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Kleine Unternehmen, grosse Innovationen: Schweizer Startups

Vom Surfer zum reichsten Unternehmer der Schweiz

Guillaume Pousaz
Michael Buholzer Fotografie 2019, All Rights Reserved.

Der Genfer Guillaume Pousaz gründete den Bezahldienst Checkout.com und gilt als reichster Unternehmer der Schweiz. Das Porträt eines diskreten Geschäftsmanns, der einst sein Studium abbrach, um in Kalifornien surfen zu gehen.

Guillaume Pousaz wirkt mit seinem leuchtend weissen Hemd, seinem strahlenden Lächeln und seiner athletischen Erscheinung wie ein Popstar. Der 41-jährige Genfer gilt als reichster Unternehmer der Schweiz. Das Forbes-MagazinExterner Link schätzt sein Vermögen auf 23 Milliarden Dollar. Trotzdem ist Pousaz der breiten Öffentlichkeit gänzlich unbekannt.

Im Jahr 2012 gründete er in London die Finanz- und Zahlungs-Dienstleistungsfirma Checkout.com, die Netflix, Adidas oder Sony zu ihrer Kundschaft zählt. Das Unternehmen, das heute 1700 Mitarbeitende an 19 Standorten auf allen Kontinenten beschäftigt, wuchs schnell und sammelte im Januar 2022 Kapital in Höhe von einer Milliarde US-Dollar.

Durch diese Finanzierungsrunde, die bei Investmentgiganten wie Franklin Resources und Tiger Global Management getätigt wurde, stieg die Bewertung von Checkout.com auf rund 40 Milliarden US-Dollar.

Checkout.com hat die weltweit höchste Marktkapitalisierung im Finanztechnologie-Sektor und ist grösser als die Schweizer Unternehmen Logitech, Swisscom oder Swisslife. Guillaume Pousaz kontrolliert zwei Drittel des Kapitals und ist somit im Besitz von 23 Milliarden US-Dollar.

«Pousaz ist zu einer unumgänglichen Referenz des Schweizer Technologieunternehmertums geworden», sagt Olivier Laplace, Partner bei der Risikokapitalgesellschaft VI Partners.

«Das Besondere an Checkout.com ist, dass das Unternehmen erst spät in seiner Entwicklung Geld aufgenommen hat. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits sehr erfolgreich und wuchs rasant», sagt der Investor, der mit dem Genfer zusammengearbeitet hat.

Alles aus einer Hand

2019 belief sich die erste Kapitalbeschaffung auf eine Rekordsumme von über 200 Millionen US-Dollar. Da die Investorinnen und Investoren für 200 Millionen US-Dollar einen Anteil von 10% am Unternehmen erwarben, entsprach der Gesamtwert des Unternehmens zwei Milliarden US-Dollar.

«Investitionen in dieser Höhe sind äusserst selten», sagt Laplace. «Im Verlauf der Entwicklung eines Startups schwanken die ersten Risikokapitalinvestitionen normalerweise zwischen einer und fünf Millionen Dollar und geschehen zu einem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen noch wenig profitabel ist.»

Heute wickelt Checkout.com jedes Jahr Rechnungen im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar in über 150 Währungen ab. Während die Konkurrenz Subunternehmen beauftragen muss, um die verschiedenen Elemente der Transaktion zu verwalten, bietet Checkout.com alles aus einer Hand. Folglich sind die Dienstleistungen der Londoner Firma schneller, zuverlässiger und bringen grössere Gewinne ein.

Zur Kundschaft gehören auch prominente Fintechs wie Klarna aus Schweden oder Revolut aus Grossbritannien sowie Handelsplattformen für Kryptowährungen wie Coinbase (USA) und Crypto.com (Singapur).

Die Entstehungsgeschichte von Checkout.com führt über Singapur, wo Pousaz 2009 Opus Payments gründete. Ziel des Unternehmens war es, die Transaktionen von Händler:innen aus Hongkong zu bearbeiten.

