Gefragt ist ein Leuchtturm in diesen stürmischen Zeiten
Am Mittwoch hat der Ständerat als Zweitrat die Ratifikation des Pariser Abkommens zum Klimaschutz beschlossen und dabei bekräftigt, dass die Schweiz ihre CO2-Emissionen bis ins Jahr 2030 um 50% unter die Werte von 1990 senken soll. Dies ist ein erster Schritt, um den Anschluss an umliegende Länder zu halten – aber noch nicht mehr.
Nun gilt es, die Mittel, mit denen die Schweiz diese Ziele erreichen will, gesetzlich festzulegen. Die Schweizer Klimapolitik wird einerseits im Energiegesetz, dessen Revision das Stimmvolk am 21. Mai dieses Jahres angenommen hat, und andererseits im CO2-Gesetz geregelt. Dieses wird in den kommenden Monaten, nun da die Vernehmlassung zu Ende ist, im Parlament revidiert. Leider gibt der vorliegende Entwurf des Bundesrates wenig Anlass zu Freude. Von der vorgeschlagenen 50-prozentigen Senkung der Emissionen sollen bis zu 20 Prozentpunkte durch Reduktionen im Ausland erreicht werden dürfen, nur 30 Prozentpunkte müssten zwingend mit inländischen Massnahmen erreicht werden.
Swiss Youth For ClimateExterner Link ist eine neutrale Nichtregierungs-Organisation. Gegründet wurde sie 2015. Ihr Hauptziel ist es, der Jugend einen Platz in der politischen Debatte zum Klimawandel zu geben.
Gegenüber der heutigen gesetzlichen Situation ist dieses inländische Engagement nicht mal ein minimaler Fortschritt. Es ist zwar löblich, dass die Schweiz auch Emissionen im Ausland einsparen will, denn sie verursacht durch Importe grosse Mengen an Treibhausgasen im Ausland. Dieses ausländische Engagement sollte aber dasjenige im Inland ergänzen und keinesfalls ersetzen, wie es dem Bundesrat vorschwebt.
Aber der Entwurf des CO2-Gesetzes enttäuscht auch in anderer Hinsicht. So fehlt eine Perspektive zum Ausstieg aus fossilen Energien, obwohl nur ein solcher mit heutigen technologischen Mitteln zur Erfüllung der Ziele im Pariser Abkommen führen kann. Auch der Verkehr soll nicht wesentlich stärker angegangen werden als bisher. Doch ist genau dies der Bereich, in dem die Schweiz bislang kaum Fortschritte hat erzielen können. Schliesslich fehlen Ideen, um den finanziellen Beitrag der Schweiz an arme Länder zu regeln, zu denen sich die reichen Länder im Pariser Abkommen verpflichtet haben.
Vom Parlament sind deutliche Korrekturen in diese Richtungen zu fordern, damit das CO2-Gesetz den im Pariser Abkommen gemachten Versprechungen entspricht.
Schweiz soll sich an Führungsrolle beteiligen
Die internationale Klimapolitik läuft gerade Gefahr, den Schwung zu verlieren, den sie seit der Aushandlung des Pariser Abkommens hatte. Denn in einem Akt der globalen Verantwortungslosigkeit hat US-Präsident Trump letzte Woche bekanntgegeben, aus dem Pariser Abkommen auszusteigen. Zwar kann auch die rückwärtsgewandteste Politik kein neues fossiles Zeitalter einläuten, denn dafür sind die erneuerbaren Energien längst zu weit entwickelt. Dennoch ist dies ein Schlag ins Gesicht der Vertragspartner und insbesondere der Bevölkerung der ärmeren Länder, die von einem ungebremsten Klimawandel am stärksten betroffen wären.
Umso mehr ist es zu begrüssen, dass die EU und China nicht lange gewartet haben, um ihr Engagement zum Klimaschutz zu bekräftigen und Trumps Rückzug zu kritisieren. Genau eine solche Führungsrolle wünscht man sich in diesen unsicheren Zeiten auch von der Schweiz. Hierfür aber müsste die Schweiz die Lücke zwischen Taten und Worten endlich schliessen und vor allem das US-amerikanische Eigengoal zum Anlass nehmen, umso entschlossener voranzugehen und international für möglichst ambitionierten Klimaschutz einzustehen. So könnte sich die Schweiz mit den anderen Ländern dafür einsetzen, dass die Parteien des Pariser Abkommens Zölle auf Importe aus den USA erheben, um die unkontrollierten CO2-Emissionen in Amerika abzugelten.
Weitsicht ist gefragt
Stattdessen rief die rechts-konservative Schweizerische Volkspartei (SVP) gar dazu auf, es Trump gleichzutun und dem Pariser Abkommen fernzubleiben – eine Flucht in die Vergangenheit, anstatt mit Weitsicht die Zukunft zu gestalten. Die Welt braucht in solch stürmischen Zeiten einen Leuchtturm, der den Weg weist. Welches Land wäre denn in einer besseren Ausgangslage dies zu tun als die Schweiz mit ihrer traditionell verankerten Diplomatie, ihrem Reichtum, ihrem Innovationsgeist und ihrer demokratischen Tradition?
In Anlehnung an die kanadische Publizistin Naomi Klein bleibt nur zu sagen: Die Geschichte hat an die Tür geklopft. Haben wir den Mut, die Tür zu öffnen!
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