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«Die Menschen wollen keine grenzenlose Globalisierung»

Der Schweizer Finanzminister Ueli Maurer im Gespräch mit seinem chinesischen Amtskollegen Lou Jiwei am Jahrestreffen von IWF und Weltbank am 8. Oktober 2016 in Washington. Keystone

Wie kann das globale Wirtschaftswachstum angekurbelt werden? Das war die grosse Frage am Treffen von IWF (Internationaler Währungsfonds) und Weltbank. Der Währungsfonds fordert staatliche Investitionsprogramme, was die Verschuldung weiter erhöhen würde. Das bereitet dem Schweizer Finanzminister Ueli Maurer Sorgen.

SRF: Welche Eindrücke nehmen Sie vom IWF-Treffen mit?

Ueli Maurer: Man bemüht sich sehr darum, Instrumente zu finden, die zu Wirtschaftswachstum führen. Allerdings herrscht eine gewisse Ratlosigkeit – es liegt kein Patentrezept auf dem Tisch.

SRF: Laut dem IWF war das globale Wirtschaftswachstum über zu lange Zeit zu niedrig, ausserdem hätten zu wenige Menschen davon profitiert. Wie beunruhigend ist das aus Schweizer Sicht?

U.M.: Als Exportnation lebt die Schweiz von den Weltmärkten, entsprechend bräuchten wir dort auch ein Wachstum. Die Schweiz ist eine offene Volkswirtschaft, die schon immer in Nischen zuhause war. Vielleicht spüren wir das schwache Wachstum der Weltwirtschaft etwas weniger stark, weil wir keine wirtschaftlichen Klumpenrisiken haben. Trotzdem schmerzt es auch uns, denn Wirtschaftswachstum ist insbesondere für unsere Vorsorgewerke notwendig.

SRF: Globalisierungskritische Strömungen werden stärker, der Populismus nimmt in vielen Ländern zu. Sind dadurch die Chancen für Freihandelsverträge – an denen auch die Schweiz interessiert ist, – gesunken?

U.M.: Realistisch gesehen ja. In nächster Zeit dürfte in diesem Bereich eine Bremswirkung zu spüren sein. Man wird besser erklären müssen, was die Vorteile von solchen Verträgen sind. Offenbar ertragen die Menschen eine grenzenlose Globalisierung nicht, deshalb wird es wohl gewisse Korrekturen geben. So wird man etwa beim Tempo etwas zurückbuchstabieren müssen.

Es genügt nicht, jene, die gegen Freihandelsverträge sind, als Populisten abzustempeln. Das sind Bürgerinnen und Bürger, die sich um ihre Arbeitsplätze sorgen. Wenn man die Sorgen der Bürger nicht mehr ernst nimmt, macht man in der Politik etwas falsch.

SRF: Laut dem IWF ist die Geldpolitik an ihrer Grenze angekommen, es brauche nun eine Änderung der Struktur- und Fiskalpolitik. Das aber könnte zu höheren Staatsausgaben führen. Sind Sie als Finanzminister der Schweiz, die auf einen geordneten Haushalt setzt, beunruhigt?

U.M.: Ja. Die Fiskalpolitik kann dazu führen, dass sich Staaten weiter verschulden und Investitionen auslösen, die vielleicht nicht zwingend notwendig sind. Für uns ist klar, dass vor allem Strukturreformen Wirtschaftswachstum bringen wird. Ein geordneter Staatshaushalt, der Abbau von Schulden, offene und flexible Arbeitsmärkte, bereinigte Strukturen: Das bringt Wachstum – im Gegensatz zu zusätzlichen Reglementierungen.

SRF: Sind die Empfehlungen des IWF vielleicht sogar gefährlich?

Ich bin tatsächlich etwas besorgt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Staaten glaubten, sie seien unendlich mächtig und könnten alles regeln. Doch bis jetzt haben sie nicht alles immer zum Guten geregelt. Jetzt neue Schleusen zu öffnen, kann gefährlich sein.

Maren Peters, SRF

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