Die Firma war ab 2011 dank einer Vereinbarung mit der chinesischen Website Dealextreme profitabel. 2012 wurde Opus Payments in Checkout.com umbenannt und in Grossbritannien registriert.

Ein weiterer Durchbruch gelang 2013, als Checkout.com eine Partnerschaft mit Visa und Mastercard etablierte. Durch Kooperationen mit den chinesischen Zahlungsgiganten Alipay und Wechat sicherte sich die Firma danach eine weltweite Führungsposition.

Im Hinblick auf eine mögliche Börsenkotierung hat sich das Unternehmen inzwischen von anfänglichen Kund:innen aus den Bereichen Pornografie und Glücksspiel distanziert.

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80-Stunden-Wochen

Der Erfolg von Guillaume Pousaz sei auf seine besonderen Kenntnisse des Markts und der Mechanismen der Kapitalbeschaffung zurückzuführen, sagt Laplace. «Pousaz ist ein Serienunternehmer. Mit Checkout.com betreibt er bereits sein drittes Fintech-Startup. Zudem verfügt er über ein beeindruckendes weltweites Netzwerk und ist sehr entschlossen. Kurzum, er hat ein aussergewöhnliches Profil.»

Pousaz› Geschäftssinn wird nur von seiner Diskretion übertroffen. Unsere Kontaktaufnahmen blieben unbeantwortet. Der Genfer hält sich von sozialen Netzwerken und dem öffentlichen Leben fern. Die britischen Medien beschreiben ihn aber als vertrauensvoll, offen und gelassen.

Der Vater von drei Kindern arbeitet regelmässig 80-Stunden-Wochen, wobei er die Sonntage opfert. Sein Arzt soll ihn wegen dieses Rhythmus gewarnt haben. Der sportbegeisterte Frühaufsteher sagte 2019 gegenüber ForbesExterner Link: «Meine Frau befürchtet, dass ich in diesem Tempo weitermache und mich diese Belastung ins Grab bringen wird. Steve Jobs hatte einen ähnlichen Lebenslauf wie ich.»

Zuerst Surfer, dann Seriengründer

Nach seiner Kindheit in Genf begann Pousaz ein Studium an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) und wechselte bald an die HEC Lausanne. In den 2000er-Jahren brach er sein Studium ohne Abschluss ab.

Der begeisterte Surfer flog nach Los Angeles. In Kalifornien bekam er einen Job bei der Finanzgesellschaft IPC, deren Bürogebäude in der Nähe eines Strandes standen. Diese Erfahrung war der Ausgangspunkt für seine Karriere im Zahlungsverkehr.

Da Pousaz schnell davon überzeugt war, dass der Online-Handel die Konsumgewohnheiten der Menschen revolutionieren würde, gründete er 2007 sein erstes Unternehmen: «NetMerchant». Das Startup ermöglichte es US-Händler:innen, Transaktionen in Fremdwährungen durchzuführen.

2009 kaufte er eine Firma auf Mauritius namens SMS Pay. Als er im selben Jahr Checkout.com aufbaute, hatte er eine klare Vision. Im Jahr 2014 liess er sich mit seiner Familie in Dubai nieder, um den interkontinentalen Markt zu erobern. Fünf Jahre später wählte er London als Standort für seine Firma, da die britischen Regulierungsbehörden Fintechs sehr freundlich gesinnt sind.

Parallel zu seiner Tätigkeit bei Checkout.com gründete Pousaz in der Schweiz eine Firma im Bereich Vermögensverwaltung, die in junge Fintechs investiert: Zinal Growth. Der Name spielt auf den Berglauf Sierre-Zinal an, den der Schweizer oft gelaufen ist.

Zinal Growth investierte unter anderem ins Zürcher Startup Yokoy, das sich auf die Verwaltung von Firmenspesen spezialisiert hat. Yokoy führte 2022 die Top 100 Startups-RanglisteExterner Link des Schweizer Förderprogramms VenturelabExterner Link an.

Editiert von Samuel Jaberg

Übertragung aus dem Französischen: Christoph Kummer

Übertragung aus dem Französischen: Christoph Kummer

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