Ein Riese seiner Art: Maler Franz Gertsch gestorben
Er war für seine übergrossen und hyperrealistischen Bilder bekannt. Jetzt ist Franz Gertsch verstorben, für den auch die Natur eine grosse Inspirationsquelle war.
Gearbeitet hat er bis ganz zum Schluss. In einem Atelier, das gemessen an Franz Gertschs monumentalen Bildern überraschend klein ist. Von künstlerischem Chaos keine Spur: Gertschs Arbeitsraum war stets aufgeräumt.
Neben der Tür steht eine Chaiselongue, darüber hängt ein Bild des jungen Gertsch. Es zeigt eine abstrahierte Strassenszene aus Bern in Rosa, Violett und Blau, die der Künstler als 16-Jähriger gemalt hat
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Maler mit Musikerherz
Als junger Mann wollte er Musiker werden, sein Vater war Sänger. Schon als Knabe begann Franz Gertsch mit dem Klavierspiel. Als junger Mann dachte er daran, ein Klavierlehrerdiplom abzulegen. Aus Angst, die Malerei könne sich als brotlos erweisen.
Es kam anders. Franz Gertsch entschied sich für die Kunst, besuchte die Malschule von Max von Mühlenen in Bern. Doch Franz Gertsch sieht eine klare Parallele zwischen Kunst und Klavierspiel. Die sichtbare Natur, das ist für ihn Code, den er als Maler interpretieren muss, «vergleichbar mit den Noten, die ein Klavierspieler hat.»
Zeitgeist, aber anders
Erste Erfolge hatte Franz Gertsch mit Bildern im Stil der Pop Art. Flächige Motive in kräftigen Farben. Bald merkte der Künstler, dass diese plakative Malweise ihm nicht entsprach. Er wollte lebendigere Bilder schaffen, aber immer noch im Zeitgeist der 1960er- und 1970er-Jahre.
Er begann grossformatige hyperrealistische Bilder zu malen, in denen er Menschen in alltäglichen, unspektakulären Szenen darstellte. In diesen Bildern verwendet er zum Teil Leuchtfarben, um die Motive plastischer erscheinen zu lassen.
Mitte der 1970er-Jahre zog Franz Gertsch mit seiner Frau Maria und den Kindern in ein altes Bauernhaus in Rüschegg im Schwarzenburger Land. Die Natur, die im Spätwerk Gertschs eine zentrale Bedeutung hat, war hier für den Künstler sehr präsent.
Künstler als Spaziergänger
Die Mystik des Wachsens, des So-Seins, beschäftigte Franz Gertsch: «Wie ist diese Vielfalt in der Natur möglich? Wenn sie diesen verschneiten Baum anschauen: Wer hat so viel Fantasie, um diese Strukturen, diese Bewegungen zu vollbringen?»
Viele Motive seiner späteren Werke stammen aus der unmittelbaren Umgebung des Hauses. Das Flüsschen Schwarzwasser hat er in seiner Kunst ebenso verewigt, wie die Pflanzen der Umgebung und das Waldstückchen, in dem er seinen täglichen Spaziergang machte.
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In diesem Wäldchen nahe dem Haus schoss er die Fotovorlagen zu seinem Jahreszeiten-Zyklus, der von 2007 bis 2011 entstand. Die Bilder zeigen ein unspektakuläres Stückchen Wald, wie man es überall in der Schweiz finden könnte. Viele Museumsbesucher, so erzählte Franz Gertsch, fühlten sich vor dem Bild an eigene Spaziergänge erinnert.
Die Natur im Blick
Das Spazierengehen war auch für Franz Gertsch ein Akt des Nachdenkens und Anschauens. Darum geht es auch in seinen Werken: um die visuelle und die geistige Erfahrung der Natur als dem Ausdruck des Lebendigen.
Ein menschliches Gesicht interessierte den Künstler ebenso sehr wie ein einfaches Blatt oder die gekräuselte Oberfläche von fliessendem Wasser. Die Wesenheit des Natürlichen: Das war es, was Gertsch in seiner Kunst einzufangen suchte.
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