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Ein Dorf kämpft für sein Kuhglocken-Geläut

Kuh mit Glocke
Keystone / Arno Balzarini

Im Berner Dorf Aarwangen wollten Zugezogene das Glockengeläut der weidenden Kühe verbieten. Dagegen kämpfen Anwohnende mit einer Initiative.

Zank um Kuhglocken flammt im «Kuhland» Schweiz immer wieder auf. Auch das Bundesgericht beschäftigte sich schon mit dem Gebimmel der Weidetiere. In Aarwangen erhob sich in den letzten Monaten die Bevölkerung – für das Glockengeläut.

Nachdem zwei neu zugezogene Paare bei den Gemeindebehörden Beschwerde gegen das Kuhglockengeläut eingereicht hatten, formierte sich eine regelrechte Pro-Kuhglocken-Bewegung.

1100 Menschen für Gebimmel

Eine Gruppe von Anwohnenden lancierte kurzerhand eine Initiative, die neben dem Kuhglockengeläut zudem auch noch das Kirchengeläut bewahren will.

Weniger offen zeigten sich die beiden neu zugezogenen Paare, die Beschwerde gegen das Glockengeläut einreichten. Eine Partei hat ihre Beschwerde inzwischen zurückgezogen. Der andere Beschwerdeführer habe der Gemeindeverwaltung mitgeteilt, dass er wegziehen wolle, sagt Gemeindepräsident Niklaus Lundsgaard-Hansen zu SRF.

Aarwangen Luftaufnahme
Das Dorf Aarwangen ist in den letzten Jahren gewachsen. Keystone

In Aarwangen treffen also verschiedene Bedürfnisse aufeinander. Denn die Gemeinde mit ihren knapp 5000 Einwohnenden sei stark geprägt von neuen Wohnquartieren, die in den letzten Jahren entstanden sind. «Der Konflikt ist für mich ein Ausdruck des Stadt-Land-Grabens», sagt Gemeindepräsident Lundsgaard-Hansen.

Viele Leute seien hinzugezogen. «Diese Menschen kommen zwar meist nicht aus Städten, aber aus Agglomerationen, sind weniger landwirtschaftlich geprägt», sagt Lundsgaard-Hansen, der selbst erst vor vier Jahren nach Aarwangen gezogen ist.

Abstimmen über die Kuhglocken-Initiative

Trotzdem muss Aarwangen nun ganz offiziell reglementieren, wie Klang und Ruhebedürfnis unter Wahrung der Lärmschutzverordnung möglich sind. Denn die Glockeninitiative kommt bei der nächsten Gemeindeversammlung im Dezember aufs Tapet. Bis dann hofft der Kanton, die Kuhglocken-Beschwerde abschliessend behandelt zu haben, heisst es auf Anfrage.

Derweil hat es der Kuhglocken-Streit sogar ins Museum geschafft: Das Ortsmuseum Langenthal hat eigens eine Sonderausstellung organisiert.

Holt die Kuhglocken ins Museum: Jana Fehrensen, Leiterin des Dorfmuseums Langenthal. SRF

Die Schellen, der Stein des Anstosses, hängen dort an einem Holzgestell. «Bei Streitigkeiten wie in Aarwangen geht es gar nicht um Lärm, Lautstärke oder Dezibel. Sondern um Toleranz», sagt Museumsleiterin Jana Fehrensen.

Kuhglocken-Geläut beschäftigt die Gerichte

Dürfen Kühe in der Nacht auf der Weide Glocken tragen? Landauf, landab beschäftigen sich mit dieser Frage immer wieder Beschwerdeinstanzen und Gerichte. Denn da es für Glockengeläut keine Grenzwerte gibt, muss jeder Fall einzeln beurteilt werden.

  • 2021 entschied ein Aargauer Gericht: Kuhglocken von der Nachtruheregelung auszuschliessen, sei falsch. Ein Aargauer Bauer muss seinen Kühen ab 22 Uhr die Glocken ausziehen.
  • 2019 entschied die Gemeindeversammlung von Bauma (ZH), dass Kuhglocken keinen Lärm machen. Damit können Anwohnende keine Beschwerden mehr einreichen.
  • 2018 entschied das Bundesgericht in einem anderen Fall zugunsten eines Bauern. Das Geläut von Glocken und Treicheln an der fraglichen Lage gehöre seit Jahrzehnten zu den örtlichen Gegebenheiten und entspreche dem Ortsgebrauch.
  • 1975 hielt das Bundesgericht einem Leiturteil fest, dass Kuhglocken-Gebimmel in einem Wohnquartier über das hinaus gehe, was zu ertragen sei. Und verbot dem Bauer, seinem Vieh beim nächtlichen Weidegang Glocken umzuhängen.

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