«Faire Verkehrsfinanzierung statt Dauerstau»
Trotz Dauerstau bezahlen die Strassenbenützer eine Rekordbelastung an Steuern und Abgaben. Statt Strassen zu sanieren und auszubauen werden Strassengelder Jahr für Jahr zweckentfremdet. Mit einem Ja zur "Milchkuhinitiative" am 5. Juni 2016 gibt es nun endlich eine Lösung für eine faire Verkehrsfinanzierung. Dies schreibt Reto Jaussi, Direktor des Schweizer Nutzfahrzeugverbands, in seinem Gastkommentar.
Wirtschaft und Verkehr gehen Hand in Hand. Im internationalen Standortwettbewerb ist die Schweiz auf eine Top-Strasseninfrastruktur angewiesen. Die individuelle Mobilität der Schweiz beruht zur Hauptsache auf dem Strassenverkehr.
Die Versorgung mit Gütern und deren Entsorgung wären ohne Strassentransport schlichtweg undenkbar. 80 Prozent aller Waren werden über die Strasse befördert. Wirtschaft, Gewerbe und Bevölkerung sind auf das Transportgewerbe und auf ein leistungsfähiges Strassennetz angewiesen.
Nach den massiven Investitionen in die Schiene (FABI, NEAT, Bahn 2000) soll nun auch die Strasse zum Zug kommen. Denn im Gegensatz zur Schiene besteht das Strassennetz noch immer auf den Grundzügen von 1960. Für die künftigen Generationen sind eine Modernisierung und der vernünftige Ausbau unabdingbar.
Strassentransport wird ausgebremst
Die Vernachlässigung der Strasse belastet die Städte und Agglomerationen täglich in Form von Stau. Ein einziger Stau führt dazu, dass der ganze Tagesablauf in einer Disposition über den Haufen geworfen wird. Die unliebsamen Folgen sind Verspätungen, Lieferschwierigkeiten, Stress für die Berufsfahrerinnen und -fahrer und je nachdem sogar Konventionalstrafen.
Der Stau ist auf den Nationalstrassen inzwischen auf jährliche 21‘541Stunden angewachsen. Gemäss Bund belaufen sich die Kosten dafür auf über 1,5 Mrd. Franken. Der Stau ist volkswirtschaftlicher Irrsinn, der auch unsere Umwelt mit unnötigem CO2 durch Stop-and-Go-Verkehr und Umwegfahrten belastet.
«Standpunkt»
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Dabei ist der Grossteil des Staus nicht etwa durch Baustellen oder Unfälle bedingt. Ganze 85 Prozent sind auf Verkehrsüberlastungen zurückzuführen. Der Handlungsbedarf ist also gross. Die Engpässe von Genf bis St. Gallen und von Basel bis nach Chiasso gilt es zu beseitigen.
Dieser Meinung sind auch 72 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung, die Stau als grosses Problem empfinden.
Die ASTAG hat deshalb zusammen mit andern Strassenverbände die Milchkuhinitiative am 10. März 2014 mit 114’326 Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht.
Hauptproblem Zweckentfremdung
Geld für die Engpassbeseitigung wäre ja eigentlich ausreichend vorhanden. Beispielsweise bezahlt die Transportbranche über 1.5 Mrd. Fr. Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Hinzu kommen weitere Strassengelder bestehend aus Vignette, Mineralölsteuer oder Mineralölsteuerzuschläge. Doch all diese Abgaben und Steuern fliessen heute zweckentfremdet in die allgemeine Bundeskasse, Bahnprojekte oder zu den Kantonen.
Faire Verkehrsfinanzierung
Mit der Milchkuhinitiative gibt es nun endlich eine faire Lösung. Zwar nicht für die LSVA. Diese Abgabe soll auch künftig zu zwei Drittel zur Schiene.
Ganz getreu dem in der Bundesverfassung festgehaltenem Verursacherprinzip sollen die restlichen Steuern in die Strassenkasse fliessen.
Die Initiative bringt auch mehr demokratische Mitspracherechte. Im Strassenverkehr soll künftig jede Einführung oder Erhöhung von Steuern, Gebühren und Abgaben dem fakultativen Referendum unterstehen. Und mit der Initiative wird die faire Verkehrsfinanzierung sichergestellt. Strassenbenützer werden nicht noch stärker belastet und die Engpässe könnten endlich beseitigt werden. Nur so wird der Stau von Morgen reduziert.
Zwar diskutieren Bundesrat und Parlament über den Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds NAF. Aber nur mit der Milchkuhinitiative kann dieser sinnvolle NAF-Strassentopf nachhaltig und ohne zusätzliche Strassenabgaben finanziert werden. Die ASTAG sagt deshalb mit Überzeugung Ja zur Milchkuhinitiative.
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene des Autors und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
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