«Fixerstübli» für Abhängige: Wie Zürich die Drogenpolitik von San Francisco inspiriert
Seit über 20 Jahren sind Zürich und San Francisco Partnerstädte. Aktuelles Thema: Die Drogenkrise, welche die amerikanische Stadt an der Westküste im Griff hat.
Der Auslandschweizer Gianmatteo Costanza leitet in San Francisco das Komitee, das die Freundschaft zwischen den beiden Städten pflegt. Dieses liefert Inputs zu Gebieten, in denen die Partnerstädte zusammenarbeiten können.
SWI swissinfo.ch: Herr Costanza, auf welchen Bereich haben Sie sich in letzter Zeit konzentriert?
Gianmatteo Constanza: In den letzten Jahren haben sich die beiden Städte über den Umgang mit dem Drogenkonsum ausgetauscht. Das Problem betrifft auch San Francisco. Das Zürcher Modell, das in den 1990er-Jahren bei der Platzspitz-Krise geholfen hat, könnte auch hier helfen.
Also geschützte Räume für den Drogenkonsum?
Richtig, kontrollierte Drogenabgabestellen wurden bereits in unserem Zusammenarbeitsabkommen von 2018 erwähnt, als sich San Francisco schon mitten in der Krise befand. In diesem Fall diente Zürich als Modell für die Einführung von sicheren Ausgabestellen. Danach startete San Francisco 2022 ein Pilotprojekt, das etwa elf Monate dauerte.
Wie lief es?
Nicht wie erhofft. Die Gründe dafür sind komplex. Man muss wissen, dass ein solches Projekt in den USA auf Bundesebene illegal ist. Schliesslich wurde klar, dass selbst Gouverneur Gavin Newsom die Idee nicht unterstützte. Da sahen sich die Organisationen, die das Zentrum betrieben, auch aus rechtlichen Gründen nicht mehr in der Lage, den Versuch fortzusetzen.
Wie ging es weiter?
Im letzten September organisierten wir ein Treffen mit Experten für Drogenpolitik, Leute aus den Bereichen Polizei, Gesundheit und Sozialpolitik. Die Schweizer Delegation reiste aus Zürich an, um hier mit ihren Kolleg:innen an diesem Thema zu arbeiten. Es war ein fruchtbares Treffen. Man schöpfte wieder Vertrauen in die Erfolgsaussichten dieses Experiments.
Dass der erste Versuch scheiterte, lag nicht daran, dass die Idee nicht funktionierte. Er war einfach ungenügend koordiniert. In Zürich kam der Erfolg, das kann man auch hier versuchen. Für die Leute aus Zürich bot sich auch die Gelegenheit, mehr über die Fentanyl-Krise zu erfahren.
Über 20 Jahre Städtepartnerschaft – was war da sonst noch Thema?
Es gab in diesen Jahren viele kulturelle und technische Austausche. Im Bereich der erneuerbaren Energien reisten Expert:innen aus San Francisco nach Zürich, um neue Solarpaneele vorzustellen. Expert:innen aus dem Bereich der Stadtentwicklung kamen aus Zürich.
Ein weiterer Schwerpunkt war der öffentliche Verkehr. Eine Delegation aus der Bay Area reiste im Juni nach Zürich, um das Schweizer Einzelfahrscheinmodell zu studieren. Hier in der Bay Area gibt es mehr als 27 unabhängige Verkehrsbetriebe, deren Billette miteinander nicht kompatibel sind. Da kam ein wichtiger Input aus der Schweiz.
Also lohnt sich eine solche Partnerschaft?
Das sieht man schon daran, dass sie schon seit über 20 Jahren besteht. Auch die Investitionen der Schweiz, nicht nur von Zürich, in den Technologiesektor des Silicon Valley sind nach wie vor beträchtlich.
Die Städtepartnerschaft
2003 unterzeichneten Willie Brown, Bürgermeister von San Francisco, und Elmar Ledergerber, Bürgermeister von Zürich, die San-Francisco-Initiative und leiteten damit eine Partnerschaft zwischen ihren beiden Städten ein. Diese Initiative wurde einige Jahre später in «Sister City Partnership» umbenannt und damit die Partnerschaft zwischen den beiden Städten begründet.
Editiert von Balz Rigendinger
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