Auslandschweizer setzen Banken im Inland unter Druck
Schweizer Banken behandeln die Auslandschweizer als Bürger zweiter Klasse. Zu diesem Schluss kommt die Auslandschweizer-Organisation (ASO). Weil in den letzten fast zehn Jahren Gespräche mit den Banken ergebnislos blieben, erhöht die ASO nun den politischen Druck. Nun nimmt sie auch die Kantonalbanken ins Visier.
Aufgelöste Konten, eingefrorene Guthaben, abgeschaffte Kreditkarten: Nachdem Schweizer Banken ins Visier der ausländischen Justiz geraten waren, weil sie Kunden im Ausland geholfen haben sollen, Geld vor dem Fiskus zu verstecken, verweigerten sie fortan gewisse Finanzdienstleistungen nicht nur gegenüber Ausländern in bestimmten Ländern, sondern auch gegenüber Auslandschweizern. Für Auslandschweizerinnen und -schweizer ist es seit 2008 schwierig, zu vernünftigen Konditionen Bankbeziehungen mit der Schweiz zu unterhalten. Trotzdem ist es für sie in gewissen Fällen erforderlich, ein Bankkonto in der Schweiz zu haben. Gewisse Krankenversicherer oder Pensionskassen zum Beispiel verlangen dies. Zudem haben nicht wenige Auslandschweizerinnen und -schweizer Wohneigentum in der Schweiz und müssen dort über ein Konto verfügen, über das sie die laufenden Kosten bezahlen können.
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Vergebliche Liebesmüh
Gegen diese Diskriminierung im Vergleich zu Schweizer Kunden im Inland setzt sich deren Interessenorganisation seit Jahren zu Wehr. «Weder die wiederholten Anfragen an die zuständigen Departemente des Bundes noch die Kontaktaufnahme mit den Schweizer Banken, der Schweizerischen Bankiervereinigung oder dem Schweizerischen Bankenombudsmann haben zu einer einvernehmlichen Lösung geführt», teilte die ASO anlässlich ihres Jahreskongresses in Basel an einer Medienkonferenz mit. «Ein Geschäftsmodell, das Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ausschliesst, ist diskriminierend, bringt den Finanzplatz in Verruf und schadet der Schweiz», sagte ASO-Präsident Remo Gysin. Dieser Diskriminierung müsse auf politischer Ebene ein Ende gesetzt werden, unterstreicht die ASO.
Weil systemrelevante Banken bei finanziellen Schwierigkeiten in den Genuss einer Staatsgarantie kommen würden, sollten sie verpflichtet werden, Auslandschweizer als Kunden zu akzeptieren. Das Gleiche gelte für Banken in öffentlicher Hand, wie die PostFinance oder verschiedene Kantonalbanken. Diese hätten eine besondere Verantwortung gegenüber Schweizer Bürgern. Wenn der Dialog mit den Finanzinstituten nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führe, werde die ASO auf die Eigner der Kantonalbanken und die kantonalen Parlamente zugehen.
Lobby lässt nicht locker
Die Auslandschweizer-Lobby hatte in den letzten Jahren im Parlament erfolglos versucht, gegen die Benachteiligung der Schweizer Bankkunden im Ausland vorzugehen. Mit ihren jüngsten Vorstössen scheint sie aber grösseren Rückhalt zu bekommen.
Im Mai dieses Jahres lehnte die grosse Parlamentskammer eine MotionExterner Link von Roland Rino Büchel, Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und ASO-Vorstandsmitglied, mit einer Differenz von nur drei Stimmen ab. Filippo Lombardi, Ständerat der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und ASO-Vizepräsident reichte im Juni in der kleinen Kammer eine MotionExterner Link ein, die von 35 Ständeräten unterzeichnet worden war. Die Motion fordert, dass alle Auslandschweizer bei einer systemrelevanten Bank ein Konto eröffnen können. Und am 3. Juli reichte die Aussenpolitische Kommission eine MotionExterner Link ein, mit der PostFinance aufgefordert wird, die Ausweitung der Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs auf Auslandschweizer zu prüfen.
Bankiervereinigung kritisiert Forderungen
In einer Stellungnahme äussert die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) Verständnis für die Situation der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Diese würden von den Banken nicht anders behandelt als ausländische Kunden in den jeweiligen Ländern, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte. Bei den Bankbeziehungen werde auf das Domizil und nicht auf die Nationalität des Kunden abgestellt.
Die Forderung der ASO, Schweizer Bürger gegenüber anderen Kunden im selben Land zu bevorzugen, sei nicht akzeptabel. Die SBVg erachte einen solchen Zwang als unangemessenen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit. Die Banken würden gemäss der Sprecherin dadurch letztlich gezwungen, sich Rechtsrisiken auszusetzen.
Die Vereinigung sei indes zum Dialog bereit. Die Sprecherin verwies darauf, dass es unter den 261 Banken in der Schweiz viele Institute gebe, die auch für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer passende Angebote hätten – eine grosse Angebotsvielfalt bestehe.
(AWP)
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