Im Ausland geht die Post noch nicht ab
Das Ausland-Engagement der Post war einer der Gründe für mehrere Abgänge im Verwaltungsrat. Doch das Gros des Ausland-Geschäfts umfasst nicht eigenständige internationale Operationen, sondern ergibt sich einfach aus dem Inlandgeschäft.
Im Januar 2010 ist der damalige Verwaltungsratspräsident Claude Béglé über seine eigenen Füsse gestolpert mit seinen Aussagen über die Investitionen, die die Post künftig in ihr Auslandgeschäft stecken müsste. Doch zumindest brachte er das Thema aufs Tapet.
Umso vorsichtiger gibt man sich seither bei der Post selber: Zum Thema lässt sich die staatsbetriebliche Medienstelle – auch nach mehrmaligem Nachfassen – nicht aus der Reserve locken.
Auf entsprechende Fragen zitiert sie lediglich die eigene Website (siehe Spalte rechts: Swiss Post International).
Unklarheiten bestehen weiterhin
Wie die Diskussionen im Januar zeigten, bestehen hinsichtlich der Post-Auslandaktivitäten Unklarheiten.
Aber ist es nicht naheliegend, dass in einer global verflochtenen Wirtschaft wie der schweizerischen auch die Post sich nicht gänzlich aus dem Auslandgeschäft heraushalten kann?
«Ist es nicht», entgegnet Wolfgang Stölzle, Professor für Logistik-Management der Uni St. Gallen. «Die 20 Umsatzprozente, die bei der Post im Ausland anfallen, beziehen sich schwerpunktmässig auf das Briefgeschäft.»
Also auf den Konzernbereich Swiss Post International (SPI), wo einfach Briefe von der Schweiz ins Ausland und von dort ins Inland geschickt werden.
Mit anderen Worten: Bisher hätten sich die Aktivitäten auf den klassischen Brief- und Paketbereich konzentriert. «Wobei mir nicht bekannt ist, dass die Schweizer Post Initiativen ergriffen hätte, um als internationaler Player unabhängig vom Heimatland aktiv zu sein», so Stölzle gegenüber swissinfo.ch.
Kein international operierender Konzern
In der Schweizer Post berühren die ausländischen Brief- und Paketaktivitäten auch die Inländischen. «Das ist ein wesentlicher Unterschied zu anderen grossen Postgesellschaften, die global und unabhängig vom Heimatland agieren.»
Die Post hat sich bisher als Schweizer Unternehmen und Staatsbetrieb definiert. Ihre Identität ist sehr stark schweizerisch geprägt. Sie konzentriert sich auf den Binnenmarkt und auf jene Auslandaktivitäten, die diesen Binnenmarkt berühren.
«Der klassische Logistikbereich, der auch den bereits liberalisierten Paketmarkt betrifft, ist bei der Post sehr stark auf die Schweiz selber konzentriert», so Stölzle. Anders ausgedrückt: Hier finden sich bisher kaum internationale Aktivitäten.
Meist mit Schweiz-Bezug
Stölzle kann sich nur schwer vorstellen, dass die Schweizer Post auf anderen Kontinenten Leistungen erbringt, die völlig ohne Schweiz-Bezug sind.
«Solche Leistungen können nur Global Players erbringen, die in mehr oder weniger allen Ländern dieser Welt vertreten sind, und auch den Anspruch haben, weltweite standardisierte Dienstleistungen anzubieten.»
Ein Beispiel dafür sei die Deutsche Post mit DHL. Stölzle sieht aber kaum Anzeichen, dass die Schweizer Post in solche Fussstapfen treten will.
Auslandaktivitäten – kein eigenständiger Bereich
Zwar beträgt der Aussen-Umsatz der Post 1,6 Mrd. Fr. (2008), aber diese Summe sei nicht wie ein separates Geschäftsfeld zu erachten: «Der internationale Bereich wurde bei der Post bisher kaum als eigenständiger Geschäftsbereich aufgebaut», so Stölzle.
Deshalb sei es in diesem Bereich weniger um das Realisieren von Margen gegangen. Im Gegenteil: Der Ausland-Bereich sei zwingend notwendig, um Schweizer Kunden auch im Binnenmarkt zu bedienen – sofern sie Postverkehr ins Ausland brauchen.
Die Post musste sich vorwerfen lassen, im Auslandbereich grosse Volumina, aber kaum Rendite zu machen (2008): Auf rund 1,6 Milliarden Franken Umsatz wurden knapp 32 Millionen Gewinn erwirtschaftet, was dünne 2% Umsatzrendite ergibt. Die Marge im Binnengeschäft liegt bei fast 9% – also fast fünf Mal höher.
