Schweiz sollen 2500 Stellen gestrichen werden.

20. November 2012: Ein Londoner Gericht verurteilt Adoboli zu sieben Jahren Haft.

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