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Für die Vernichtung der Massenvernichtungs-Waffen

Reuters

Das Labor Spiez zum Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Waffen ist nur klein. Es spielt aber eine grosse Rolle bei der Beratung von internationalen Organisationen, die mit einigen der gefährlichsten Waffen der Welt zu tun haben.

Die Lage ist malerisch: Das Labor Spiez liegt oberhalb des Thunersees, die Berner Alpen mit Eiger, Mönch und Jungfrau scheinen zum Greifen nah.

In dieser Idylle werden einige der gefährlichsten Wirkstoffe hergestellt oder analysiert.

«Unser Kerngeschäft ist die Wissenschaft», sagt Stefan Mogl dem Besucher. Der Chef des Fachbereichs Chemie im Labor Spiez sitzt auch im wissenschaftlichen Beirat der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW).

Im giftigen Sprühnebel 

Die Labors sind vollgestopft mit teuren Messinstrumenten und Analyse-Apparaten. In einem hermetisch verschlossenen Raum werden Schutzanzüge, welche die Soldaten und Zivilschutzangehörige vor atomaren, biologischen oder chemischen Stoffen schützen sollen, auf ihre Funktionsfähigkeit getestet. Dazu werden sie mit gefährlichen Wirkstoffen besprüht.

Dieses Testzentrum ist eine der ganz wenigen Abteilungen im Labor Spiez, die einer kommerziellen Nutzung offen stehen. Hier können Hersteller Schutzkleidung austesten, bevor die Produkte auf den Markt kommen.

In einem anderen Gebäude auf dem Laborgelände stellen zwei Forscher chemische Kampfstoffe her.

Einer der Spezialisten misst in einer so genannten Glovebox (ein abgeschlossener Behälter, in den man von aussen mittels zweier grosser Gummihandschuhe hineingreifen kann) kleinste Mengen von Wirkstoffen ab. Die Apparatur im Innern der durchsichtigen Glovebox wird vom Kollegen in einem Nebenraum via Fernbedienung bedient.

Die hergestellten Proben dienen später als Referenz für eingesandte Proben verschiedenster Herkunft.

Lange Geschichte 

Die Einrichtung des Labors ist auf dem neuesten Stand. Die Geschichte des Hauses aber ist alt. Seit über 80 Jahren hantieren in Spiez Spezialisten mit chemischen Kampfstoffen. Solche zeigten erstmals im Ersten Weltkrieg, welch grauenvolle Wirkung sie haben.

Im Kalten Krieg mit dem Wettrüsten der beiden Supermächte USA und Russland wurde der Schutz vor der atomaren Bedrohung ein Thema. In den letzten Jahrzehnten ist die Gefahr von biologischen Kampfstoffen anstelle der Bedrohung durch Atomwaffen getreten.

Heute ist die Kompetenz der Spiezer ABC-Experten weltweit anerkannt. «Braucht die UNO Spezialisten, steht Spiez ziemlich weit oben auf ihrer Liste», sagt Stefan Mogl. Geht es um Abkommen zur Eindämmung und Vernichtung von chemischen oder biologischen Waffen, die Atomenergie-Agentur oder das UNO-Umweltprogramm, greift die Weltorganisation gern auf die Spiezer zurück. Diese beraten ebenfalls das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) über Schutzmöglichkeiten von dessen Mitarbeiter, die Einsätze in Risikogebieten leisten.

Die rund 100 Mitarbeiter akkumulieren ein Wissen, welches das Labor heute zur internationalen Referenz macht. Zusätzliches Gewicht erhält das Zentrum aufgrund der Neutralität und Unabhängigkeit der Schweiz auf dem internationalen Parkett.

Gefragte Spezialisten 

Mitarbeiter nehmen seit 1980 regelmässig an internationalen Überprüfungs- und Überwachungsmissionen teil, so etwa in Irak, Albanien und Myanmar.

«Wissenschaftliches Know-how und Missionen hängen stark zusammen. Was wir draussen sehen, hilft uns bei der Interpretation von Resultaten im Labor», so Mogl.

Das hohe Niveau zu halten, ist gerade für ein relativ kleines Labor schwierig. Und weil das Personal aus hochqualifizierten Wissenschaftern und Technikern besteht, sind Abgänge nur schwer zu kompensieren.

Um diesem Problem die Spitze zu nehmen, bietet das Labor Programme für Doktoranden an und bildet Lehrlinge aus.

Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima vom vergangenen Jahr war Spiezer Know-how gefragt. Einerseits bezüglich Messung von ausgetretener radioaktiver Strahlung, andererseits in der Information der Bevölkerung über die Folgen des Unfalls in Japan in der Schweiz.

Ein weiterer Auftrag für die Mitarbeiter des Spiezer Labors bestand in der Untersuchung, was aus dem Uran aus Waffen nach deren Zerstörung geworden ist, und ob die Gesundheit von Menschen in jenem Fall gefährdet war.

Ebola im Berner Oberland 

Jüngstes Spezialgebiet der Berner Oberländer sind biologische Waffen. Obwohl offiziell niemand über solche verfügt, ermöglicht modernste Technologie, dass biologische Waffen zu einer grossen Bedrohung der kommenden Jahre werden können. In den letzten Jahren haben zudem Pandemien wie die Schweine- und Vogelgrippe gezeigt, wie wichtig das Vorhandensein analytischer Kompetenzen im eigenen Land ist.

Neuestes Kind in Spiez ist ein Laborgebäude, das sich auf höchster Sicherheitsstufe befindet. Darin arbeiten die Spiezer Wissenschafter mit Ebola-, Marburg- oder Pockenviren, die zu den gefährlichsten Erregern des Planeten zählen.

Es ist das Schweizer Kompetenzzentrum für den Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Waffen.

Spiezer Experten unterstützen auch internationale Organisationen wie die UNO oder das IKRK sowie die Schweizer Regierung.

Die Kompetenz wird auch in Dienst der Schweizer Bemühungen für Rüstungskontrolle und Friedenserhaltung gestellt.

(Quelle: Labor Spiez)

Die Förderung der internationalen Waffenkontrolle ist eines der zentralen Elemente der Schweizer Sicherheitspolitik.

Ziel der Politik ist die Wahrung der nationalen und internationalen Sicherheit, insbesondere aber der weltweite Abbau der Zahl der Waffen.

Die Schweiz unterstützt seit je die Nicht-Weiterverbreitung und die Abrüstung von Waffen, insbesondere von Massenvernichtungswaffen.

Ziel ist die weltweite Vernichtung aller atomaren, biologischen und chemischen Waffen.

Weiteres Ziel der Schweizer Sicherheitspolitik ist die Vertrauensbildung unter den Staaten.

(Quelle: Schweizer Aussenministerium)

(Übertragung aus dem Englischen: Renat Kuenzi)

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