Liegt das Potenzial im Ausland?
Falls sich die Liberalisierung im Inland fortsetzt, kommt zunächst dank neuer Konkurrenten Wettbewerb auf. Das wird die Preise drücken.
Die Schweizer Post müsste also die Erträge, die sie bisher im Inland dank des Monopols erwirtschaften konnte, durch andere Geschäftsaktivitäten zu ersetzen versuchen.
Auch deshalb rückt das Auslandgeschäft ins Visier: «Ich denke hier an den Logistikbereich», so Stölzle. In diesem Bereich sei die Post bisher sehr stark im Binnenmarkt engagiert gewesen.
Er sieht aber im Logistik-Auslandengagement «jede Menge Entwicklungsbereiche», weil so viele Schweizer Unternehmen ins Ausland exportieren würden.
Die Post hätte hier eine Kompetenz anzubieten. Aber «ob man so viel Phantasie für Aktivitäten entwickeln will, die keinerlei Bezüge zur Schweiz mehr haben, mag heute noch dahin gestellt sein».
Womit sich die Frage stellt, ob die Post im Ausland genug Geld zu verdienen im Stande ist, um damit die defizitär gewordenen Poststellen in der Schweiz querzusubventionieren?
«In dieser Zwickmühle stecken praktisch alle ehemaligen staatlichen Postunternehmen,» so Stölzle. «Im Binnenmarkt muss die Post Service Public erbringen, was zumindest in dünn besiedelten Regionen nicht rentiert. Solange man die Post dazu zwingt, darf man nicht verlangen, sie müsse sich auch als privatwirtschaftliches Unternehmen positionieren.»
Wolle man also liberalisieren, ohne den Service Public zu sehr einzuschränken, müssten in anderen Bereichen auch mehr unternehmerische Freiräume ermöglicht werden.
Alexander Künzle, swissinfo.ch
«Swiss Post International (SPI) liefert sämtliche Produkte und Dienstleistungen, die im internationalen Postverkehr mit der Schweiz von Privat- und Geschäftskunden benötigt werden. Darüber hinaus bietet SPI im Ausland ein spezialisiertes Sortiment für grenzüberschreitende Postsendungen von Geschäftskunden an, von der
– Abwicklung von Geschäftspost http://www.swisspost.com/de/int-home/int-business-correspondence.htm,
– und umfassenden Dienstleistungen im Bereich Direct Marketing http://www.swisspost.com/de/int-home/int-direct-marketing.htm
– über die komplette Distribution von Zeitungen und Zeitschriften und das Abonnentenmanagement http://www.swisspost.com/de/int-home/int-newspapers-and-magazines.htm
– bis hin zum Kleinwarenversand http://www.swisspost.com/de/int-home/int-small-consignments.htm. «
(Medienstelle der Schweizer Post)
Die Post ist ein Bundesbetrieb. Die strategischen Ziele der Post werden vom Bundesrat alle vier Jahre festgelegt.
Die Post stellt für den Bund die verfassungsmässige Verpflichtung zu einer landesweiten Grundversorgung mit Post- und Zahlungsverkehr-Service sicher.
2008 setzte die Post einen Betriebsertrag von fast 9 Mrd. Franken um. Der Konzerngewinn betrug 825 Mio. Die Bilanzsumme weist fast 72 Mrd. Aktiven aus. Der Personalbestand umfasst rund 44’000 Mitarbeitende.
Swiss Post International (SPI) macht den physischen Versand (Briefe, Dokumente, Waren)
Swiss Post Solutions offeriert e-Post-Dienstleistungen.
Auf der Homepage führt SPI elf Konzerngesellschaften mit Repräsentationen im Ausland an.
Dort schreibt sie, sie hätte die Umsätze zwischen 2000 und 2006 verdoppelt. SPI erwirtschaftete 2008 einen Betriebsertrag von etwas über 1 Mrd.
2008 arbeiteten über 1200 Beschäftigte für SPI.
Eine der Konzerngesellschaften ist SPI Singapore:
2003 erste Franchise-Vergebung durch SPI,
2006 Übernahme durch SPI, 2007 Erhalt der amtlichen Lizenz,
Tochtergesellschaften in Malaysia und Hongkong, Verkaufsagenturen in China.
Rund 60 Mitarbeitende.
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