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Credit Suisse kann umstrittene Boni auszahlen

Zwei Greenpeace-Aktivisten seilten sich ins Zürcher Hallenstadion ab. Mit einem Transparent kritisierten sie das Engagement der Grossbank bei einem umstrittenen Pipeline-Projekt in den USA. Keystone

Trotz heftiger Proteste vor und an der Generalversammlung winken die Aktionäre der Schweizer Grossbank Credit-Suisse am Freitag die umstrittenen Boni durch. Die Zustimmung zum Vergütungsbericht 2016 ist mit 58 Prozent Ja allerdings tief.

Auch wenn grosse Stimmrechtsvertreter wie die Schweizer Stiftung Ethos den Vergütungsbericht ablehnten, behielten die Grossinvestoren-Vertreter der Credit Suisse (CS) die Oberhand: Nur 40 Prozent der vertretenen Aktionäre lehnten den Bericht ab. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurde dieser lediglich von 20 Prozent abgelehnt.

CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner zeigte sich denn auch enttäuscht. «Das ist deutlich unter den Vorjahren», kommentierte er das Resultat. Der Verwaltungsrat werde die Konsultationen mit den Aktionären intensivieren und sich Gedanken über die Vergütungspolitik machen. Weiter: «Wir wollen keinen Vergütungsbericht, der knapp mit 58 Prozent angenommen wird.»

Proteste wegen Boni

Von den Aktionären drohte der CS hauptsächlich wegen ihrer Vergütungspolitik Gegenwind. Rohner entschuldigte sich an der Generalversammlung für seine mangelnde Sensibilität bei der Beurteilung der Lohnbemessung.

«Wir mussten massive Kritik gewärtigen, sei es an den Vergütungen, aber auch sonst», sagte er. Beim Entscheid über die Boni-Zahlungen habe es zwischen dem Verwaltungsrat und den Aktionären und Stimmrechtsberatern nur einen wirklich grossen Unterschied gegeben. Es sei um die Einschätzung gegangen, ob die Busse rund um den Steuerstreit mit den USA von total 2,48 Milliarden Dollar bemessen werden solle oder nicht. «Wir akzeptieren, dass man diesbezüglich anderer Meinung sein kann.»

Aktionäre protestierten laut im Saal. Immer mehr Aktionäre ergriffen das Wort, allerdings konnte man sie nicht im ganzen Saal hören. Sie betonten, dass sie ein Recht hätten zu sprechen.

Ins verschneite Zürich-Oerlikon waren am Freitag 1640 Aktionäre gekommen, die 1,27 Prozent des Aktienkapitals vertreten. Im Saal vertreten waren insgesamt 13,4 Milliarden Stimmen.

Seit der Annahme der so genannten Abzocker-Initiative durch das Schweizer Stimmvolk im Jahr im März 2013 haben die Aktionärinnen und Aktionäre in der Schweiz mehr Rechte. Unter anderem können sie Boni begrenzen. Trotzdem blieben die die Boni-Anteile in der Privatwirtschaft nach wie vor sehr hoch.

Verluste für Pensionskassen

Neben den grossen US-amerikanischen Stimmrechtsberatern ISS und Glass Lewis hielt auch die Schweizer Anlagestiftung Ethos daran fest, den Vergütungsbericht abzulehnen. Zusammengenommen vertreten die drei rund einen Drittel des Aktienkapitals der Grossbank.

Grossgeldgeber haben wegen der schlechten Aktienperformance der CS in der letzten Zeit Einbussen erlitten. Doch nicht nur sie, auch die Pensionskassen, die bei Ethos angeschlossen sind, haben seit Rohners Wahl vor sechs Jahren 60 Prozent ihres Einsatzes verloren.

Handfeste Kritik

Die CS stand aber nicht nur wegen ihrer Boni in der Kritik. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Beteiligung der Grossbank bei der Finanzierung der umstrittenen North Dakota Access Pipeline in den USA.

Während der Rede von CS-Chef Tidjane Thiam liessen zwei angeseilte Greenpeace-Aktivisten ein gelbes Plakat vor der Tribüne herunter mit der Aufschrift «Stop dirty pipeline deals». Thiam sagte dazu vor dem fast vollen Zürcher Hallenstadion: «Ich unterstütze die freie Meinungsäusserung», und fuhr fort.

Externer Inhalt

Die Gesellschaft für bedrohte Völker teilte zudem am Freitag mit, sie reiche Beschwerde ein beim Nationalen Kontaktpunkt (NCP) für die OECD-Leitsätze (angesiedelt beim Staatssekretariat für Wirtschaft Seco). Vor dem Zürcher Hallenstadion, wo die GV stattfand, demonstrierte die Organisation mit Flugblättern und farbigen Federn.

Der Protest richtet sich gegen eine Pipeline, die im US-Bundesstaat North Dakota durch ein Gebiet verlaufen soll, in dem der Stamm der Standing Rock Sioux heilige Stätten hat. Die Ureinwohner sind nicht nur über die Entweihung des Landes empört, sondern befürchten auch, dass ihr Trinkwasser durch Leitungslecks verseucht werden könnte.

Zufriedene UBS

Die andere Schweizer Grossbank, die UBS, präsentierte am Freitag ihre Quartalszahlen. Sie konnte im ersten Quartal einen Gewinnsprung machen: Unter dem Strich verdiente die Grossbank 1,3 Mrd. Fr, 80% mehr als im Vorjahr. Damit hat die UBS die Erwartungen deutlich übertroffen.

Das Ergebnis sei sehr stark, kommentierte UBS-Chef Sergio Ermotti in einem Communiqué vom Freitag.

Allerdings war das Vorjahresquartal relativ schwach gewesen. Damals hatte die UBS lediglich einen Reingewinn von 707 Mio. Fr. erzielt, was seinerzeit das schlechteste Quartalsergebnis seit 2013 gewesen war.

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