Indirekte Rüstungshilfe: Schweizer Leopard-2-Panzer auf dem Weg nach Deutschland
Ende Januar wurden die ersten Leopard-2-Panzer von einem geheimen Standort in der Ostschweiz mit der Bahn nach Deutschland zum Hersteller Rheinmetall abtransportiert. Es ist die erste indirekte Schweizer Rüstungshilfe für Europa seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs.
Vor einer Lagerhalle in der Ostschweiz – der genaue Standort untersteht der militärischen Geheimhaltung – herrscht ohrenbetäubender Lärm. Leopard-2-Panzer, jeder davon 55 Tonnen schwer, werden behutsam auf Güterwagen der Deutschen Bahn verladen. Die meisten Panzer fahren mit ihren lauten Dieselmotoren selbständig auf die Bahnwagen. Einzelne sind aber nicht mehr fahrtüchtig und werden mit Lastwagen nach Deutschland zum Hersteller Rheinmetall gebracht.
Panzer dürfen nicht in die Ukraine
Rheinmetall wird die Panzer entweder revidieren oder dann als Ersatzteilspender verwenden. Die Panzer oder Teile davon werden an die deutsche Armee geliefert oder in ein EU- oder Nato-Land. Es sei garantiert, dass die Panzer nicht in die Ukraine gelangten, sagt Urs Loher, Chef des Bundesamtes für Rüstung Armasuisse: «Wir haben die Zusicherung des deutschen Verteidigungsministers wie auch des deutschen Wirtschaftsministers», erklärt er. «Es ist ausgeschlossen, dass die Panzer in die Ukraine gelangen, entweder direkt oder über Drittländer. Zudem haben wir das auch im entsprechenden Vertrag so vermerkt.»
Nach dem Nationalrat hatte im vergangenen September auch der Ständerat grünes Licht gegeben für den Verkauf von 25 stillgelegten Panzern. Neutralitätspolitische Fragen rückten am Schluss eher in den Hintergrund. Die Panzer sollen in anderen europäischen Ländern Lücken füllen, die durch die Weitergabe von Leopard 2 an die Ukraine entstanden sind. Am Schluss der langen innenpolitischen Debatte zum Panzerverkauf kritisierten die SVP und einzelne FDP-Ratsmitglieder vor allem, die Schweiz würde Panzer abgeben, die sie in Zukunft noch brauchen werde.
134 Leopard 2 betreibt die Schweizer Armee aktiv. Mit dem Verkauf von 25 Panzern nach Deutschland verbleiben noch 71 eingemottete Panzer als strategische Reserve. Das genüge, versichert Armeechef Thomas Süssli.
Es sei auch noch gar nicht entschieden, ob ein Teil der eingemotteten Panzer revidiert und wieder zu den Truppen kommen würde. «Eine Modernisierung dieser Panzer ist eigentlich denkbar. Man muss aber sagen, die sind alt», sagt Süssli. Auch eine Neubeschaffung von Panzern sei eine Alternative. «Im Moment aber gibt es keinen Ersatz, es gibt kein neues System, und eine Modernisierung ist immer noch möglich.»
Der Chef des Bundesamtes für Rüstung ist überzeugt, mit dem Verkauf der 25 Leopard-2-Panzer ein gutes Geschäft zu machen. Der genaue Preis bleibt geheim. «Es handelt sich um einen tiefen zweistelligen Millionenbetrag», sagt Rüstungschef Urs Loher. «Aufgrund der geopolitischen Lage hat sich eine gute Verhandlungsposition für die Schweiz ergeben, die wir fair genutzt haben.»
Neben einem offenbar guten Preis konnte das Bundesamt für Rüstung noch mehr herausholen. In der Höhe des Verkaufspreises sollen auch Leistungen an die Schweizer Rüstungsindustrie fliessen sowie Leistungen zum Unterhalt der Schweizer Leopard-2-Panzer.
Weitere Waffenweitergaben nicht in Sicht
Die Abgabe von 25 Panzern an Deutschland ist bald zwei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine der einzige sehr indirekte Schweizer Waffenbeitrag zur veränderten Sicherheitslage in Europa. Und dieser Beitrag dürfte wohl für lange der Zeit der einzige bleiben.
Neue Anfragen an die Schweiz zur Weitergabe von Waffen gab es seit Monaten nicht mehr. Eine Parlamentskommission versucht zurzeit, die Weitergabe von Waffen für die Zukunft zu regeln. Doch ob eine solche Gesetzesänderung im Parlament am Schluss eine Mehrheit finden wird, ist alles andere als sicher.
Mehr
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch