Horror-Heidi wird zum Internet-Hit
Der Schweizer Comedian Karpi liess eine KI mit der Heidi-Geschichte experimentieren. Herausgekommen ist eine groteske Grusel-Edition.
Heidi ist weltbekannt: Grüne Wiesen, glückliche Kühe und ausgelassenes Jodeln – die Welt des Waisenmädchens verkörpert eine romantische Schweiz. Es geht aber auch anders.
Aufgeblähte Kühe, furchteinflössende Kinderlache, Mensch-Tier-Fratzen und Fackelmärsche im Alpendorf. Seit dieser Woche teilen Nutzerinnen und Nutzer einen Heidi-Trailer im Netz, der auch aus einer Black-Mirror-Folge stammen könnte oder einem Film von David Lynch. Der Ideengeber: Patrick Karpiczenko alias Karpi. Der Creator: Das KI-Tool «Gen-2».
I've asked an AI to generate a trailer for a HEIDI movie and now I can never sleep again pic.twitter.com/8M9t726hrIExterner Link
— Karpi (@karpi) July 10, 2023Externer Link
Das Video ist gewissermassen ein Zwischenergebnis eines Experiments des Schweizer Komikers und Filmproduzenten. «Ich entwickle gerade eine Fernsehserie mit digitalen Schreckmümpfeli zum Thema künstliche Intelligenz», sagt Karpi. Dabei durfte die Schweizer Ikonografie nicht fehlen. «Mich fasziniert, wie ich die Idylle und das Vergnügen ironisch brechen kann.»
Verzerrte und groteske Bilder
Dem neuen KI-Tool «Gen-2» Externer Linkdes US-Unternehmens «Runway» diktierte er Sätze wie «Sechsjähriges Mädchen in einem dreckigen alten Kleid frohlockt über grüne Wiesen in der Schweiz», «Fotogenes Pferd mit langen Haaren» und «eine wütende Masse marschiert mit Fackeln durch ein Schweizer Dorf».
Doch «Gen-2» macht in seinen Augen keinen guten Job. «Das Tool ist relativ schlecht», sagt Karpi, «Die Art, wie grotesk die Gesichter rauskommen oder Körper mit zu vielen Gliedmassen, zeigt, wie es Sachen mischt.» So bekommt die Ziege beispielsweise einen Alpöhi-Bart und dem Befehl «Sad Cow» folgt eine Kuh mit aufgeblähtem Bauch.
Dennoch angefeuert von den bizarren Bildern, forcierte er weitere Chimären. So sammelte der Miterfinder von «SRF DevilleExterner Link» genügend Material, um einen Trailer daraus zu machen, der «die schlechten Aspekte der Technologie aneinanderreiht».
Millionenfach angesehen
Dafür begeistert sich nicht nur der Schweizer Komiker. 18,4 Millionen Mal wurde das Video mittlerweile geklickt (Stand 17.07.2023). «Damit habe ich nicht gerechnet», sagt Karpi, «Das hat mich geflasht.»
Die Gründe für die Begeisterung in der Twitter-Community sind – wie bei den meisten Internet-Trends – vielschichtig. «Es braucht Leute, die es cool und die es abschreckend finden», meint Karpi. User seien wohl beruhigt, dass die KI noch zu schlecht funktioniert, um ernste Filme damit produzieren zu können.
Heidi fever nightmare lol.
— HSI.TV (@HSI_TV) July 10, 2023Externer Link
Why does AI video do stuff like this? Seems to not have a 3d model of what it's showing you. It's just pixels getting reorganized. pic.twitter.com/IxfgyLj2r1Externer Link
Andere feiern die surreale Bildgestaltung. «Body Horrorness», wie es Karpi formuliert – das fasziniere eben. Ein User schreibt: «Ich kann mich nicht entscheiden, welches der verrückteste und verstörendste Screenshot ist. Das ist schon eine Leistung. 😑 Das Lächeln? Die Kuh? Die Fackeln und Heugabeln? Das Publikum?»
I cannot decide what to screenshot as the most demented and disturbing visual. That's an achievement.
— BooksBats&Blackboards (@booksbats) July 10, 2023Externer Link
The smile? The cow? The torches and pitchforks? The audience?
pic.twitter.com/Rsm1ZMQpYJExterner Link
Urheberrecht ungeklärt
Bleibt die Frage nach dem Urheberrecht. «Mein Name und der der KI. So würde ich es rechtlich angeben», meint Karpi. Und moralisch?
«Ich weiss einfach nicht, womit die KI gefüttert ist.» Der Heidi-Zeichentrickfilm ist es schon einmal nicht. Das fand der Komiker heraus, als er «mache mehr Heidi auf einer Wiese» eingab. Damit konnte «Gen-2» gar nichts anfangen. Er gehe von Stockmaterial aus. Unklar sei aber, ob das Material gekauft oder geklaut wurde.
Offen bleibt auch, wie ähnlich der neue Heidi-Horror dem Original ist und ob die KI so Urheberrechte verletze. Okay findet es Karpi, wenn durch KI starke Collagen entstehen, «die von hunderten Orten zusammengesetzt sind». Und das ist auch die Vermutung bei seinem Alpen-Grusel.
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