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Bringen die Zentralbanken die Inflation wieder unter Kontrolle?

Klaus Adam und Fabio Canetg
Live Fabrik

Am 15. Dezember trifft sich die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Zinsentscheid. Trotz einer Inflation von 10 Prozent erwarten viele Fachleute eine Zinserhöhung von nur 0,5 Prozentpunkten. Klaus Adam, Professor für Makroökonomie an der Universität Mannheim, findet das eine schlechte Idee.

«Es geht jetzt darum, die Zinsen so lange zu erhöhen, bis man einen dauerhaften Rückgang in der Inflation sehen kann.» Das sagt Klaus Adam, Professor für Makroökonomie an der Universität Mannheim, vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank diesen Donnerstag. Zwar hat sich die Inflation in der Eurozone zuletzt etwas reduziert, mit 10 Prozent liegt sie aber immer noch deutlich über dem Ziel von 2 Prozent.

Sorgen macht Adam vor allem eines: «Das grösste Problem ist, dass die Inflation immer breiter wird.» Es steigen also nicht mehr nur einzelne, sondern immer mehr Preise.

Ob das so weitergehen wird, ist unklar. Adam sagt: «Wir wissen schlicht nicht, wie deutlich sich die stark gestiegenen Energiepreise noch auf andere Güter und Dienstleistungen durchschlagen werden.»

Es könne zwar durchaus sein, dass die Inflation rasch wieder runterkomme. Das sei aber nicht sehr wahrscheinlich. Noch wirken nämlich breit angelegte staatliche Stützungsmassnahmen. «Das befeuert die Inflation zusätzlich.» Ursprünglich waren die Massnahmen dafür gedacht, die Auswirkungen der Inflation zu lindern.

Französischer Zentralbanker will die Zinsen weniger stark erhöhen

Verantwortlich für eine stabile Inflation in der Eurozone ist die Europäische Zentralbank. Ihr Leitzins liegt aktuell bei 1,5 Prozent. «Das wirkt nach wie vor stimulierend», so Adam im GeldcastExterner Link von swissinfo.ch.

Und das, obwohl die EZB im Juli aus den Negativzinsen ausgestiegen ist und zuletzt ihre Leitzinsen zweimal um satte 0,75 Prozentpunkte angehoben hat. Üblicherweise erhöhen die Zentralbanken ihre Zinsen nur um 0,25 Prozentpunkte.

Seit dem letzten Zinsschritt im Oktober sind nun auch die Stimmen lauter geworden, die ein gemächlicheres Tempo bei den Zinserhöhungen fordern, darunter zuletzt Francois Villeroy de Galhau, der Gouverneur der französischen ZentralbankExterner Link.

Hohe Zinsen bremsen nämlich den Wirtschaftsgang – und das erhöht für Arbeitnehmende das Risiko, ihre Jobs zu verlieren. Zudem wirken Zinserhöhungen erst mit einiger Verzögerung auf die Inflation, weshalb ein umsichtiges Vorgehen richtig sein kann.

Davon hält Adam nichts. «Wenn die Europäische Zentralbank an ihrer nächsten Sitzung die Zinsen nur um 0,5 Prozentpunkte erhöhen würde, wäre das eine deutliche Abkehr von ihrer früheren Reaktionsfunktion.»

Konsens war lange, dass sich die EZB von der Zinsregel des US-Ökonomen John Taylor leiten lässt und die Zinsen stärker erhöht, als die Inflation ansteigt.

Ist die Volkswirtschaftslehre zu mathematisch geworden?

Diese Regel hat Taylor Anfang 1990er-Jahre vorgeschlagen. «Es war sicher ein grosser Fortschritt, dass die Zentralbanken damals von einer Geldmengensteuerung zu einer Zinssteuerung übergegangen sind», sagt Adam.

Allerdings hat die Regel auch ihre Schwächen: «Aus theoretischer Sicht ist die Taylor-Regel nicht zwingend die optimale Art und Weise, wie man Geldpolitik machen sollte.»

Was sagt Adam zur Kritik, dass die Makroökonomie zu mathematisch geworden sei? Die verbale Diskussion sei wichtig, so Adam, und die finde auch statt. Doch es brauche auch die formalen Modelle in der Volkswirtschaftslehre, denn: «Ohne mathematische Modelle können wir keine quantitativen Aussagen machen.»

Ein Gespräch über die einflussreichsten Forschungspapiere zur Geldpolitik, die drängendsten Forschungsfragen in der Makroökonomie, die diesjährigen Nobelpreisträger – und über die Geldpolitik von EZB-Präsidentin Christine Lagarde.

Hier geht es zum Geldcast mit Klaus Adam in voller Länge:

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